Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

im Gangliensystem auch ohne Gehirn und Rückenmark
gefunden, und nicht selten fehlen in der Nervenkno-
ten-Reihe des sympathischen Nerven, vom Gehirn
abwärts einzelne Verbindungsglieder ohne Nachtheil.
Mit einer vorzüglichen Klarheit hat Reil *) das
Verhältniß dargethan, welches zwischen dem Ganglien-
und Gehirnsystem statt findet. Schon im Bau un-
terscheiden sich die aus dem Gehirn und Rückenmark
entspringenden Nerven auffallend von denen des Gang-
liensystems, und dem fast gänzlich zu ihm gehörigen
Stimmnerven. Die letzteren sind weicher, gallertartiger,
graugelb und röthlich von Farbe, von häufigen Gang-
lien und Geflechten unterbrochen, und lassen sich nicht
so leicht in Fäden auflösen, als die weißeren, härte-
ren, stärker oxydirten Nerven des Cerebralsystems.
Während die Gehirn- und Rückenmarksnerven, als
gute Leiter, nicht bloß die Empfindung zum Gehirn,
sondern auch den Willen von diesem zu den Theilen
leiten, gehorchen die Nerven des Gangliensystems dem

Wil-
Hirn- und Nervenkräfte bemerkt worden. In einem
besonders merkwürdigen Falle, war bey einem jungen
Menschen durch ein blutiges Geschwür, die ganze Mas-
se des Gehirns nach und nach Stückweis herausge-
schworen, ohne daß sich dabey eine Veränderung der
Verstandeskräfte gezeigt hatte. Er verlor erst vier Ta-
ge vor seinem Tode die Sprache. Bey der Section
fand man das Gehirn ganz vernichtet, nur noch ein
wenig faule schwarze Feuchtigkeit auf dem Grunde der
Hirnschale. Man sehe Voigtels pathol. Anatomie,
B. 1. S. 600.
*) Archiv für Physiologie, Band VII. Heft 2. Pag. 189.

im Ganglienſyſtem auch ohne Gehirn und Ruͤckenmark
gefunden, und nicht ſelten fehlen in der Nervenkno-
ten-Reihe des ſympathiſchen Nerven, vom Gehirn
abwaͤrts einzelne Verbindungsglieder ohne Nachtheil.
Mit einer vorzuͤglichen Klarheit hat Reil *) das
Verhaͤltniß dargethan, welches zwiſchen dem Ganglien-
und Gehirnſyſtem ſtatt findet. Schon im Bau un-
terſcheiden ſich die aus dem Gehirn und Ruͤckenmark
entſpringenden Nerven auffallend von denen des Gang-
lienſyſtems, und dem faſt gaͤnzlich zu ihm gehoͤrigen
Stimmnerven. Die letzteren ſind weicher, gallertartiger,
graugelb und roͤthlich von Farbe, von haͤufigen Gang-
lien und Geflechten unterbrochen, und laſſen ſich nicht
ſo leicht in Faͤden aufloͤſen, als die weißeren, haͤrte-
ren, ſtaͤrker oxydirten Nerven des Cerebralſyſtems.
Waͤhrend die Gehirn- und Ruͤckenmarksnerven, als
gute Leiter, nicht bloß die Empfindung zum Gehirn,
ſondern auch den Willen von dieſem zu den Theilen
leiten, gehorchen die Nerven des Ganglienſyſtems dem

Wil-
Hirn- und Nervenkraͤfte bemerkt worden. In einem
beſonders merkwuͤrdigen Falle, war bey einem jungen
Menſchen durch ein blutiges Geſchwuͤr, die ganze Maſ-
ſe des Gehirns nach und nach Stuͤckweis herausge-
ſchworen, ohne daß ſich dabey eine Veraͤnderung der
Verſtandeskraͤfte gezeigt hatte. Er verlor erſt vier Ta-
ge vor ſeinem Tode die Sprache. Bey der Section
fand man das Gehirn ganz vernichtet, nur noch ein
wenig faule ſchwarze Feuchtigkeit auf dem Grunde der
Hirnſchale. Man ſehe Voigtels pathol. Anatomie,
B. 1. S. 600.
*) Archiv fuͤr Phyſiologie, Band VII. Heft 2. Pag. 189.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0110" n="100"/>
im Ganglien&#x017F;y&#x017F;tem auch ohne Gehirn und Ru&#x0364;ckenmark<lb/>
gefunden, und nicht &#x017F;elten fehlen in der Nervenkno-<lb/>
ten-Reihe des &#x017F;ympathi&#x017F;chen Nerven, vom Gehirn<lb/>
abwa&#x0364;rts einzelne Verbindungsglieder ohne Nachtheil.<lb/>
Mit einer vorzu&#x0364;glichen Klarheit hat <hi rendition="#g">Reil</hi> <note place="foot" n="*)">Archiv fu&#x0364;r Phy&#x017F;iologie, Band <hi rendition="#aq">VII.</hi> Heft 2. Pag. 189.</note> das<lb/>
Verha&#x0364;ltniß dargethan, welches zwi&#x017F;chen dem Ganglien-<lb/>
und Gehirn&#x017F;y&#x017F;tem &#x017F;tatt findet. Schon im Bau un-<lb/>
ter&#x017F;cheiden &#x017F;ich die aus dem Gehirn und Ru&#x0364;ckenmark<lb/>
ent&#x017F;pringenden Nerven auffallend von denen des Gang-<lb/>
lien&#x017F;y&#x017F;tems, und dem fa&#x017F;t ga&#x0364;nzlich zu ihm geho&#x0364;rigen<lb/>
Stimmnerven. Die letzteren &#x017F;ind weicher, gallertartiger,<lb/>
graugelb und ro&#x0364;thlich von Farbe, von ha&#x0364;ufigen Gang-<lb/>
lien und Geflechten unterbrochen, und la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich nicht<lb/>
&#x017F;o leicht in Fa&#x0364;den auflo&#x0364;&#x017F;en, als die weißeren, ha&#x0364;rte-<lb/>
ren, &#x017F;ta&#x0364;rker oxydirten Nerven des Cerebral&#x017F;y&#x017F;tems.<lb/>
Wa&#x0364;hrend die Gehirn- und Ru&#x0364;ckenmarksnerven, als<lb/>
gute Leiter, nicht bloß die Empfindung zum Gehirn,<lb/>
&#x017F;ondern auch den Willen von die&#x017F;em zu den Theilen<lb/>
leiten, gehorchen die Nerven des Ganglien&#x017F;y&#x017F;tems dem<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Wil-</fw><lb/><note xml:id="seg2pn_1_2" prev="#seg2pn_1_1" place="foot" n="**)">Hirn- und Nervenkra&#x0364;fte bemerkt worden. In einem<lb/>
be&#x017F;onders merkwu&#x0364;rdigen Falle, war bey einem jungen<lb/>
Men&#x017F;chen durch ein blutiges Ge&#x017F;chwu&#x0364;r, die ganze Ma&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e des Gehirns nach und nach Stu&#x0364;ckweis herausge-<lb/>
&#x017F;chworen, ohne daß &#x017F;ich dabey eine Vera&#x0364;nderung der<lb/>
Ver&#x017F;tandeskra&#x0364;fte gezeigt hatte. Er verlor er&#x017F;t vier Ta-<lb/>
ge vor &#x017F;einem Tode die Sprache. Bey der Section<lb/>
fand man das Gehirn <hi rendition="#g">ganz</hi> vernichtet, nur noch ein<lb/>
wenig faule &#x017F;chwarze Feuchtigkeit auf dem Grunde der<lb/>
Hirn&#x017F;chale. Man &#x017F;ehe <hi rendition="#g">Voigtels</hi> pathol. Anatomie,<lb/>
B. 1. S. 600.</note><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[100/0110] im Ganglienſyſtem auch ohne Gehirn und Ruͤckenmark gefunden, und nicht ſelten fehlen in der Nervenkno- ten-Reihe des ſympathiſchen Nerven, vom Gehirn abwaͤrts einzelne Verbindungsglieder ohne Nachtheil. Mit einer vorzuͤglichen Klarheit hat Reil *) das Verhaͤltniß dargethan, welches zwiſchen dem Ganglien- und Gehirnſyſtem ſtatt findet. Schon im Bau un- terſcheiden ſich die aus dem Gehirn und Ruͤckenmark entſpringenden Nerven auffallend von denen des Gang- lienſyſtems, und dem faſt gaͤnzlich zu ihm gehoͤrigen Stimmnerven. Die letzteren ſind weicher, gallertartiger, graugelb und roͤthlich von Farbe, von haͤufigen Gang- lien und Geflechten unterbrochen, und laſſen ſich nicht ſo leicht in Faͤden aufloͤſen, als die weißeren, haͤrte- ren, ſtaͤrker oxydirten Nerven des Cerebralſyſtems. Waͤhrend die Gehirn- und Ruͤckenmarksnerven, als gute Leiter, nicht bloß die Empfindung zum Gehirn, ſondern auch den Willen von dieſem zu den Theilen leiten, gehorchen die Nerven des Ganglienſyſtems dem Wil- **) *) Archiv fuͤr Phyſiologie, Band VII. Heft 2. Pag. 189. **) Hirn- und Nervenkraͤfte bemerkt worden. In einem beſonders merkwuͤrdigen Falle, war bey einem jungen Menſchen durch ein blutiges Geſchwuͤr, die ganze Maſ- ſe des Gehirns nach und nach Stuͤckweis herausge- ſchworen, ohne daß ſich dabey eine Veraͤnderung der Verſtandeskraͤfte gezeigt hatte. Er verlor erſt vier Ta- ge vor ſeinem Tode die Sprache. Bey der Section fand man das Gehirn ganz vernichtet, nur noch ein wenig faule ſchwarze Feuchtigkeit auf dem Grunde der Hirnſchale. Man ſehe Voigtels pathol. Anatomie, B. 1. S. 600.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_symbolik_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_symbolik_1814/110
Zitationshilfe: Schubert, Gotthilf Heinrich von: Die Symbolik des Traumes. Bamberg, 1814, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schubert_symbolik_1814/110>, abgerufen am 29.03.2024.