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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 3, Abt. 1. Leipzig, 1895.

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Achte Vorlesung.
greift aber die Fälle mit unter sich, wo etwa einzelne von diesen
Parametern in einen Modul degeneriren oder einen speziellen Wert
annehmen, und deshalb werden wir die grösste Allgemeinheit der
Untersuchungen erzielen, wenn wir fordern, dass in der aufzulösenden
Proposition von vornherein nur Buchstaben (also keine Moduln!) als
Terme vorkommen. Diese Forderung aufzustellen ist in der That dem
Geiste der analytischen Methode (Analysis) gemäss, welche strebt das
Allgemeine thunlichst vor dem Speziellen, somit die ungeheure Mannig
faltigkeit des Letztern mit einem Schlage zu erledigen.

Bei den solchergestalt möglichst allgemein gefassten Propositionen
wird es nun nahe liegen, verschiedene Grade der Komplikation oder
Verwickeltheit zu unterscheiden je nach der Anzahl der Buchstaben,
die, um sie zu statuiren, verwendet oder geschrieben werden müssen
(indem man also auch bei wiederholtem Auftreten eines gleichen Buch-
stabens diesen mehrfach zählt). Wird ja doch zugleich mit der Menge
dieser Buchstaben auch die Anzahl der knüpfenden Operationen im
Allgemeinen wachsen, welche als mit Parametern und Unbekannten aus-
zuführende in der Proposition vorgeschrieben erscheinen! Verdient
demnach jene Anzahl -- sozusagen als die natürliche Grundlage -- das
vorwiegende Einteilungsprinzip abzugeben für eine Klassifikation der
Propositionen überhaupt nach ihrer Komplikation, so werden nunmehr
hinsichtlich der Einfachheit der Probleme, welche die Auflösung dieser
Propositionen nach einer Unbekannten x fordern, weitre Unterschei-
dungen und Abteilungen zu machen sein je nach der Anzahl der Male,
wie oft der Name dieser Unbekannten x (ohne oder auch mit Negations-
strich oder Konversionsringel) in die aufzulösende Proposition eingeht.

Mit diesen Bemerkungen ist, wenn wir in der Theorie vom Ein-
fachern zum Verwickelteren fortschreiten wollen, der Plan für unser
Zuwerkegehen im Grossen und Ganzen gegeben.

Da die Proposition zwei (durch , = oder etc. verbundene)
"Seiten" hat, deren jede zu ihrer Vertretung mindestens einen Buch-
staben erfordert, so wird die Klasse der "einfachsten" Propositionen
aus denen bestehen, in welchen blos zwei Buchstaben vorkommen, in
die sie nämlich als deren beide Seiten eingehen.

Die Klasse der nächstkomplizirtern Propositionen wird diejenigen
umfassen, in welche drei Buchstaben eingehen, und zwar einer isolirt
als die eine Seite der Proposition, die beiden andern als Terme zu
einem Ausdrucke verknüpft, der die andre Seite derselben vorstellt.

Bei vier Buchstaben sind schon die beiden Fälle zu unterscheiden, wo
entweder deren einer isolirt die eine Seite der Proposition bildet und die

Achte Vorlesung.
greift aber die Fälle mit unter sich, wo etwa einzelne von diesen
Parametern in einen Modul degeneriren oder einen speziellen Wert
annehmen, und deshalb werden wir die grösste Allgemeinheit der
Untersuchungen erzielen, wenn wir fordern, dass in der aufzulösenden
Proposition von vornherein nur Buchstaben (also keine Moduln!) als
Terme vorkommen. Diese Forderung aufzustellen ist in der That dem
Geiste der analytischen Methode (Analysis) gemäss, welche strebt das
Allgemeine thunlichst vor dem Speziellen, somit die ungeheure Mannig
faltigkeit des Letztern mit einem Schlage zu erledigen.

Bei den solchergestalt möglichst allgemein gefassten Propositionen
wird es nun nahe liegen, verschiedene Grade der Komplikation oder
Verwickeltheit zu unterscheiden je nach der Anzahl der Buchstaben,
die, um sie zu statuiren, verwendet oder geschrieben werden müssen
(indem man also auch bei wiederholtem Auftreten eines gleichen Buch-
stabens diesen mehrfach zählt). Wird ja doch zugleich mit der Menge
dieser Buchstaben auch die Anzahl der knüpfenden Operationen im
Allgemeinen wachsen, welche als mit Parametern und Unbekannten aus-
zuführende in der Proposition vorgeschrieben erscheinen! Verdient
demnach jene Anzahl — sozusagen als die natürliche Grundlage — das
vorwiegende Einteilungsprinzip abzugeben für eine Klassifikation der
Propositionen überhaupt nach ihrer Komplikation, so werden nunmehr
hinsichtlich der Einfachheit der Probleme, welche die Auflösung dieser
Propositionen nach einer Unbekannten x fordern, weitre Unterschei-
dungen und Abteilungen zu machen sein je nach der Anzahl der Male,
wie oft der Name dieser Unbekannten x (ohne oder auch mit Negations-
strich oder Konversionsringel) in die aufzulösende Proposition eingeht.

Mit diesen Bemerkungen ist, wenn wir in der Theorie vom Ein-
fachern zum Verwickelteren fortschreiten wollen, der Plan für unser
Zuwerkegehen im Grossen und Ganzen gegeben.

Da die Proposition zwei (durch ⋹, = oder ≠ etc. verbundene)
„Seiten“ hat, deren jede zu ihrer Vertretung mindestens einen Buch-
staben erfordert, so wird die Klasse der „einfachsten“ Propositionen
aus denen bestehen, in welchen blos zwei Buchstaben vorkommen, in
die sie nämlich als deren beide Seiten eingehen.

Die Klasse der nächstkomplizirtern Propositionen wird diejenigen
umfassen, in welche drei Buchstaben eingehen, und zwar einer isolirt
als die eine Seite der Proposition, die beiden andern als Terme zu
einem Ausdrucke verknüpft, der die andre Seite derselben vorstellt.

Bei vier Buchstaben sind schon die beiden Fälle zu unterscheiden, wo
entweder deren einer isolirt die eine Seite der Proposition bildet und die

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[294/0308] Achte Vorlesung. greift aber die Fälle mit unter sich, wo etwa einzelne von diesen Parametern in einen Modul degeneriren oder einen speziellen Wert annehmen, und deshalb werden wir die grösste Allgemeinheit der Untersuchungen erzielen, wenn wir fordern, dass in der aufzulösenden Proposition von vornherein nur Buchstaben (also keine Moduln!) als Terme vorkommen. Diese Forderung aufzustellen ist in der That dem Geiste der analytischen Methode (Analysis) gemäss, welche strebt das Allgemeine thunlichst vor dem Speziellen, somit die ungeheure Mannig faltigkeit des Letztern mit einem Schlage zu erledigen. Bei den solchergestalt möglichst allgemein gefassten Propositionen wird es nun nahe liegen, verschiedene Grade der Komplikation oder Verwickeltheit zu unterscheiden je nach der Anzahl der Buchstaben, die, um sie zu statuiren, verwendet oder geschrieben werden müssen (indem man also auch bei wiederholtem Auftreten eines gleichen Buch- stabens diesen mehrfach zählt). Wird ja doch zugleich mit der Menge dieser Buchstaben auch die Anzahl der knüpfenden Operationen im Allgemeinen wachsen, welche als mit Parametern und Unbekannten aus- zuführende in der Proposition vorgeschrieben erscheinen! Verdient demnach jene Anzahl — sozusagen als die natürliche Grundlage — das vorwiegende Einteilungsprinzip abzugeben für eine Klassifikation der Propositionen überhaupt nach ihrer Komplikation, so werden nunmehr hinsichtlich der Einfachheit der Probleme, welche die Auflösung dieser Propositionen nach einer Unbekannten x fordern, weitre Unterschei- dungen und Abteilungen zu machen sein je nach der Anzahl der Male, wie oft der Name dieser Unbekannten x (ohne oder auch mit Negations- strich oder Konversionsringel) in die aufzulösende Proposition eingeht. Mit diesen Bemerkungen ist, wenn wir in der Theorie vom Ein- fachern zum Verwickelteren fortschreiten wollen, der Plan für unser Zuwerkegehen im Grossen und Ganzen gegeben. Da die Proposition zwei (durch ⋹, = oder ≠ etc. verbundene) „Seiten“ hat, deren jede zu ihrer Vertretung mindestens einen Buch- staben erfordert, so wird die Klasse der „einfachsten“ Propositionen aus denen bestehen, in welchen blos zwei Buchstaben vorkommen, in die sie nämlich als deren beide Seiten eingehen. Die Klasse der nächstkomplizirtern Propositionen wird diejenigen umfassen, in welche drei Buchstaben eingehen, und zwar einer isolirt als die eine Seite der Proposition, die beiden andern als Terme zu einem Ausdrucke verknüpft, der die andre Seite derselben vorstellt. Bei vier Buchstaben sind schon die beiden Fälle zu unterscheiden, wo entweder deren einer isolirt die eine Seite der Proposition bildet und die

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 3, Abt. 1. Leipzig, 1895, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik03_1895/308>, abgerufen am 24.04.2024.