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Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839.

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Blutgefässe keinen wesentlichen Unterschied in dem Wachs-
thume der Elementartheile begründet. Denn diese Klasse
gehört schon zu den vollständig organisirten Geweben,
und das Zellgewebe ist sogar sehr reich an Gefässen. Man
sagte früher, die nicht organisirten Gewebe wachsen durch
Appositio, die organisirten durch Intussusceptio. Es wurde
schon oben S. 108 über diesen Unterschied gesprochen. Er
ist in so fern richtig, als die jungen Zellen sich bei den nicht
organisirten Geweben nicht in der ganzen Dicke der Ge-
webe, sondern nur in der Nähe derjenigen Oberfläche bil-
den, wo sie mit der gefässhaltigen Substanz in Berührung
stehen und wo sie deshalb das frischeste Cytoblastem er-
halten. Fällt nun aber dieser Unterschied zwischen der
Oberfläche und dem Parenchym des Gewebes weg, indem
die Blutgefässe durch die ganze Dicke desselben verbreitet
sind, so entstehen auch die jungen Zellen in der ganzen
Dicke des Gewebes, und so ist es beim Zellgewebe. Der
primäre Unterschied liegt also bloss in der Abwesenheit
oder Anwesenheit der Gefässe, und die Verschiedenheit
des Ortes der Bildung der neuen Zellen ist nur eine se-
kundäre. Die Elementartheile wachsen in beiden Fällen
und durch dieselben Kräfte. Inwiefern die Anwesenheit
der Gefässe gewisse, beim Wachsthum vorkommende Pro-
zesse erleichtert, werden wir weiter unten sehen. Die
wesentlichen Erscheinungen des Wachsthums und also auch
die dabei thätigen Grundkräfte sind gleich. Weshalb es
nun aber im Zellgewebe zu einer Gefässbildung kommt,
während diese im Epithelium nicht Statt findet, dies ist eine
Frage, die ebenfalls weiter unten zur Sprache kom-
men muss.

Blutgefäſse keinen wesentlichen Unterschied in dem Wachs-
thume der Elementartheile begründet. Denn diese Klasse
gehört schon zu den vollständig organisirten Geweben,
und das Zellgewebe ist sogar sehr reich an Gefäſsen. Man
sagte früher, die nicht organisirten Gewebe wachsen durch
Appositio, die organisirten durch Intussusceptio. Es wurde
schon oben S. 108 über diesen Unterschied gesprochen. Er
ist in so fern richtig, als die jungen Zellen sich bei den nicht
organisirten Geweben nicht in der ganzen Dicke der Ge-
webe, sondern nur in der Nähe derjenigen Oberfläche bil-
den, wo sie mit der gefäſshaltigen Substanz in Berührung
stehen und wo sie deshalb das frischeste Cytoblastem er-
halten. Fällt nun aber dieser Unterschied zwischen der
Oberfläche und dem Parenchym des Gewebes weg, indem
die Blutgefäſse durch die ganze Dicke desselben verbreitet
sind, so entstehen auch die jungen Zellen in der ganzen
Dicke des Gewebes, und so ist es beim Zellgewebe. Der
primäre Unterschied liegt also bloſs in der Abwesenheit
oder Anwesenheit der Gefäſse, und die Verschiedenheit
des Ortes der Bildung der neuen Zellen ist nur eine se-
kundäre. Die Elementartheile wachsen in beiden Fällen
und durch dieselben Kräfte. Inwiefern die Anwesenheit
der Gefäſse gewisse, beim Wachsthum vorkommende Pro-
zesse erleichtert, werden wir weiter unten sehen. Die
wesentlichen Erscheinungen des Wachsthums und also auch
die dabei thätigen Grundkräfte sind gleich. Weshalb es
nun aber im Zellgewebe zu einer Gefäſsbildung kommt,
während diese im Epithelium nicht Statt findet, dies ist eine
Frage, die ebenfalls weiter unten zur Sprache kom-
men muſs.

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[154/0178] Blutgefäſse keinen wesentlichen Unterschied in dem Wachs- thume der Elementartheile begründet. Denn diese Klasse gehört schon zu den vollständig organisirten Geweben, und das Zellgewebe ist sogar sehr reich an Gefäſsen. Man sagte früher, die nicht organisirten Gewebe wachsen durch Appositio, die organisirten durch Intussusceptio. Es wurde schon oben S. 108 über diesen Unterschied gesprochen. Er ist in so fern richtig, als die jungen Zellen sich bei den nicht organisirten Geweben nicht in der ganzen Dicke der Ge- webe, sondern nur in der Nähe derjenigen Oberfläche bil- den, wo sie mit der gefäſshaltigen Substanz in Berührung stehen und wo sie deshalb das frischeste Cytoblastem er- halten. Fällt nun aber dieser Unterschied zwischen der Oberfläche und dem Parenchym des Gewebes weg, indem die Blutgefäſse durch die ganze Dicke desselben verbreitet sind, so entstehen auch die jungen Zellen in der ganzen Dicke des Gewebes, und so ist es beim Zellgewebe. Der primäre Unterschied liegt also bloſs in der Abwesenheit oder Anwesenheit der Gefäſse, und die Verschiedenheit des Ortes der Bildung der neuen Zellen ist nur eine se- kundäre. Die Elementartheile wachsen in beiden Fällen und durch dieselben Kräfte. Inwiefern die Anwesenheit der Gefäſse gewisse, beim Wachsthum vorkommende Pro- zesse erleichtert, werden wir weiter unten sehen. Die wesentlichen Erscheinungen des Wachsthums und also auch die dabei thätigen Grundkräfte sind gleich. Weshalb es nun aber im Zellgewebe zu einer Gefäſsbildung kommt, während diese im Epithelium nicht Statt findet, dies ist eine Frage, die ebenfalls weiter unten zur Sprache kom- men muſs.

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Zitationshilfe: Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/178>, abgerufen am 25.04.2024.