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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 1. Stuttgart, 1838.

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menus und die Söhne des Aristodemus, die Zwillinge
Eurysthenes und Procleus, bezeichnete Steine hinein, der
schlaue Kresphontes aber, der am liebsten Messene gewon¬
nen hätte, warf eine Erdscholle in das Wasser. Diese
löste sich auf. Nun wurde zuerst über Argos gelost,
und der Stein des Temenus kam zum Vorschein; dann
über Lacedämon: da kam der Stein der Aristodemussöhne.
Nach dem dritten fand man überflüssig zu suchen, und so
bekam Kresphontes Messene. Als sie hierauf mit ihren
Begleitern den Göttern auf ihren Altären opferten, da
wurden ihnen seltsame Zeichen zu Theil, denn jeder fand
auf seinem Altare ein anderes Thier. Diejenigen, welche
Argos durchs Loos erhalten hatten, fanden darauf eine
Kröte; die, denen Lacedämon zu Theil geworden war, ei¬
nen Drachen; die endlich, die Messene bekommen hatten,
einen Fuchs. Nachdenklich über diese Zeichen geworden,
befragten sie die einheimischen Wahrsager. Diese deute¬
ten die Sache also: "Welche die Kröte erhalten haben,
werden am besten thun in ihrer Stadt daheim zu bleiben,
denn das Thier hat keinen Schutz auf der Wanderung;
die, denen sich der Drache auf den Altar gelagert, wer¬
den gewaltige Angreifer werden, und mögen sich immer¬
hin über die Gränzen ihres Landes hinauswagen; die
endlich, denen der Fuchs auf ihren Altar gelegt worden,
sollen es weder mit der Einfalt halten, noch mit der Ge¬
walt: ihre Schutzwehr soll die List seyn."

Diese Thiere wurden in der Folge die Schildwap¬
pen der Argiver, Spartaner und Messenier. Nun be¬
dachten sie auch ihren einäugigen Führer, Oxylus, und
gaben ihm das Königreich Elis zum Lohne seiner Feld¬
herrnschaft. Vom ganzem Peloponnese aber blieb nur das

menus und die Söhne des Ariſtodemus, die Zwillinge
Euryſthenes und Procleus, bezeichnete Steine hinein, der
ſchlaue Kreſphontes aber, der am liebſten Meſſene gewon¬
nen hätte, warf eine Erdſcholle in das Waſſer. Dieſe
löste ſich auf. Nun wurde zuerſt über Argos gelost,
und der Stein des Temenus kam zum Vorſchein; dann
über Lacedämon: da kam der Stein der Ariſtodemusſöhne.
Nach dem dritten fand man überflüſſig zu ſuchen, und ſo
bekam Kreſphontes Meſſene. Als ſie hierauf mit ihren
Begleitern den Göttern auf ihren Altären opferten, da
wurden ihnen ſeltſame Zeichen zu Theil, denn jeder fand
auf ſeinem Altare ein anderes Thier. Diejenigen, welche
Argos durchs Loos erhalten hatten, fanden darauf eine
Kröte; die, denen Lacedämon zu Theil geworden war, ei¬
nen Drachen; die endlich, die Meſſene bekommen hatten,
einen Fuchs. Nachdenklich über dieſe Zeichen geworden,
befragten ſie die einheimiſchen Wahrſager. Dieſe deute¬
ten die Sache alſo: „Welche die Kröte erhalten haben,
werden am beſten thun in ihrer Stadt daheim zu bleiben,
denn das Thier hat keinen Schutz auf der Wanderung;
die, denen ſich der Drache auf den Altar gelagert, wer¬
den gewaltige Angreifer werden, und mögen ſich immer¬
hin über die Gränzen ihres Landes hinauswagen; die
endlich, denen der Fuchs auf ihren Altar gelegt worden,
ſollen es weder mit der Einfalt halten, noch mit der Ge¬
walt: ihre Schutzwehr ſoll die Liſt ſeyn.“

Dieſe Thiere wurden in der Folge die Schildwap¬
pen der Argiver, Spartaner und Meſſenier. Nun be¬
dachten ſie auch ihren einäugigen Führer, Oxylus, und
gaben ihm das Königreich Elis zum Lohne ſeiner Feld¬
herrnſchaft. Vom ganzem Peloponneſe aber blieb nur das

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[407/0433] menus und die Söhne des Ariſtodemus, die Zwillinge Euryſthenes und Procleus, bezeichnete Steine hinein, der ſchlaue Kreſphontes aber, der am liebſten Meſſene gewon¬ nen hätte, warf eine Erdſcholle in das Waſſer. Dieſe löste ſich auf. Nun wurde zuerſt über Argos gelost, und der Stein des Temenus kam zum Vorſchein; dann über Lacedämon: da kam der Stein der Ariſtodemusſöhne. Nach dem dritten fand man überflüſſig zu ſuchen, und ſo bekam Kreſphontes Meſſene. Als ſie hierauf mit ihren Begleitern den Göttern auf ihren Altären opferten, da wurden ihnen ſeltſame Zeichen zu Theil, denn jeder fand auf ſeinem Altare ein anderes Thier. Diejenigen, welche Argos durchs Loos erhalten hatten, fanden darauf eine Kröte; die, denen Lacedämon zu Theil geworden war, ei¬ nen Drachen; die endlich, die Meſſene bekommen hatten, einen Fuchs. Nachdenklich über dieſe Zeichen geworden, befragten ſie die einheimiſchen Wahrſager. Dieſe deute¬ ten die Sache alſo: „Welche die Kröte erhalten haben, werden am beſten thun in ihrer Stadt daheim zu bleiben, denn das Thier hat keinen Schutz auf der Wanderung; die, denen ſich der Drache auf den Altar gelagert, wer¬ den gewaltige Angreifer werden, und mögen ſich immer¬ hin über die Gränzen ihres Landes hinauswagen; die endlich, denen der Fuchs auf ihren Altar gelegt worden, ſollen es weder mit der Einfalt halten, noch mit der Ge¬ walt: ihre Schutzwehr ſoll die Liſt ſeyn.“ Dieſe Thiere wurden in der Folge die Schildwap¬ pen der Argiver, Spartaner und Meſſenier. Nun be¬ dachten ſie auch ihren einäugigen Führer, Oxylus, und gaben ihm das Königreich Elis zum Lohne ſeiner Feld¬ herrnſchaft. Vom ganzem Peloponneſe aber blieb nur das

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 1. Stuttgart, 1838, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen01_1838/433>, abgerufen am 24.04.2024.