Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

zellen, wie die der Pflanzenzellen, für ein Wachsthum durch
Intussusceptio erklären. Die neuen Epitheliumzellen bilden
sich zwar nur unmittelbar auf der cutis, wo die grösste Le-
bensenergie herrscht, aber die Zellen dehnen sich selbstständig
aus und wachsen durch Intussusceptio. Ich habe oben eine
Beobachtung angeführt, wonach sich bei Froschlarven eine
junge Epitheliumzelle in einer anderen bildete. Allein
diess ist jedenfalls ein sehr seltener Fall, und die meisten
Epitheliumzellen bilden sich bei allen Wirbelthieren ent-
schieden nicht als Zellen in Zellen, sondern ausser den
Zellen in einem Minimum von Cytoblastem, das von der
cutis ausgeschwitzt wird. Man könnte den Einwurf ma-
chen, dass dieser Bildungsprocess des Epitheliums desshalb
nicht möglich sei, weil, wenn z. B. die Zellen der zwei-
ten Schichte um das Doppelte grösser wären als die der
ersten Schichte, auch diese ganze Epidermisschichte um
das Doppelte grösser sein müsste als die erste. Allein die-
ser Einwurf lässt sich leicht dadurch beseitigen, dass sich
die Zellen über einander schieben und so aus Einer Schichte
von Kernen eine doppelte oder dreifache Lage von Zellen
entstehen kann.

2) Das schwarze Pigment.

Das schwarze Pigment ist, wie bekannt, gewöhnlich
in runden oder, wegen des dichten Zusammenliegens, sechs-
eckigen Zellen enthalten, und zwar in Form von zahllo-
sen sehr kleinen Körnchen, die eine lebhafte Molekular-
bewegung zeigen. Diese sieht man zuweilen schon inner-
halb der Zellen, so dass der übrige Inhalt der Zellen flüs-
sig sein muss. Da man nun auch, wie bekannt, zuweilen
die Pigmentkörnchen aus der Zelle herausdrücken kann,
so kann über die Natur dieser früher sogenannten Pig-
mentkugeln als Zellen kein Zweifel sein. Die Pigmentzel-
len haben an ihrer Wand einen zum Theil ebenfalls schon
bekannten Zellenkern. An den Pigmentzellen der Chorioi-
dea der Säugethieraugen sicht man diesen im Fötalzustande
z. B. bei sehr jungen Schweinefötus stellenweise ganz deutlich,

zellen, wie die der Pflanzenzellen, für ein Wachsthum durch
Intussusceptio erklären. Die neuen Epitheliumzellen bilden
sich zwar nur unmittelbar auf der cutis, wo die gröſste Le-
bensenergie herrscht, aber die Zellen dehnen sich selbstständig
aus und wachsen durch Intussusceptio. Ich habe oben eine
Beobachtung angeführt, wonach sich bei Froschlarven eine
junge Epitheliumzelle in einer anderen bildete. Allein
dieſs ist jedenfalls ein sehr seltener Fall, und die meisten
Epitheliumzellen bilden sich bei allen Wirbelthieren ent-
schieden nicht als Zellen in Zellen, sondern auſser den
Zellen in einem Minimum von Cytoblastem, das von der
cutis ausgeschwitzt wird. Man könnte den Einwurf ma-
chen, daſs dieser Bildungsproceſs des Epitheliums deſshalb
nicht möglich sei, weil, wenn z. B. die Zellen der zwei-
ten Schichte um das Doppelte gröſser wären als die der
ersten Schichte, auch diese ganze Epidermisschichte um
das Doppelte gröſser sein müſste als die erste. Allein die-
ser Einwurf läſst sich leicht dadurch beseitigen, daſs sich
die Zellen über einander schieben und so aus Einer Schichte
von Kernen eine doppelte oder dreifache Lage von Zellen
entstehen kann.

2) Das schwarze Pigment.

Das schwarze Pigment ist, wie bekannt, gewöhnlich
in runden oder, wegen des dichten Zusammenliegens, sechs-
eckigen Zellen enthalten, und zwar in Form von zahllo-
sen sehr kleinen Körnchen, die eine lebhafte Molekular-
bewegung zeigen. Diese sieht man zuweilen schon inner-
halb der Zellen, so daſs der übrige Inhalt der Zellen flüs-
sig sein muſs. Da man nun auch, wie bekannt, zuweilen
die Pigmentkörnchen aus der Zelle herausdrücken kann,
so kann über die Natur dieser früher sogenannten Pig-
mentkugeln als Zellen kein Zweifel sein. Die Pigmentzel-
len haben an ihrer Wand einen zum Theil ebenfalls schon
bekannten Zellenkern. An den Pigmentzellen der Chorioi-
dea der Säugethieraugen sicht man diesen im Fötalzustande
z. B. bei sehr jungen Schweinefötus stellenweise ganz deutlich,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0111" n="87"/>
zellen, wie die der Pflanzenzellen, für ein Wachsthum durch<lb/>
Intussusceptio erklären. Die neuen Epitheliumzellen bilden<lb/>
sich zwar nur unmittelbar auf der cutis, wo die grö&#x017F;ste Le-<lb/>
bensenergie herrscht, aber die Zellen dehnen sich selbstständig<lb/>
aus und wachsen durch Intussusceptio. Ich habe oben eine<lb/>
Beobachtung angeführt, wonach sich bei Froschlarven eine<lb/>
junge Epitheliumzelle in einer anderen bildete. Allein<lb/>
die&#x017F;s ist jedenfalls ein sehr seltener Fall, und die meisten<lb/>
Epitheliumzellen bilden sich bei allen Wirbelthieren ent-<lb/>
schieden nicht als Zellen in Zellen, sondern au&#x017F;ser den<lb/>
Zellen in einem Minimum von Cytoblastem, das von der<lb/>
cutis ausgeschwitzt wird. Man könnte den Einwurf ma-<lb/>
chen, da&#x017F;s dieser Bildungsproce&#x017F;s des Epitheliums de&#x017F;shalb<lb/>
nicht möglich sei, weil, wenn z. B. die Zellen der zwei-<lb/>
ten Schichte um das Doppelte grö&#x017F;ser wären als die der<lb/>
ersten Schichte, auch diese ganze Epidermisschichte um<lb/>
das Doppelte grö&#x017F;ser sein mü&#x017F;ste als die erste. Allein die-<lb/>
ser Einwurf lä&#x017F;st sich leicht dadurch beseitigen, da&#x017F;s sich<lb/>
die Zellen über einander schieben und so aus Einer Schichte<lb/>
von Kernen eine doppelte oder dreifache Lage von Zellen<lb/>
entstehen kann.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">2) <hi rendition="#g">Das schwarze Pigment</hi>.</hi> </head><lb/>
              <p>Das schwarze Pigment ist, wie bekannt, gewöhnlich<lb/>
in runden oder, wegen des dichten Zusammenliegens, sechs-<lb/>
eckigen Zellen enthalten, und zwar in Form von zahllo-<lb/>
sen sehr kleinen Körnchen, die eine lebhafte Molekular-<lb/>
bewegung zeigen. Diese sieht man zuweilen schon inner-<lb/>
halb der Zellen, so da&#x017F;s der übrige Inhalt der Zellen flüs-<lb/>
sig sein mu&#x017F;s. Da man nun auch, wie bekannt, zuweilen<lb/>
die Pigmentkörnchen aus der Zelle herausdrücken kann,<lb/>
so kann über die Natur dieser früher sogenannten Pig-<lb/>
mentkugeln als Zellen kein Zweifel sein. Die Pigmentzel-<lb/>
len haben an ihrer Wand einen zum Theil ebenfalls schon<lb/>
bekannten Zellenkern. An den Pigmentzellen der Chorioi-<lb/>
dea der Säugethieraugen sicht man diesen im Fötalzustande<lb/>
z. B. bei sehr jungen Schweinefötus stellenweise ganz deutlich,<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[87/0111] zellen, wie die der Pflanzenzellen, für ein Wachsthum durch Intussusceptio erklären. Die neuen Epitheliumzellen bilden sich zwar nur unmittelbar auf der cutis, wo die gröſste Le- bensenergie herrscht, aber die Zellen dehnen sich selbstständig aus und wachsen durch Intussusceptio. Ich habe oben eine Beobachtung angeführt, wonach sich bei Froschlarven eine junge Epitheliumzelle in einer anderen bildete. Allein dieſs ist jedenfalls ein sehr seltener Fall, und die meisten Epitheliumzellen bilden sich bei allen Wirbelthieren ent- schieden nicht als Zellen in Zellen, sondern auſser den Zellen in einem Minimum von Cytoblastem, das von der cutis ausgeschwitzt wird. Man könnte den Einwurf ma- chen, daſs dieser Bildungsproceſs des Epitheliums deſshalb nicht möglich sei, weil, wenn z. B. die Zellen der zwei- ten Schichte um das Doppelte gröſser wären als die der ersten Schichte, auch diese ganze Epidermisschichte um das Doppelte gröſser sein müſste als die erste. Allein die- ser Einwurf läſst sich leicht dadurch beseitigen, daſs sich die Zellen über einander schieben und so aus Einer Schichte von Kernen eine doppelte oder dreifache Lage von Zellen entstehen kann. 2) Das schwarze Pigment. Das schwarze Pigment ist, wie bekannt, gewöhnlich in runden oder, wegen des dichten Zusammenliegens, sechs- eckigen Zellen enthalten, und zwar in Form von zahllo- sen sehr kleinen Körnchen, die eine lebhafte Molekular- bewegung zeigen. Diese sieht man zuweilen schon inner- halb der Zellen, so daſs der übrige Inhalt der Zellen flüs- sig sein muſs. Da man nun auch, wie bekannt, zuweilen die Pigmentkörnchen aus der Zelle herausdrücken kann, so kann über die Natur dieser früher sogenannten Pig- mentkugeln als Zellen kein Zweifel sein. Die Pigmentzel- len haben an ihrer Wand einen zum Theil ebenfalls schon bekannten Zellenkern. An den Pigmentzellen der Chorioi- dea der Säugethieraugen sicht man diesen im Fötalzustande z. B. bei sehr jungen Schweinefötus stellenweise ganz deutlich,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/111
Zitationshilfe: Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/111>, abgerufen am 20.04.2024.