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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 1. Stuttgart, 1838.

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ter Aethra und stellte sie unter den Schutz seines Freun¬
des. Darauf zog Theseus weiter mit seinem Waffenbru¬
der und beide sannen auf eine Herkulische That. Piri¬
thous entschloß sich nemlich, die Gemahlin Pluto's, Proser¬
pina, der Unterwelt zu entführen und sich durch ihren Besitz
für den Verlust Helena's zu entschädigen. Daß ihnen
dieser Versuch mißglückte und sie von Pluto zu ewigem
Sitzen in der Unterwelt verdammt wurden, daß Her¬
kules, der Beide befreien wollte, nur den Theseus aus
dem Hades erretten konnte, ist schon erzählt worden. Wäh¬
rend nun Theseus auf diesem unglücklichen Zuge abwesend
war und in der Unterwelt gefangen saß, machten sich die
Brüder Helena's, Castor und Pollux auf und rückten ge¬
gen Attika heran, um ihre Schwester Helena zu befreien.
Indessen verübten sie anfangs keine Feindseligkeiten im
Lande, sondern kamen friedlich nach Athen und forderten
hier die Zurückgabe Helena's. Als aber die Leute in der
Stadt antworteten, daß sie weder die junge Fürstin bei
sich hätten, noch wüßten, wo Theseus sie zurückgelassen,
wurden sie zornig und schickten sich, mit den sie be¬
gleitenden Schaaren, zum wirklichen Kriege an. Jetzt
erschracken die Athener, und einer aus ihrer Mitte, mit
Namen Akademus, der das Geheimniß des Theseus auf
irgend eine Art erfahren hatte, entdeckte den Brüdern,
daß der Ort, wo sie verborgen gehalten werde, Aphidnä
sey. Vor diese Stadt rückten nun Castor und Pollux,
siegten in einer Schlacht und eroberten den Platz mit
Sturm.

Zu Athen hatte sich inzwischen auch Anderes begeben,
was für Theseus ungünstig war. Menestheus, der Sohn
des Peteos, ein Urenkel des Erechtheus, hatte sich als

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ter Aethra und ſtellte ſie unter den Schutz ſeines Freun¬
des. Darauf zog Theſeus weiter mit ſeinem Waffenbru¬
der und beide ſannen auf eine Herkuliſche That. Piri¬
thous entſchloß ſich nemlich, die Gemahlin Pluto's, Proſer¬
pina, der Unterwelt zu entführen und ſich durch ihren Beſitz
für den Verluſt Helena's zu entſchädigen. Daß ihnen
dieſer Verſuch mißglückte und ſie von Pluto zu ewigem
Sitzen in der Unterwelt verdammt wurden, daß Her¬
kules, der Beide befreien wollte, nur den Theſeus aus
dem Hades erretten konnte, iſt ſchon erzählt worden. Wäh¬
rend nun Theſeus auf dieſem unglücklichen Zuge abweſend
war und in der Unterwelt gefangen ſaß, machten ſich die
Brüder Helena's, Caſtor und Pollux auf und rückten ge¬
gen Attika heran, um ihre Schweſter Helena zu befreien.
Indeſſen verübten ſie anfangs keine Feindſeligkeiten im
Lande, ſondern kamen friedlich nach Athen und forderten
hier die Zurückgabe Helena's. Als aber die Leute in der
Stadt antworteten, daß ſie weder die junge Fürſtin bei
ſich hätten, noch wüßten, wo Theſeus ſie zurückgelaſſen,
wurden ſie zornig und ſchickten ſich, mit den ſie be¬
gleitenden Schaaren, zum wirklichen Kriege an. Jetzt
erſchracken die Athener, und einer aus ihrer Mitte, mit
Namen Akademus, der das Geheimniß des Theſeus auf
irgend eine Art erfahren hatte, entdeckte den Brüdern,
daß der Ort, wo ſie verborgen gehalten werde, Aphidnä
ſey. Vor dieſe Stadt rückten nun Caſtor und Pollux,
ſiegten in einer Schlacht und eroberten den Platz mit
Sturm.

Zu Athen hatte ſich inzwiſchen auch Anderes begeben,
was für Theſeus ungünſtig war. Meneſtheus, der Sohn
des Peteos, ein Urenkel des Erechtheus, hatte ſich als

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[307/0333] ter Aethra und ſtellte ſie unter den Schutz ſeines Freun¬ des. Darauf zog Theſeus weiter mit ſeinem Waffenbru¬ der und beide ſannen auf eine Herkuliſche That. Piri¬ thous entſchloß ſich nemlich, die Gemahlin Pluto's, Proſer¬ pina, der Unterwelt zu entführen und ſich durch ihren Beſitz für den Verluſt Helena's zu entſchädigen. Daß ihnen dieſer Verſuch mißglückte und ſie von Pluto zu ewigem Sitzen in der Unterwelt verdammt wurden, daß Her¬ kules, der Beide befreien wollte, nur den Theſeus aus dem Hades erretten konnte, iſt ſchon erzählt worden. Wäh¬ rend nun Theſeus auf dieſem unglücklichen Zuge abweſend war und in der Unterwelt gefangen ſaß, machten ſich die Brüder Helena's, Caſtor und Pollux auf und rückten ge¬ gen Attika heran, um ihre Schweſter Helena zu befreien. Indeſſen verübten ſie anfangs keine Feindſeligkeiten im Lande, ſondern kamen friedlich nach Athen und forderten hier die Zurückgabe Helena's. Als aber die Leute in der Stadt antworteten, daß ſie weder die junge Fürſtin bei ſich hätten, noch wüßten, wo Theſeus ſie zurückgelaſſen, wurden ſie zornig und ſchickten ſich, mit den ſie be¬ gleitenden Schaaren, zum wirklichen Kriege an. Jetzt erſchracken die Athener, und einer aus ihrer Mitte, mit Namen Akademus, der das Geheimniß des Theſeus auf irgend eine Art erfahren hatte, entdeckte den Brüdern, daß der Ort, wo ſie verborgen gehalten werde, Aphidnä ſey. Vor dieſe Stadt rückten nun Caſtor und Pollux, ſiegten in einer Schlacht und eroberten den Platz mit Sturm. Zu Athen hatte ſich inzwiſchen auch Anderes begeben, was für Theſeus ungünſtig war. Meneſtheus, der Sohn des Peteos, ein Urenkel des Erechtheus, hatte ſich als 20 *

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 1. Stuttgart, 1838, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen01_1838/333>, abgerufen am 29.03.2024.