Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

Erwachsenen, die also lange Zeit der Mundflüssigkeit aus-
gesetzt waren, ist die organische Grundlage äusserst gering
an Quantität, wie ich vermuthe in Folge einer chemischen
Auflösung der organischen Substanz durch die Mund-
flüssigkeit.

b. Eigenthümliche Substanz des Zahns.

Die eigenthümliche Substanz des Zahns besteht be-
kanntlich aus einer strukturlosen Substanz, welche von
vielen Kanälchen durchzogen wird. Diese Kanälchen lau-
fen im Allgemeinen strahlenförmig von der Zahnhöhle
nach der äussern Fläche des Zahns, und geben nach
Retzius auf diesem Wege oft Aeste ab. Die peripherischen
Endigungen sind äusserst fein; gegen die Zahnhöhle hin
werden die Kanälchen dicker und münden, wenn die Pulpa
entfernt ist, frei in die Zahnhöhle. J. Müller hat sowohl
an dünnen geschliffenen Zahnplättchen, als an Lamellen,
die mit Salzsäure ausgezogen wurden, auf dem Bruche
beobachtet, dass die Kanälchen als etwas Selbstständiges
hervorragten, also mit einer besondern Membran umgeben
waren, die Retzius auch auf dem Durchschnitt erkannte.
Purkinje und Müller beobachteten, dass wenn man
Zähne in Dinte legt, diese in die Kanälchen eindringt, so
dass also die Kanälchen hohl sein müssen. Kalkerde
scheint entweder gar nicht in ihnen, oder nur in den fein-
sten Kanälchen enthalten zu sein. Nach Retzius kom-
men in vielen Zähnen Körperchen vor, die wie Knochen-
körperchen aussehen und, wie sie, strahlenförmig feine Ka-
nälchen ausschicken.

In welchem Verhältniss steht nun die eigenthümliche
Substanz des Zahns zu den Zellen? Ich muss hier mit
dem Geständniss beginnen, dass ich nicht im Stande bin,
diese Frage mit Sicherheit zu beantworten, und nur, weil
der Zusammenhang es erfordert, theile ich die folgende
Untersuchung, unreif wie sie ist, mit. Purkinje und
Raschkow beschreiben die Bildung der Zahnsubstanz
auf folgende Weise: Primordio substantia dentalis e fibris

Erwachsenen, die also lange Zeit der Mundflüssigkeit aus-
gesetzt waren, ist die organische Grundlage äuſserst gering
an Quantität, wie ich vermuthe in Folge einer chemischen
Auflösung der organischen Substanz durch die Mund-
flüssigkeit.

b. Eigenthümliche Substanz des Zahns.

Die eigenthümliche Substanz des Zahns besteht be-
kanntlich aus einer strukturlosen Substanz, welche von
vielen Kanälchen durchzogen wird. Diese Kanälchen lau-
fen im Allgemeinen strahlenförmig von der Zahnhöhle
nach der äuſsern Fläche des Zahns, und geben nach
Retzius auf diesem Wege oft Aeste ab. Die peripherischen
Endigungen sind äuſserst fein; gegen die Zahnhöhle hin
werden die Kanälchen dicker und münden, wenn die Pulpa
entfernt ist, frei in die Zahnhöhle. J. Müller hat sowohl
an dünnen geschliffenen Zahnplättchen, als an Lamellen,
die mit Salzsäure ausgezogen wurden, auf dem Bruche
beobachtet, daſs die Kanälchen als etwas Selbstständiges
hervorragten, also mit einer besondern Membran umgeben
waren, die Retzius auch auf dem Durchschnitt erkannte.
Purkinje und Müller beobachteten, daſs wenn man
Zähne in Dinte legt, diese in die Kanälchen eindringt, so
daſs also die Kanälchen hohl sein müssen. Kalkerde
scheint entweder gar nicht in ihnen, oder nur in den fein-
sten Kanälchen enthalten zu sein. Nach Retzius kom-
men in vielen Zähnen Körperchen vor, die wie Knochen-
körperchen aussehen und, wie sie, strahlenförmig feine Ka-
nälchen ausschicken.

In welchem Verhältniſs steht nun die eigenthümliche
Substanz des Zahns zu den Zellen? Ich muſs hier mit
dem Geständniſs beginnen, daſs ich nicht im Stande bin,
diese Frage mit Sicherheit zu beantworten, und nur, weil
der Zusammenhang es erfordert, theile ich die folgende
Untersuchung, unreif wie sie ist, mit. Purkinje und
Raschkow beschreiben die Bildung der Zahnsubstanz
auf folgende Weise: Primordio substantia dentalis e fibris

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0146" n="122"/>
Erwachsenen, die also lange Zeit der Mundflüssigkeit aus-<lb/>
gesetzt waren, ist die organische Grundlage äu&#x017F;serst gering<lb/>
an Quantität, wie ich vermuthe in Folge einer chemischen<lb/>
Auflösung der organischen Substanz durch die Mund-<lb/>
flüssigkeit.</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>b. <hi rendition="#g">Eigenthümliche Substanz des Zahns</hi>.</head><lb/>
                <p>Die eigenthümliche Substanz des Zahns besteht be-<lb/>
kanntlich aus einer strukturlosen Substanz, welche von<lb/>
vielen Kanälchen durchzogen wird. Diese Kanälchen lau-<lb/>
fen im Allgemeinen strahlenförmig von der Zahnhöhle<lb/>
nach der äu&#x017F;sern Fläche des Zahns, und geben nach<lb/><hi rendition="#g">Retzius</hi> auf diesem Wege oft Aeste ab. Die peripherischen<lb/>
Endigungen sind äu&#x017F;serst fein; gegen die Zahnhöhle hin<lb/>
werden die Kanälchen dicker und münden, wenn die Pulpa<lb/>
entfernt ist, frei in die Zahnhöhle. J. <hi rendition="#g">Müller</hi> hat sowohl<lb/>
an dünnen geschliffenen Zahnplättchen, als an Lamellen,<lb/>
die mit Salzsäure ausgezogen wurden, auf dem Bruche<lb/>
beobachtet, da&#x017F;s die Kanälchen als etwas Selbstständiges<lb/>
hervorragten, also mit einer besondern Membran umgeben<lb/>
waren, die <hi rendition="#g">Retzius</hi> auch auf dem Durchschnitt erkannte.<lb/><hi rendition="#g">Purkinje</hi> und <hi rendition="#g">Müller</hi> beobachteten, da&#x017F;s wenn man<lb/>
Zähne in Dinte legt, diese in die Kanälchen eindringt, so<lb/>
da&#x017F;s also die Kanälchen hohl sein müssen. Kalkerde<lb/>
scheint entweder gar nicht in ihnen, oder nur in den fein-<lb/>
sten Kanälchen enthalten zu sein. Nach <hi rendition="#g">Retzius</hi> kom-<lb/>
men in vielen Zähnen Körperchen vor, die wie Knochen-<lb/>
körperchen aussehen und, wie sie, strahlenförmig feine Ka-<lb/>
nälchen ausschicken.</p><lb/>
                <p>In welchem Verhältni&#x017F;s steht nun die eigenthümliche<lb/>
Substanz des Zahns zu den Zellen? Ich mu&#x017F;s hier mit<lb/>
dem Geständni&#x017F;s beginnen, da&#x017F;s ich nicht im Stande bin,<lb/>
diese Frage mit Sicherheit zu beantworten, und nur, weil<lb/>
der Zusammenhang es erfordert, theile ich die folgende<lb/>
Untersuchung, unreif wie sie ist, mit. <hi rendition="#g">Purkinje</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Raschkow</hi> beschreiben die Bildung der Zahnsubstanz<lb/>
auf folgende Weise: Primordio substantia dentalis e fibris<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0146] Erwachsenen, die also lange Zeit der Mundflüssigkeit aus- gesetzt waren, ist die organische Grundlage äuſserst gering an Quantität, wie ich vermuthe in Folge einer chemischen Auflösung der organischen Substanz durch die Mund- flüssigkeit. b. Eigenthümliche Substanz des Zahns. Die eigenthümliche Substanz des Zahns besteht be- kanntlich aus einer strukturlosen Substanz, welche von vielen Kanälchen durchzogen wird. Diese Kanälchen lau- fen im Allgemeinen strahlenförmig von der Zahnhöhle nach der äuſsern Fläche des Zahns, und geben nach Retzius auf diesem Wege oft Aeste ab. Die peripherischen Endigungen sind äuſserst fein; gegen die Zahnhöhle hin werden die Kanälchen dicker und münden, wenn die Pulpa entfernt ist, frei in die Zahnhöhle. J. Müller hat sowohl an dünnen geschliffenen Zahnplättchen, als an Lamellen, die mit Salzsäure ausgezogen wurden, auf dem Bruche beobachtet, daſs die Kanälchen als etwas Selbstständiges hervorragten, also mit einer besondern Membran umgeben waren, die Retzius auch auf dem Durchschnitt erkannte. Purkinje und Müller beobachteten, daſs wenn man Zähne in Dinte legt, diese in die Kanälchen eindringt, so daſs also die Kanälchen hohl sein müssen. Kalkerde scheint entweder gar nicht in ihnen, oder nur in den fein- sten Kanälchen enthalten zu sein. Nach Retzius kom- men in vielen Zähnen Körperchen vor, die wie Knochen- körperchen aussehen und, wie sie, strahlenförmig feine Ka- nälchen ausschicken. In welchem Verhältniſs steht nun die eigenthümliche Substanz des Zahns zu den Zellen? Ich muſs hier mit dem Geständniſs beginnen, daſs ich nicht im Stande bin, diese Frage mit Sicherheit zu beantworten, und nur, weil der Zusammenhang es erfordert, theile ich die folgende Untersuchung, unreif wie sie ist, mit. Purkinje und Raschkow beschreiben die Bildung der Zahnsubstanz auf folgende Weise: Primordio substantia dentalis e fibris

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/146
Zitationshilfe: Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/146>, abgerufen am 28.03.2024.