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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795.

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Der Fluß, über welchen ich mich nun setzen
ließ, um vollends nach Kauen hinein zu kom-
men, war die Willa, die in die Niemen oder
Memel fällt, und diesen Strom um ein
Drittel stärker macht. Er nimmt dann seinen
Lauf so, daß man sich, wenn man Kauen hin-
ter sich hat, noch einmal darüber setzen lassen
muß. Diese Stadt ist also rund herum von
diesen beyden Flüssen eingeschlossen.

Kauen selbst ist eine der ältesten Städte
in Lithauen. Die Spuren davon sieht man
an einigen altgothischen Häusern, die sich bey
den Verheerungen, welche die Stadt in den
Schwedischen Kriegen und durch Feuersbrünste
ausgestanden hat, erhalten haben. Es ist
diejenige Art von Häusern, die mit den Gie-
beln nach der Straße gebauet sind. Die Gie-
bel sind entweder doppelt und abgerundet, oder
nur einfach und oben spitz zulaufend und be-
schnörkelt. Ein paar Kirchen sind in demsel-
ben Geschmacke erbauet; was aber unter den
Häusern später aufgeführt ist, zeigt einen rei-

Der Fluß, uͤber welchen ich mich nun ſetzen
ließ, um vollends nach Kauen hinein zu kom-
men, war die Willa, die in die Niemen oder
Memel faͤllt, und dieſen Strom um ein
Drittel ſtaͤrker macht. Er nimmt dann ſeinen
Lauf ſo, daß man ſich, wenn man Kauen hin-
ter ſich hat, noch einmal daruͤber ſetzen laſſen
muß. Dieſe Stadt iſt alſo rund herum von
dieſen beyden Fluͤſſen eingeſchloſſen.

Kauen ſelbſt iſt eine der aͤlteſten Staͤdte
in Lithauen. Die Spuren davon ſieht man
an einigen altgothiſchen Haͤuſern, die ſich bey
den Verheerungen, welche die Stadt in den
Schwediſchen Kriegen und durch Feuersbruͤnſte
ausgeſtanden hat, erhalten haben. Es iſt
diejenige Art von Haͤuſern, die mit den Gie-
beln nach der Straße gebauet ſind. Die Gie-
bel ſind entweder doppelt und abgerundet, oder
nur einfach und oben ſpitz zulaufend und be-
ſchnoͤrkelt. Ein paar Kirchen ſind in demſel-
ben Geſchmacke erbauet; was aber unter den
Haͤuſern ſpaͤter aufgefuͤhrt iſt, zeigt einen rei-

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[24/0042] Der Fluß, uͤber welchen ich mich nun ſetzen ließ, um vollends nach Kauen hinein zu kom- men, war die Willa, die in die Niemen oder Memel faͤllt, und dieſen Strom um ein Drittel ſtaͤrker macht. Er nimmt dann ſeinen Lauf ſo, daß man ſich, wenn man Kauen hin- ter ſich hat, noch einmal daruͤber ſetzen laſſen muß. Dieſe Stadt iſt alſo rund herum von dieſen beyden Fluͤſſen eingeſchloſſen. Kauen ſelbſt iſt eine der aͤlteſten Staͤdte in Lithauen. Die Spuren davon ſieht man an einigen altgothiſchen Haͤuſern, die ſich bey den Verheerungen, welche die Stadt in den Schwediſchen Kriegen und durch Feuersbruͤnſte ausgeſtanden hat, erhalten haben. Es iſt diejenige Art von Haͤuſern, die mit den Gie- beln nach der Straße gebauet ſind. Die Gie- bel ſind entweder doppelt und abgerundet, oder nur einfach und oben ſpitz zulaufend und be- ſchnoͤrkelt. Ein paar Kirchen ſind in demſel- ben Geſchmacke erbauet; was aber unter den Haͤuſern ſpaͤter aufgefuͤhrt iſt, zeigt einen rei-

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, [H. 1]. Berlin, 1795, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0101_1795/42>, abgerufen am 29.03.2024.