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Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858.

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B. Geistige Seite.

In diesem Alter schlägt der geistige Lebensbaum tiefe
Wurzeln. Was jetzt versäumt oder verdorben wird, ist schwer
nachzuholen und zu verbessern.



Kaum hat das Kind durch die an Klarheit und Mannich-
faltigkeit immer zunehmenden Sinneseindrücke bestimmtere
Vorstellungen in sich gebildet, als es auch schon den natür-
liche Trieb, durch Thätigkeit -- wenn auch noch so form-
und gehaltlose -- mit der Aussenwelt in Wechselverkehr zu
treten, auf alle Weise zu erkennen gibt. Ist nun durch das
Hinzukommen einer grössern Selbständigkeit in körperlichen
Bewegungen und durch Entwickelung des Vermögens, mittels
der Sprache auf die Umgebung einzuwirken, dieser Wechsel-
verkehr erleichtert und vervielfältigt, so wird der Thätigkeits-
trieb immer mächtiger und verlangt eine geregelte und berech-
nete Befriedigung. Diese Befriedigung gewähren dem Kinde
zumeist die Spiele.

1) Das Kind in seinen Spielen.

Es ist eine wichtige Sache um die Kinderspiele, wichti-
ger, als viele Aeltern bedenken. Die Spielzeit ist die Elemen-
tarklasse der Lebensschule. Die Spiele sind die Mittel, an
denen und durch welche sich viele für das praktische Leben
wichtige Eigenschaften heraufbilden. Körperliche und geistige
Gewandtheit, Sinn für Ordnung und Reinlichkeit, für Schön-

B. Geistige Seite.

In diesem Alter schlägt der geistige Lebensbaum tiefe
Wurzeln. Was jetzt versäumt oder verdorben wird, ist schwer
nachzuholen und zu verbessern.



Kaum hat das Kind durch die an Klarheit und Mannich-
faltigkeit immer zunehmenden Sinneseindrücke bestimmtere
Vorstellungen in sich gebildet, als es auch schon den natür-
liche Trieb, durch Thätigkeit — wenn auch noch so form-
und gehaltlose — mit der Aussenwelt in Wechselverkehr zu
treten, auf alle Weise zu erkennen gibt. Ist nun durch das
Hinzukommen einer grössern Selbständigkeit in körperlichen
Bewegungen und durch Entwickelung des Vermögens, mittels
der Sprache auf die Umgebung einzuwirken, dieser Wechsel-
verkehr erleichtert und vervielfältigt, so wird der Thätigkeits-
trieb immer mächtiger und verlangt eine geregelte und berech-
nete Befriedigung. Diese Befriedigung gewähren dem Kinde
zumeist die Spiele.

1) Das Kind in seinen Spielen.

Es ist eine wichtige Sache um die Kinderspiele, wichti-
ger, als viele Aeltern bedenken. Die Spielzeit ist die Elemen-
tarklasse der Lebensschule. Die Spiele sind die Mittel, an
denen und durch welche sich viele für das praktische Leben
wichtige Eigenschaften heraufbilden. Körperliche und geistige
Gewandtheit, Sinn für Ordnung und Reinlichkeit, für Schön-

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[[111]/0115] B. Geistige Seite. In diesem Alter schlägt der geistige Lebensbaum tiefe Wurzeln. Was jetzt versäumt oder verdorben wird, ist schwer nachzuholen und zu verbessern. Kaum hat das Kind durch die an Klarheit und Mannich- faltigkeit immer zunehmenden Sinneseindrücke bestimmtere Vorstellungen in sich gebildet, als es auch schon den natür- liche Trieb, durch Thätigkeit — wenn auch noch so form- und gehaltlose — mit der Aussenwelt in Wechselverkehr zu treten, auf alle Weise zu erkennen gibt. Ist nun durch das Hinzukommen einer grössern Selbständigkeit in körperlichen Bewegungen und durch Entwickelung des Vermögens, mittels der Sprache auf die Umgebung einzuwirken, dieser Wechsel- verkehr erleichtert und vervielfältigt, so wird der Thätigkeits- trieb immer mächtiger und verlangt eine geregelte und berech- nete Befriedigung. Diese Befriedigung gewähren dem Kinde zumeist die Spiele. 1) Das Kind in seinen Spielen. Es ist eine wichtige Sache um die Kinderspiele, wichti- ger, als viele Aeltern bedenken. Die Spielzeit ist die Elemen- tarklasse der Lebensschule. Die Spiele sind die Mittel, an denen und durch welche sich viele für das praktische Leben wichtige Eigenschaften heraufbilden. Körperliche und geistige Gewandtheit, Sinn für Ordnung und Reinlichkeit, für Schön-

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Zitationshilfe: Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858, S. [111]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreber_kallipaedie_1858/115>, abgerufen am 25.04.2024.