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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891.

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Zwanzigste Vorlesung.
irgendwie qualifizirt als Prädikat drei Begriffe eingehen, deren einer
-- der sogenannte Mittelbegriff -- demnach doppelt vorkommt, eine
dritte Aussage zu folgern, welche diesen Mittelbegriff nicht mehr ent-
hält, mit andern Worten: den Mittelbegriff zu eliminiren.

Die zwei Prämissen enthalten je ein Subjekt und ein Prädikat.
Sollen daher im Ganzen nur drei Begriffe in sie eingehen, so muss
in der That von diesen einer in jeder von den beiden Prämissen vor-
kommen. Diesen "Mittelbegriff" -- seinem Umfange nach betrachtet,
m. a. W. die demselben zugeordnete Klasse -- nennen wir M, des-
gleichen S den sogenannten "Unterbegriff", d. i. denjenigen, welcher
als Subjekt, und P den "Oberbegriff", d. i. denjenigen, welcher als
Prädikat in die Konklusion eingeht, wobei wir, wie üblich, absehen
von der allfälligen Quantifikation (durch Verbindung mit "alle" oder
"einige", eventuell "kein"), sowie von allenfallsiger Qualifikation
(mittelst vorgesetzter Verneinungspartikel "nicht"), durch welche in
den drei als Prämissen und Konklusion in Betracht kommenden Ur-
teilen diese Begriffe modifizirt erscheinen können.

Die eine der beiden Prämissen enthält neben M das Subjekt S
der Konklusion und wird der Untersatz (die Assumtion, propositio
minor) des Syllogismus genannt. Die andre, neben M das Prädikat P
der Konklusion enthaltende Prämisse heisst der Obersatz (propositio
major) desselben -- ganz so, wie dies für den ersten Syllogismus
"Barbara" bereits in § 4 dargelegt wurde.

Je nach der Art, wie die drei Begriffe S, M, P in den Prämissen
als Subjekte oder Prädikate verteilt sind, werden die gültigen, resp.
von der Schullogik für gültig erklärten
Syllogismen in verschiedene
"Figuren" (skhemata bei Aristoteles) eingeteilt. Man wird bald er-
kennen, dass solcher Figuren viere denkbar sind, und dass alle denkbaren
Figuren auch wirklich gültige Syllogismen unter sich begreifen.

Jenachdem ferner die einen oder andern von den drei beim Syllo-
gismus in Betracht kommenden Sätzen ("Schlussgliedern": Untersatz,
Obersatz und Schlusssatz) als universale oder partikulare, bejahende
oder verneinende Urteile sich darstellen, haben wir noch verschiedene
"Modi" (bei Aristoteles tropoi) von Syllogismen zu unterscheiden.

Die drei ersten Figuren mit ihren modi hat im wesentlichen Aristo-
teles
gegeben. Die modi der vierten Figur wurden von seinen Schülern
Theophrastos und Eudemos hinzugefügt und später von Galenos zu einer
eigenen (der vierten) Figur zusammengefasst. Vergl. Ueberweg1 p. 282. 292.

Der Modi sind mehrere bei jeder von den vier Figuren -- im
Ganzen 19 -- wozu aber noch 5 (durch "Subalternation") "abge-

Zwanzigste Vorlesung.
irgendwie qualifizirt als Prädikat drei Begriffe eingehen, deren einer
— der sogenannte Mittelbegriff — demnach doppelt vorkommt, eine
dritte Aussage zu folgern, welche diesen Mittelbegriff nicht mehr ent-
hält, mit andern Worten: den Mittelbegriff zu eliminiren.

Die zwei Prämissen enthalten je ein Subjekt und ein Prädikat.
Sollen daher im Ganzen nur drei Begriffe in sie eingehen, so muss
in der That von diesen einer in jeder von den beiden Prämissen vor-
kommen. Diesen „Mittelbegriff“ — seinem Umfange nach betrachtet,
m. a. W. die demselben zugeordnete Klasse — nennen wir M, des-
gleichen S den sogenannten „Unterbegriff“, d. i. denjenigen, welcher
als Subjekt, und P den „Oberbegriff“, d. i. denjenigen, welcher als
Prädikat in die Konklusion eingeht, wobei wir, wie üblich, absehen
von der allfälligen Quantifikation (durch Verbindung mit „alle“ oder
„einige“, eventuell „kein“), sowie von allenfallsiger Qualifikation
(mittelst vorgesetzter Verneinungspartikel „nicht“), durch welche in
den drei als Prämissen und Konklusion in Betracht kommenden Ur-
teilen diese Begriffe modifizirt erscheinen können.

Die eine der beiden Prämissen enthält neben M das Subjekt S
der Konklusion und wird der Untersatz (die Assumtion, propositio
minor) des Syllogismus genannt. Die andre, neben M das Prädikat P
der Konklusion enthaltende Prämisse heisst der Obersatz (propositio
major) desselben — ganz so, wie dies für den ersten Syllogismus
„Barbara“ bereits in § 4 dargelegt wurde.

Je nach der Art, wie die drei Begriffe S, M, P in den Prämissen
als Subjekte oder Prädikate verteilt sind, werden die gültigen, resp.
von der Schullogik für gültig erklärten
Syllogismen in verschiedene
Figuren“ (σχήματα bei Aristoteles) eingeteilt. Man wird bald er-
kennen, dass solcher Figuren viere denkbar sind, und dass alle denkbaren
Figuren auch wirklich gültige Syllogismen unter sich begreifen.

Jenachdem ferner die einen oder andern von den drei beim Syllo-
gismus in Betracht kommenden Sätzen („Schlussgliedern“: Untersatz,
Obersatz und Schlusssatz) als universale oder partikulare, bejahende
oder verneinende Urteile sich darstellen, haben wir noch verschiedene
Modi“ (bei Aristoteles τϱόποι) von Syllogismen zu unterscheiden.

Die drei ersten Figuren mit ihren modi hat im wesentlichen Aristo-
teles
gegeben. Die modi der vierten Figur wurden von seinen Schülern
Theophrastos und Eudemos hinzugefügt und später von Galenos zu einer
eigenen (der vierten) Figur zusammengefasst. Vergl. Ueberweg1 p. 282. 292.

Der Modi sind mehrere bei jeder von den vier Figuren — im
Ganzen 19 — wozu aber noch 5 (durch „Subalternation“) „abge-

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[218/0242] Zwanzigste Vorlesung. irgendwie qualifizirt als Prädikat drei Begriffe eingehen, deren einer — der sogenannte Mittelbegriff — demnach doppelt vorkommt, eine dritte Aussage zu folgern, welche diesen Mittelbegriff nicht mehr ent- hält, mit andern Worten: den Mittelbegriff zu eliminiren. Die zwei Prämissen enthalten je ein Subjekt und ein Prädikat. Sollen daher im Ganzen nur drei Begriffe in sie eingehen, so muss in der That von diesen einer in jeder von den beiden Prämissen vor- kommen. Diesen „Mittelbegriff“ — seinem Umfange nach betrachtet, m. a. W. die demselben zugeordnete Klasse — nennen wir M, des- gleichen S den sogenannten „Unterbegriff“, d. i. denjenigen, welcher als Subjekt, und P den „Oberbegriff“, d. i. denjenigen, welcher als Prädikat in die Konklusion eingeht, wobei wir, wie üblich, absehen von der allfälligen Quantifikation (durch Verbindung mit „alle“ oder „einige“, eventuell „kein“), sowie von allenfallsiger Qualifikation (mittelst vorgesetzter Verneinungspartikel „nicht“), durch welche in den drei als Prämissen und Konklusion in Betracht kommenden Ur- teilen diese Begriffe modifizirt erscheinen können. Die eine der beiden Prämissen enthält neben M das Subjekt S der Konklusion und wird der Untersatz (die Assumtion, propositio minor) des Syllogismus genannt. Die andre, neben M das Prädikat P der Konklusion enthaltende Prämisse heisst der Obersatz (propositio major) desselben — ganz so, wie dies für den ersten Syllogismus „Barbara“ bereits in § 4 dargelegt wurde. Je nach der Art, wie die drei Begriffe S, M, P in den Prämissen als Subjekte oder Prädikate verteilt sind, werden die gültigen, resp. von der Schullogik für gültig erklärten Syllogismen in verschiedene „Figuren“ (σχήματα bei Aristoteles) eingeteilt. Man wird bald er- kennen, dass solcher Figuren viere denkbar sind, und dass alle denkbaren Figuren auch wirklich gültige Syllogismen unter sich begreifen. Jenachdem ferner die einen oder andern von den drei beim Syllo- gismus in Betracht kommenden Sätzen („Schlussgliedern“: Untersatz, Obersatz und Schlusssatz) als universale oder partikulare, bejahende oder verneinende Urteile sich darstellen, haben wir noch verschiedene „Modi“ (bei Aristoteles τϱόποι) von Syllogismen zu unterscheiden. Die drei ersten Figuren mit ihren modi hat im wesentlichen Aristo- teles gegeben. Die modi der vierten Figur wurden von seinen Schülern Theophrastos und Eudemos hinzugefügt und später von Galenos zu einer eigenen (der vierten) Figur zusammengefasst. Vergl. Ueberweg1 p. 282. 292. Der Modi sind mehrere bei jeder von den vier Figuren — im Ganzen 19 — wozu aber noch 5 (durch „Subalternation“) „abge-

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0201_1891/242>, abgerufen am 28.03.2024.