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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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I. Abschnitt. Die Binnenfischerei.
I. Abschnitt. Die Binnenfischerei.
1. Kapitel. Fischereirecht und Fischereipolizei.

§ 1. Das Fischereirecht. Wie die Jagd, so gehörte auch die Fischerei
ursprünglich zu den Allmendenutzungen, von denen jeder Markgenosse
beliebigen Gebrauch machen konnte. Jagd und Fischerei hatten bezüg-
lich der weiteren rechtlichen Entwicklung das gemeinsame Schicksal,
dass die grossen und ertragreichen Flächen allmählich der alleinigen
Nutzung der Landesherren oder einzelner Grossgrundbesitzer vorbehalten
wurden.

Wie die grossen Waldungen zu Bannforsten erklärt wurden und
sich späterhin in der früher geschilderten Weise das Jagdrecht ent-
wickelte, so wurden schon frühzeitig die fischreichen grösseren Gewässer
als Bannwässer bezeichnet. Hieraus und in Verbindung mit dem Auf-
sichtsrechte, welches die Landesherren zum Zwecke der Regelung des
Verkehrs auf den schiff- und flossbaren Gewässern ausübten, bildete sich
allmählich der Begriff eines die Fischereinutzung in sich schliessenden
Hoheitsrechtes aus. In ähnlicher Weise wie bei der Jagd strebten auch
bezüglich der Fischerei die Landesherren in bald mehr, bald minder
erfolgreicher Weise nach weiterer Ausdehnung des Nutzungsrechts
auf die nicht öffentlichen Gewässer, woraus schliesslich, begünstigt
durch die Veränderungen der rechtlichen Auffassungen, der Begriff eines
niederen oder nutzbaren Fischereiregals entstand, welches die
Landesherren aber ebensowenig wie das Jagdregal überall durchzu-
führen vermochten.

Da die Landesherren das ihnen zustehende Fischereirecht noch
weniger in seinem vollen Umfange auszuüben vermochten, als das Jagd-
recht, so verliehen sie oft bedeutende Teile desselben an Grundherren,
Klöster, Mühlen u. s. w.

Für die Entwicklung des Fischereirechts war auch die Rezeption
des römischen Rechts von Bedeutung, indem sich gemäss der An-
schauung, dass bei nichtöffentlichen Gewässern den an dieselben stossen-
den Grundeigentümern ein Eigentumsrecht an Wasser und Bett zustehe,
in verschiedenen Gegenden ein umfangreiches Fischereirecht der Adja-
zenten
ausgebildet hat.

Infolge dieser Entwicklung sind die fischereirechtlichen Verhält-
nisse, und zwar häufig selbst bezüglich des gleichen Wasserlaufes, ausser-
ordentlich bunt. Regalität, guts- und grundherrliche Verhältnisse, Pri-
vileg, landesherrliche und obrigkeitliche Verleihung, Gemeindeverband,
Eigentum am Gewässer und dessen Bett selbst, Erwerbung des
Fischereirechtes in einem fremden Gewässer durch Ersitzung, Ver-
jährung u. s. w. bilden die zu Grunde liegenden Rechtstitel.


I. Abschnitt. Die Binnenfischerei.
I. Abschnitt. Die Binnenfischerei.
1. Kapitel. Fischereirecht und Fischereipolizei.

§ 1. Das Fischereirecht. Wie die Jagd, so gehörte auch die Fischerei
ursprünglich zu den Allmendenutzungen, von denen jeder Markgenosse
beliebigen Gebrauch machen konnte. Jagd und Fischerei hatten bezüg-
lich der weiteren rechtlichen Entwicklung das gemeinsame Schicksal,
daſs die groſsen und ertragreichen Flächen allmählich der alleinigen
Nutzung der Landesherren oder einzelner Groſsgrundbesitzer vorbehalten
wurden.

Wie die groſsen Waldungen zu Bannforsten erklärt wurden und
sich späterhin in der früher geschilderten Weise das Jagdrecht ent-
wickelte, so wurden schon frühzeitig die fischreichen gröſseren Gewässer
als Bannwässer bezeichnet. Hieraus und in Verbindung mit dem Auf-
sichtsrechte, welches die Landesherren zum Zwecke der Regelung des
Verkehrs auf den schiff- und floſsbaren Gewässern ausübten, bildete sich
allmählich der Begriff eines die Fischereinutzung in sich schlieſsenden
Hoheitsrechtes aus. In ähnlicher Weise wie bei der Jagd strebten auch
bezüglich der Fischerei die Landesherren in bald mehr, bald minder
erfolgreicher Weise nach weiterer Ausdehnung des Nutzungsrechts
auf die nicht öffentlichen Gewässer, woraus schlieſslich, begünstigt
durch die Veränderungen der rechtlichen Auffassungen, der Begriff eines
niederen oder nutzbaren Fischereiregals entstand, welches die
Landesherren aber ebensowenig wie das Jagdregal überall durchzu-
führen vermochten.

Da die Landesherren das ihnen zustehende Fischereirecht noch
weniger in seinem vollen Umfange auszuüben vermochten, als das Jagd-
recht, so verliehen sie oft bedeutende Teile desselben an Grundherren,
Klöster, Mühlen u. s. w.

Für die Entwicklung des Fischereirechts war auch die Rezeption
des römischen Rechts von Bedeutung, indem sich gemäſs der An-
schauung, daſs bei nichtöffentlichen Gewässern den an dieselben stoſsen-
den Grundeigentümern ein Eigentumsrecht an Wasser und Bett zustehe,
in verschiedenen Gegenden ein umfangreiches Fischereirecht der Adja-
zenten
ausgebildet hat.

Infolge dieser Entwicklung sind die fischereirechtlichen Verhält-
nisse, und zwar häufig selbst bezüglich des gleichen Wasserlaufes, auſser-
ordentlich bunt. Regalität, guts- und grundherrliche Verhältnisse, Pri-
vileg, landesherrliche und obrigkeitliche Verleihung, Gemeindeverband,
Eigentum am Gewässer und dessen Bett selbst, Erwerbung des
Fischereirechtes in einem fremden Gewässer durch Ersitzung, Ver-
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[333/0351] I. Abschnitt. Die Binnenfischerei. I. Abschnitt. Die Binnenfischerei. 1. Kapitel. Fischereirecht und Fischereipolizei. § 1. Das Fischereirecht. Wie die Jagd, so gehörte auch die Fischerei ursprünglich zu den Allmendenutzungen, von denen jeder Markgenosse beliebigen Gebrauch machen konnte. Jagd und Fischerei hatten bezüg- lich der weiteren rechtlichen Entwicklung das gemeinsame Schicksal, daſs die groſsen und ertragreichen Flächen allmählich der alleinigen Nutzung der Landesherren oder einzelner Groſsgrundbesitzer vorbehalten wurden. Wie die groſsen Waldungen zu Bannforsten erklärt wurden und sich späterhin in der früher geschilderten Weise das Jagdrecht ent- wickelte, so wurden schon frühzeitig die fischreichen gröſseren Gewässer als Bannwässer bezeichnet. Hieraus und in Verbindung mit dem Auf- sichtsrechte, welches die Landesherren zum Zwecke der Regelung des Verkehrs auf den schiff- und floſsbaren Gewässern ausübten, bildete sich allmählich der Begriff eines die Fischereinutzung in sich schlieſsenden Hoheitsrechtes aus. In ähnlicher Weise wie bei der Jagd strebten auch bezüglich der Fischerei die Landesherren in bald mehr, bald minder erfolgreicher Weise nach weiterer Ausdehnung des Nutzungsrechts auf die nicht öffentlichen Gewässer, woraus schlieſslich, begünstigt durch die Veränderungen der rechtlichen Auffassungen, der Begriff eines niederen oder nutzbaren Fischereiregals entstand, welches die Landesherren aber ebensowenig wie das Jagdregal überall durchzu- führen vermochten. Da die Landesherren das ihnen zustehende Fischereirecht noch weniger in seinem vollen Umfange auszuüben vermochten, als das Jagd- recht, so verliehen sie oft bedeutende Teile desselben an Grundherren, Klöster, Mühlen u. s. w. Für die Entwicklung des Fischereirechts war auch die Rezeption des römischen Rechts von Bedeutung, indem sich gemäſs der An- schauung, daſs bei nichtöffentlichen Gewässern den an dieselben stoſsen- den Grundeigentümern ein Eigentumsrecht an Wasser und Bett zustehe, in verschiedenen Gegenden ein umfangreiches Fischereirecht der Adja- zenten ausgebildet hat. Infolge dieser Entwicklung sind die fischereirechtlichen Verhält- nisse, und zwar häufig selbst bezüglich des gleichen Wasserlaufes, auſser- ordentlich bunt. Regalität, guts- und grundherrliche Verhältnisse, Pri- vileg, landesherrliche und obrigkeitliche Verleihung, Gemeindeverband, Eigentum am Gewässer und dessen Bett selbst, Erwerbung des Fischereirechtes in einem fremden Gewässer durch Ersitzung, Ver- jährung u. s. w. bilden die zu Grunde liegenden Rechtstitel.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/351>, abgerufen am 28.03.2024.