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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839.

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für den Augenblick von den unerträglichsten Schmerzen.
Und nun ertheilte er von seinem Krankenlager aus den
Griechen allerlei heilsame Rathschläge, versah die Flotte
mit Lebensmitteln und ließ sie nicht eher abziehen, als bis
der Winter, der im Anzuge war, da sie landeten, mit
seinen härtesten Stürmen vorüber war. Darauf belehrte
er sie über die Lage der Stadt Troja und über den Weg,
den sie dahin zu machen hätten, und bezeichnete ihnen als
einzigen Landungsplatz die Mündung des Flusses Skamander.


Paris zurückgekehrt.

Obgleich in Troja noch nichts von der Abfahrt der
großen griechischen Flotte bekannt war, herrschte doch seit
der Abreise der griechischen Gesandten Schrecken und
Furcht vor dem bevorstehenden Kriege in dieser Stadt.
Paris war inzwischen mit der geraubten Fürstin, der herr¬
lichen Beute und seiner ganzen Flotte zurückgekommen.
Der König Priamus sah die unerbetene Schwiegertochter nicht
mit Freuden in seinen Pallast eintreten und versammelte
auf der Stelle seine zahlreichen Söhne zu einer Fürsten¬
versammlung. Diese ließen sich durch den Glanz der
Schätze, die ihr Bruder unter sie zu vertheilen bereit war,
und die Schönheit der Griechinnen aus den edelsten
Fürstengeschlechtern, welche er im Gefolge Helena's mit¬
gebracht hatte und denjenigen seiner Brüder, die noch
keine Frauen hatten, zur Ehe zu geben bereit war, leicht
bethören, und weil ihrer viele noch jung und alle kampf¬
lustig waren, so fiel die Berathung dahin aus, daß die

für den Augenblick von den unerträglichſten Schmerzen.
Und nun ertheilte er von ſeinem Krankenlager aus den
Griechen allerlei heilſame Rathſchläge, verſah die Flotte
mit Lebensmitteln und ließ ſie nicht eher abziehen, als bis
der Winter, der im Anzuge war, da ſie landeten, mit
ſeinen härteſten Stürmen vorüber war. Darauf belehrte
er ſie über die Lage der Stadt Troja und über den Weg,
den ſie dahin zu machen hätten, und bezeichnete ihnen als
einzigen Landungsplatz die Mündung des Fluſſes Skamander.


Paris zurückgekehrt.

Obgleich in Troja noch nichts von der Abfahrt der
großen griechiſchen Flotte bekannt war, herrſchte doch ſeit
der Abreiſe der griechiſchen Geſandten Schrecken und
Furcht vor dem bevorſtehenden Kriege in dieſer Stadt.
Paris war inzwiſchen mit der geraubten Fürſtin, der herr¬
lichen Beute und ſeiner ganzen Flotte zurückgekommen.
Der König Priamus ſah die unerbetene Schwiegertochter nicht
mit Freuden in ſeinen Pallaſt eintreten und verſammelte
auf der Stelle ſeine zahlreichen Söhne zu einer Fürſten¬
verſammlung. Dieſe ließen ſich durch den Glanz der
Schätze, die ihr Bruder unter ſie zu vertheilen bereit war,
und die Schönheit der Griechinnen aus den edelſten
Fürſtengeſchlechtern, welche er im Gefolge Helena's mit¬
gebracht hatte und denjenigen ſeiner Brüder, die noch
keine Frauen hatten, zur Ehe zu geben bereit war, leicht
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[53/0075] für den Augenblick von den unerträglichſten Schmerzen. Und nun ertheilte er von ſeinem Krankenlager aus den Griechen allerlei heilſame Rathſchläge, verſah die Flotte mit Lebensmitteln und ließ ſie nicht eher abziehen, als bis der Winter, der im Anzuge war, da ſie landeten, mit ſeinen härteſten Stürmen vorüber war. Darauf belehrte er ſie über die Lage der Stadt Troja und über den Weg, den ſie dahin zu machen hätten, und bezeichnete ihnen als einzigen Landungsplatz die Mündung des Fluſſes Skamander. Paris zurückgekehrt. Obgleich in Troja noch nichts von der Abfahrt der großen griechiſchen Flotte bekannt war, herrſchte doch ſeit der Abreiſe der griechiſchen Geſandten Schrecken und Furcht vor dem bevorſtehenden Kriege in dieſer Stadt. Paris war inzwiſchen mit der geraubten Fürſtin, der herr¬ lichen Beute und ſeiner ganzen Flotte zurückgekommen. Der König Priamus ſah die unerbetene Schwiegertochter nicht mit Freuden in ſeinen Pallaſt eintreten und verſammelte auf der Stelle ſeine zahlreichen Söhne zu einer Fürſten¬ verſammlung. Dieſe ließen ſich durch den Glanz der Schätze, die ihr Bruder unter ſie zu vertheilen bereit war, und die Schönheit der Griechinnen aus den edelſten Fürſtengeſchlechtern, welche er im Gefolge Helena's mit¬ gebracht hatte und denjenigen ſeiner Brüder, die noch keine Frauen hatten, zur Ehe zu geben bereit war, leicht bethören, und weil ihrer viele noch jung und alle kampf¬ luſtig waren, ſo fiel die Berathung dahin aus, daß die

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/75>, abgerufen am 25.04.2024.