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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890.

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Vierzehnte Vorlesung.
leben, obwol ihm neuerdings durch McColl und Peirce ein ebenbür-
tiges Verfahren an die Seite gestellt ist. --

Das Verfahren von Jevons ist zwar ein kunstloses -- wenn man
will, das nächstliegende oder ursprünglichste -- doch verdient es immer-
hin als eine besondere Methode (die zweite von oberwähnten dreien)
hingestellt zu werden.

Im wesentlichen besteht dasselbe kurz gesagt darin: dass man
für die sämtlichen Klassen, von denen im Problem die Rede ist, alle
Möglichkeiten hinschreibt, welche in Bezug auf das Vorkommen oder Nicht-
vorkommen einer jeden in Verbindung mit den andern denkbar sind, von
diesen denkbaren Kombinationen alsdann alle diejenigen ausstreicht, welche
durch die Data des Problemes als unzulässige ausgeschlossen werden, und
aus den stehen bleibenden endlich herauszulesen sucht die Antwort auf die
Fragen, die das Problem aufwirft
.

Von Jevons1 p. 44 sq. zuerst 1864 auseinandergesetzt, ist, wie Herr
Venn1 p. 351 bemerkt, derselbe Gedanke schon früher, 1811, auch von
Semler1 p. 48 angedeutet.

Der erste der drei im Jevons'schen "Ausmusterungsverfahren" ge-
forderten Prozesse deckt sich mit der "Entwickelung" im Sinne des
Th. 44+) der identischen 1 -- welche die ganze Mannigfaltigkeit vor-
stellt der Individuen oder Objekte auf die das Problem Bezug nimmt
-- nach den im Probleme vorkommenden Klassensymbolen als Argu-
menten. Die Glieder und Konstituenten dieser Entwickelung sind eben
jene "Kombinationen", die alle hinsichtlich dieser Klassen denkbaren
Möglichkeiten repräsentiren. Anstatt dieselben mittelst Pluszeichen
unter sich zu verknüpfen und die so gebildete Summe ausdrücklich
gleich 1 zu setzen, wird man gewöhnlich vorziehen, gedachte Kombi-
nationen bequemer nur einfach untereinander zu schreiben.

Man beginnt demgemäss damit, als erste Kombination hinzuschreiben:
das Produkt sämtlicher vorkommenden Klassensymbole (indem man, wo
etwa eine Klasse nebst ihrer Negation in den Data des Problems erwähnt
sein sollte, sich für eine von beiden, etwa für die affirmativ ausgedrückte
entscheidet). In dieser ersten Kombination ersetzt man das letzte Symbol
durch seine Negation und erhält die zweite Kombination; in beiden bis-
herigen Kombinationen ersetzt man das vorletzte Symbol durch seine Nega-
tion und erhält zwei weitere Kombinationen. Man fährt so fort in allen
bisherigen Kombinationen immer ein früheres Symbol durch seine Nega-
tion zu ersetzen, bis dieses auch für das erste Symbol geschehen ist, so
werden sämtliche Kombinationen angesetzt sein.

Die Zahl der letzteren ist 2n, wenn n die Anzahl der vorkommenden
Symbole gewesen -- vergl. S. 418 -- und jede dieser 2n Kombinationen
ist ein Produkt von n Faktoren, wobei als Faktor ein jeder von den im

Vierzehnte Vorlesung.
leben, obwol ihm neuerdings durch McColl und Peirce ein ebenbür-
tiges Verfahren an die Seite gestellt ist. —

Das Verfahren von Jevons ist zwar ein kunstloses — wenn man
will, das nächstliegende oder ursprünglichste — doch verdient es immer-
hin als eine besondere Methode (die zweite von oberwähnten dreien)
hingestellt zu werden.

Im wesentlichen besteht dasselbe kurz gesagt darin: dass man
für die sämtlichen Klassen, von denen im Problem die Rede ist, alle
Möglichkeiten hinschreibt, welche in Bezug auf das Vorkommen oder Nicht-
vorkommen einer jeden in Verbindung mit den andern denkbar sind, von
diesen denkbaren Kombinationen alsdann alle diejenigen ausstreicht, welche
durch die Data des Problemes als unzulässige ausgeschlossen werden, und
aus den stehen bleibenden endlich herauszulesen sucht die Antwort auf die
Fragen, die das Problem aufwirft
.

Von Jevons1 p. 44 sq. zuerst 1864 auseinandergesetzt, ist, wie Herr
Venn1 p. 351 bemerkt, derselbe Gedanke schon früher, 1811, auch von
Semler1 p. 48 angedeutet.

Der erste der drei im Jevons'schen „Ausmusterungsverfahren“ ge-
forderten Prozesse deckt sich mit der „Entwickelung“ im Sinne des
Th. 44+) der identischen 1 — welche die ganze Mannigfaltigkeit vor-
stellt der Individuen oder Objekte auf die das Problem Bezug nimmt
— nach den im Probleme vorkommenden Klassensymbolen als Argu-
menten. Die Glieder und Konstituenten dieser Entwickelung sind eben
jene „Kombinationen“, die alle hinsichtlich dieser Klassen denkbaren
Möglichkeiten repräsentiren. Anstatt dieselben mittelst Pluszeichen
unter sich zu verknüpfen und die so gebildete Summe ausdrücklich
gleich 1 zu setzen, wird man gewöhnlich vorziehen, gedachte Kombi-
nationen bequemer nur einfach untereinander zu schreiben.

Man beginnt demgemäss damit, als erste Kombination hinzuschreiben:
das Produkt sämtlicher vorkommenden Klassensymbole (indem man, wo
etwa eine Klasse nebst ihrer Negation in den Data des Problems erwähnt
sein sollte, sich für eine von beiden, etwa für die affirmativ ausgedrückte
entscheidet). In dieser ersten Kombination ersetzt man das letzte Symbol
durch seine Negation und erhält die zweite Kombination; in beiden bis-
herigen Kombinationen ersetzt man das vorletzte Symbol durch seine Nega-
tion und erhält zwei weitere Kombinationen. Man fährt so fort in allen
bisherigen Kombinationen immer ein früheres Symbol durch seine Nega-
tion zu ersetzen, bis dieses auch für das erste Symbol geschehen ist, so
werden sämtliche Kombinationen angesetzt sein.

Die Zahl der letzteren ist 2n, wenn n die Anzahl der vorkommenden
Symbole gewesen — vergl. S. 418 — und jede dieser 2n Kombinationen
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[560/0580] Vierzehnte Vorlesung. leben, obwol ihm neuerdings durch McColl und Peirce ein ebenbür- tiges Verfahren an die Seite gestellt ist. — Das Verfahren von Jevons ist zwar ein kunstloses — wenn man will, das nächstliegende oder ursprünglichste — doch verdient es immer- hin als eine besondere Methode (die zweite von oberwähnten dreien) hingestellt zu werden. Im wesentlichen besteht dasselbe kurz gesagt darin: dass man für die sämtlichen Klassen, von denen im Problem die Rede ist, alle Möglichkeiten hinschreibt, welche in Bezug auf das Vorkommen oder Nicht- vorkommen einer jeden in Verbindung mit den andern denkbar sind, von diesen denkbaren Kombinationen alsdann alle diejenigen ausstreicht, welche durch die Data des Problemes als unzulässige ausgeschlossen werden, und aus den stehen bleibenden endlich herauszulesen sucht die Antwort auf die Fragen, die das Problem aufwirft. Von Jevons1 p. 44 sq. zuerst 1864 auseinandergesetzt, ist, wie Herr Venn1 p. 351 bemerkt, derselbe Gedanke schon früher, 1811, auch von Semler1 p. 48 angedeutet. Der erste der drei im Jevons'schen „Ausmusterungsverfahren“ ge- forderten Prozesse deckt sich mit der „Entwickelung“ im Sinne des Th. 44+) der identischen 1 — welche die ganze Mannigfaltigkeit vor- stellt der Individuen oder Objekte auf die das Problem Bezug nimmt — nach den im Probleme vorkommenden Klassensymbolen als Argu- menten. Die Glieder und Konstituenten dieser Entwickelung sind eben jene „Kombinationen“, die alle hinsichtlich dieser Klassen denkbaren Möglichkeiten repräsentiren. Anstatt dieselben mittelst Pluszeichen unter sich zu verknüpfen und die so gebildete Summe ausdrücklich gleich 1 zu setzen, wird man gewöhnlich vorziehen, gedachte Kombi- nationen bequemer nur einfach untereinander zu schreiben. Man beginnt demgemäss damit, als erste Kombination hinzuschreiben: das Produkt sämtlicher vorkommenden Klassensymbole (indem man, wo etwa eine Klasse nebst ihrer Negation in den Data des Problems erwähnt sein sollte, sich für eine von beiden, etwa für die affirmativ ausgedrückte entscheidet). In dieser ersten Kombination ersetzt man das letzte Symbol durch seine Negation und erhält die zweite Kombination; in beiden bis- herigen Kombinationen ersetzt man das vorletzte Symbol durch seine Nega- tion und erhält zwei weitere Kombinationen. Man fährt so fort in allen bisherigen Kombinationen immer ein früheres Symbol durch seine Nega- tion zu ersetzen, bis dieses auch für das erste Symbol geschehen ist, so werden sämtliche Kombinationen angesetzt sein. Die Zahl der letzteren ist 2n, wenn n die Anzahl der vorkommenden Symbole gewesen — vergl. S. 418 — und jede dieser 2n Kombinationen ist ein Produkt von n Faktoren, wobei als Faktor ein jeder von den im

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 560. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/580>, abgerufen am 16.04.2024.