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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege.
strengem Froste Holz herausgebracht werden konnte und welche erst
seit etwa zehn Jahren durch Kunststrassen allmählich aufgeschlossen
werden.

Ein anderes für den internationalen Holzhandel bedeutungsvolles
Beispiel bilden die russischen Waldungen im Weichselgebiete, aus denen
ein Holzabsatz nur möglich ist, wenn das Material auf Schlitten zum
Wasser gebracht und dann auf der Weichsel verflösst werden kann.
Milde, schneearme Winter und Sommer mit niedrigem Wasserstande
drücken den Ertrag der betreffenden Jahre ganz gewaltig.

Umgekehrt sind zahlreiche Fälle bekannt, in denen durch den Bau
eines Weges oder einer Eisenbahnlinie die Rente von Waldungen plötz-
lich um ein Vielfaches erhöht worden ist.

Die Förderung und Pflege des Holztransportwesens bildet daher
eine wichtige Aufgabe der Forstpolitik. Die hierfür zu ergreifenden
Massregeln sind verschieden nach den Methoden des Holztransportes.

Der Transport des Holzes vom Fällungsorte zum Konsumtionsplatze
findet in folgenden Formen statt:

1. durch Riesen, d. h. durch Vorrichtungen, welche die gleitende
Reibung vermindern (Erdriesen, Holzriesen, Wasserriesen);

2. auf Landwegen verschiedener Ordnung;

3. auf Wasserstrassen. Die Holzstücke werden hier a) lose und
einzeln, oder wenn auch verbunden, so doch ohne besondere Leitung
der Strömung überlassen, transportiert (getriftet), b) in regelmässigen
Verbänden (Flössen) vereinigt und durch die auf ihnen befindlichen Ar-
beiter geleitet (geflösst), c) in Schiffsgefässen befördert;

4. auf Eisenbahnen.

Bis zur Erreichung der öffentlichen Transportanstalten ist der Holz-
transport, oder doch wenigstens die Vorsorge für denselben, Sache des
Waldeigentümers, welcher hierfür je nach der Ausdehnung des Besitzes
und je nach den Terrainverhältnissen sämtliche genannten Transport-
anstalten anlegen und benutzen kann.

Das Streben der Waldbesitzer geht dahin, den von ihnen herzu-
stellenden Teil der Transportanstalten soviel als möglich zu verringern
und so rasch als möglich öffentliche Wegeverbindungen höherer Ord-
nung zu erreichen, weil diese nicht nur den Transport mehr er-
leichtern, sondern dem Waldbesitzer höchstens mehr oder minder reich-
liche Zuschüsse für die Anlage, dagegen nur ausnahmsweise ständige
Unterhaltungskosten verursachen.

Die Einwirkung des Staates auf das Holztransportwesen ist sehr
verschieden, je nachdem die betreffenden Anlagen Eigentum des Wald-
besitzers oder einer dritten Person sind.

Im ersten Falle liegt es der Staatsverwaltung ob, einerseits dem
Waldeigentümer die Herstellung solcher Anstalten zu ermöglichen und

I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege.
strengem Froste Holz herausgebracht werden konnte und welche erst
seit etwa zehn Jahren durch Kunststraſsen allmählich aufgeschlossen
werden.

Ein anderes für den internationalen Holzhandel bedeutungsvolles
Beispiel bilden die russischen Waldungen im Weichselgebiete, aus denen
ein Holzabsatz nur möglich ist, wenn das Material auf Schlitten zum
Wasser gebracht und dann auf der Weichsel verflöſst werden kann.
Milde, schneearme Winter und Sommer mit niedrigem Wasserstande
drücken den Ertrag der betreffenden Jahre ganz gewaltig.

Umgekehrt sind zahlreiche Fälle bekannt, in denen durch den Bau
eines Weges oder einer Eisenbahnlinie die Rente von Waldungen plötz-
lich um ein Vielfaches erhöht worden ist.

Die Förderung und Pflege des Holztransportwesens bildet daher
eine wichtige Aufgabe der Forstpolitik. Die hierfür zu ergreifenden
Maſsregeln sind verschieden nach den Methoden des Holztransportes.

Der Transport des Holzes vom Fällungsorte zum Konsumtionsplatze
findet in folgenden Formen statt:

1. durch Riesen, d. h. durch Vorrichtungen, welche die gleitende
Reibung vermindern (Erdriesen, Holzriesen, Wasserriesen);

2. auf Landwegen verschiedener Ordnung;

3. auf Wasserstraſsen. Die Holzstücke werden hier a) lose und
einzeln, oder wenn auch verbunden, so doch ohne besondere Leitung
der Strömung überlassen, transportiert (getriftet), b) in regelmäſsigen
Verbänden (Flöſsen) vereinigt und durch die auf ihnen befindlichen Ar-
beiter geleitet (geflöſst), c) in Schiffsgefäſsen befördert;

4. auf Eisenbahnen.

Bis zur Erreichung der öffentlichen Transportanstalten ist der Holz-
transport, oder doch wenigstens die Vorsorge für denselben, Sache des
Waldeigentümers, welcher hierfür je nach der Ausdehnung des Besitzes
und je nach den Terrainverhältnissen sämtliche genannten Transport-
anstalten anlegen und benutzen kann.

Das Streben der Waldbesitzer geht dahin, den von ihnen herzu-
stellenden Teil der Transportanstalten soviel als möglich zu verringern
und so rasch als möglich öffentliche Wegeverbindungen höherer Ord-
nung zu erreichen, weil diese nicht nur den Transport mehr er-
leichtern, sondern dem Waldbesitzer höchstens mehr oder minder reich-
liche Zuschüsse für die Anlage, dagegen nur ausnahmsweise ständige
Unterhaltungskosten verursachen.

Die Einwirkung des Staates auf das Holztransportwesen ist sehr
verschieden, je nachdem die betreffenden Anlagen Eigentum des Wald-
besitzers oder einer dritten Person sind.

Im ersten Falle liegt es der Staatsverwaltung ob, einerseits dem
Waldeigentümer die Herstellung solcher Anstalten zu ermöglichen und

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[141/0159] I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege. strengem Froste Holz herausgebracht werden konnte und welche erst seit etwa zehn Jahren durch Kunststraſsen allmählich aufgeschlossen werden. Ein anderes für den internationalen Holzhandel bedeutungsvolles Beispiel bilden die russischen Waldungen im Weichselgebiete, aus denen ein Holzabsatz nur möglich ist, wenn das Material auf Schlitten zum Wasser gebracht und dann auf der Weichsel verflöſst werden kann. Milde, schneearme Winter und Sommer mit niedrigem Wasserstande drücken den Ertrag der betreffenden Jahre ganz gewaltig. Umgekehrt sind zahlreiche Fälle bekannt, in denen durch den Bau eines Weges oder einer Eisenbahnlinie die Rente von Waldungen plötz- lich um ein Vielfaches erhöht worden ist. Die Förderung und Pflege des Holztransportwesens bildet daher eine wichtige Aufgabe der Forstpolitik. Die hierfür zu ergreifenden Maſsregeln sind verschieden nach den Methoden des Holztransportes. Der Transport des Holzes vom Fällungsorte zum Konsumtionsplatze findet in folgenden Formen statt: 1. durch Riesen, d. h. durch Vorrichtungen, welche die gleitende Reibung vermindern (Erdriesen, Holzriesen, Wasserriesen); 2. auf Landwegen verschiedener Ordnung; 3. auf Wasserstraſsen. Die Holzstücke werden hier a) lose und einzeln, oder wenn auch verbunden, so doch ohne besondere Leitung der Strömung überlassen, transportiert (getriftet), b) in regelmäſsigen Verbänden (Flöſsen) vereinigt und durch die auf ihnen befindlichen Ar- beiter geleitet (geflöſst), c) in Schiffsgefäſsen befördert; 4. auf Eisenbahnen. Bis zur Erreichung der öffentlichen Transportanstalten ist der Holz- transport, oder doch wenigstens die Vorsorge für denselben, Sache des Waldeigentümers, welcher hierfür je nach der Ausdehnung des Besitzes und je nach den Terrainverhältnissen sämtliche genannten Transport- anstalten anlegen und benutzen kann. Das Streben der Waldbesitzer geht dahin, den von ihnen herzu- stellenden Teil der Transportanstalten soviel als möglich zu verringern und so rasch als möglich öffentliche Wegeverbindungen höherer Ord- nung zu erreichen, weil diese nicht nur den Transport mehr er- leichtern, sondern dem Waldbesitzer höchstens mehr oder minder reich- liche Zuschüsse für die Anlage, dagegen nur ausnahmsweise ständige Unterhaltungskosten verursachen. Die Einwirkung des Staates auf das Holztransportwesen ist sehr verschieden, je nachdem die betreffenden Anlagen Eigentum des Wald- besitzers oder einer dritten Person sind. Im ersten Falle liegt es der Staatsverwaltung ob, einerseits dem Waldeigentümer die Herstellung solcher Anstalten zu ermöglichen und

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/159>, abgerufen am 29.03.2024.