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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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B. Zweiter (spezieller) Teil.
7. Kapitel. Holzzölle.

§ 5. Geschichte der deutschen Holzzölle. Holzzölle wurden bereits
im Mittelalter erhoben und trafen hauptsächlich den Flossverkehr. Sie
trugen einen ausschliesslich finanziellen Charakter.

Seit dem 16. Jahrhunderte kam als neues Motiv für die Zollpolitik
die Furcht vor Holznot in Betracht. Sie führte hier zu Ausfuhr-
zöllen (Holzzehent) und sogar zu Ausfuhrverboten.

Einen wesentlich veränderten Charakter erhielt die Zollpolitik durch
die Ausbildung des Merkantilismus, welcher der einheimischen
Industrie den Bezug der nötigen Rohprodukte, unter welche auch das
Holz gerechnet wurde, zu den günstigsten Bedingungen sichern wollte.

Da diese Rohprodukte, soweit irgend möglich, im Inlande erzeugt
werden sollten, um zu verhüten, dass hierfür Geld ausser Landes ging,
so führte die merkantilistische Wirtschaftspolitik bezüglich des Holz-
handels einerseits ebenfalls zu Ausfuhrzöllen und Ausfuhrverboten, sowie
anderseits auch zu Eingangszöllen.

An diese Verhältnisse knüpft die Entwickelung der modernen Zoll-
politik an. Das preussische Zollgesetz vom 26. Mai 1818 enthielt neben
Eingangszöllen für Holz auch Ausgangszölle, sowie Durchfuhrzölle.

In Kurhessen war noch 1820 die Holzausfuhr bei 81 Reichsthaler
Strafe untersagt.

Während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gewann die frei-
heitliche Auffassung des Wirtschaftslebens immer mehr an Verbreitung.

Durch die Gründung des deutschen Zollvereines fielen zunächst die
Binnenzölle, während bezüglich des Aussenhandels die Prinzipien des
preussischen Zollgesetzes von 1818 mit einigen Modifikationen der Zoll-
sätze bestehen blieben.

Innerhalb des Zollvereines waren seit 1842 zwei entgegengesetzte
Strömungen in schutzzöllnerischer und freihändlerischer Richtung fühl-
bar, von denen bald die eine, bald die andere unter den Wechsel-
verhältnissen der wirtschaftlichen Lage das Übergewicht erhielt und in
den periodischen Tarifgesetzen mehr oder weniger zum Ausdrucke ge-
langte, bis die freihändlerische Richtung in dem Zolltarifgesetze vom
1. Mai 1865 und in dessen Ergänzung vom 17. Juni 1865 über das bis
dahin vorherrschend in Geltung gebliebene Schutzsystem einen ent-
scheidenden Sieg errang. Seit dem 1. Juli 1865 waren hierdurch nicht
nur die Ausgangszölle, sondern auch die Einfuhrzölle für Bau- und
Nutzholz aller Art (auch gesägt oder auf andere Art vorgearbeitet) in
Wegfall gekommen, eine Bestimmung, welche auch nach Wiederauf-
richtung des Deutschen Reiches für das deutsche Zoll- und Handelsgebiet
in Geltung blieb.

Bis um das Jahr 1860 waren die internationalen Handels-

B. Zweiter (spezieller) Teil.
7. Kapitel. Holzzölle.

§ 5. Geschichte der deutschen Holzzölle. Holzzölle wurden bereits
im Mittelalter erhoben und trafen hauptsächlich den Floſsverkehr. Sie
trugen einen ausschlieſslich finanziellen Charakter.

Seit dem 16. Jahrhunderte kam als neues Motiv für die Zollpolitik
die Furcht vor Holznot in Betracht. Sie führte hier zu Ausfuhr-
zöllen (Holzzehent) und sogar zu Ausfuhrverboten.

Einen wesentlich veränderten Charakter erhielt die Zollpolitik durch
die Ausbildung des Merkantilismus, welcher der einheimischen
Industrie den Bezug der nötigen Rohprodukte, unter welche auch das
Holz gerechnet wurde, zu den günstigsten Bedingungen sichern wollte.

Da diese Rohprodukte, soweit irgend möglich, im Inlande erzeugt
werden sollten, um zu verhüten, daſs hierfür Geld auſser Landes ging,
so führte die merkantilistische Wirtschaftspolitik bezüglich des Holz-
handels einerseits ebenfalls zu Ausfuhrzöllen und Ausfuhrverboten, sowie
anderseits auch zu Eingangszöllen.

An diese Verhältnisse knüpft die Entwickelung der modernen Zoll-
politik an. Das preuſsische Zollgesetz vom 26. Mai 1818 enthielt neben
Eingangszöllen für Holz auch Ausgangszölle, sowie Durchfuhrzölle.

In Kurhessen war noch 1820 die Holzausfuhr bei 81 Reichsthaler
Strafe untersagt.

Während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gewann die frei-
heitliche Auffassung des Wirtschaftslebens immer mehr an Verbreitung.

Durch die Gründung des deutschen Zollvereines fielen zunächst die
Binnenzölle, während bezüglich des Auſsenhandels die Prinzipien des
preuſsischen Zollgesetzes von 1818 mit einigen Modifikationen der Zoll-
sätze bestehen blieben.

Innerhalb des Zollvereines waren seit 1842 zwei entgegengesetzte
Strömungen in schutzzöllnerischer und freihändlerischer Richtung fühl-
bar, von denen bald die eine, bald die andere unter den Wechsel-
verhältnissen der wirtschaftlichen Lage das Übergewicht erhielt und in
den periodischen Tarifgesetzen mehr oder weniger zum Ausdrucke ge-
langte, bis die freihändlerische Richtung in dem Zolltarifgesetze vom
1. Mai 1865 und in dessen Ergänzung vom 17. Juni 1865 über das bis
dahin vorherrschend in Geltung gebliebene Schutzsystem einen ent-
scheidenden Sieg errang. Seit dem 1. Juli 1865 waren hierdurch nicht
nur die Ausgangszölle, sondern auch die Einfuhrzölle für Bau- und
Nutzholz aller Art (auch gesägt oder auf andere Art vorgearbeitet) in
Wegfall gekommen, eine Bestimmung, welche auch nach Wiederauf-
richtung des Deutschen Reiches für das deutsche Zoll- und Handelsgebiet
in Geltung blieb.

Bis um das Jahr 1860 waren die internationalen Handels-

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[156/0174] B. Zweiter (spezieller) Teil. 7. Kapitel. Holzzölle. § 5. Geschichte der deutschen Holzzölle. Holzzölle wurden bereits im Mittelalter erhoben und trafen hauptsächlich den Floſsverkehr. Sie trugen einen ausschlieſslich finanziellen Charakter. Seit dem 16. Jahrhunderte kam als neues Motiv für die Zollpolitik die Furcht vor Holznot in Betracht. Sie führte hier zu Ausfuhr- zöllen (Holzzehent) und sogar zu Ausfuhrverboten. Einen wesentlich veränderten Charakter erhielt die Zollpolitik durch die Ausbildung des Merkantilismus, welcher der einheimischen Industrie den Bezug der nötigen Rohprodukte, unter welche auch das Holz gerechnet wurde, zu den günstigsten Bedingungen sichern wollte. Da diese Rohprodukte, soweit irgend möglich, im Inlande erzeugt werden sollten, um zu verhüten, daſs hierfür Geld auſser Landes ging, so führte die merkantilistische Wirtschaftspolitik bezüglich des Holz- handels einerseits ebenfalls zu Ausfuhrzöllen und Ausfuhrverboten, sowie anderseits auch zu Eingangszöllen. An diese Verhältnisse knüpft die Entwickelung der modernen Zoll- politik an. Das preuſsische Zollgesetz vom 26. Mai 1818 enthielt neben Eingangszöllen für Holz auch Ausgangszölle, sowie Durchfuhrzölle. In Kurhessen war noch 1820 die Holzausfuhr bei 81 Reichsthaler Strafe untersagt. Während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gewann die frei- heitliche Auffassung des Wirtschaftslebens immer mehr an Verbreitung. Durch die Gründung des deutschen Zollvereines fielen zunächst die Binnenzölle, während bezüglich des Auſsenhandels die Prinzipien des preuſsischen Zollgesetzes von 1818 mit einigen Modifikationen der Zoll- sätze bestehen blieben. Innerhalb des Zollvereines waren seit 1842 zwei entgegengesetzte Strömungen in schutzzöllnerischer und freihändlerischer Richtung fühl- bar, von denen bald die eine, bald die andere unter den Wechsel- verhältnissen der wirtschaftlichen Lage das Übergewicht erhielt und in den periodischen Tarifgesetzen mehr oder weniger zum Ausdrucke ge- langte, bis die freihändlerische Richtung in dem Zolltarifgesetze vom 1. Mai 1865 und in dessen Ergänzung vom 17. Juni 1865 über das bis dahin vorherrschend in Geltung gebliebene Schutzsystem einen ent- scheidenden Sieg errang. Seit dem 1. Juli 1865 waren hierdurch nicht nur die Ausgangszölle, sondern auch die Einfuhrzölle für Bau- und Nutzholz aller Art (auch gesägt oder auf andere Art vorgearbeitet) in Wegfall gekommen, eine Bestimmung, welche auch nach Wiederauf- richtung des Deutschen Reiches für das deutsche Zoll- und Handelsgebiet in Geltung blieb. Bis um das Jahr 1860 waren die internationalen Handels-

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/174>, abgerufen am 29.03.2024.