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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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I. Abschnitt. Die Binnenfischerei.

Nach den heutigen Verhältnissen steht im allgemeinen die Fischerei
in den öffentlichen (schiff- und flossbaren) Gewässern meist dem Staate,
jene in privaten Gewässern den Adjazenten oder der Gemarkungs-
gemeinde zu. In Oesterreich besteht dieser Unterschied der öffentlichen
und privaten Gewässer bezüglich des Fischereirechts 1) nicht. Von
der alten Gemeindenutzung sind nur noch örtlich und sachlich ver-
einzelte Spuren übrig geblieben.

Die freie und wilde Fischerei, bei der jedem Angehörigen einer
Gemeinde das Recht des Fischfangs zusteht, ist wohl allenthalben voll-
ständig beseitigt.

Ein Rest hiervon findet sich im französischen Rechte, ebenso auch
in Hessen; hier ist es jedermann gestattet, mit der schwimmenden
Handangel in gewissen Gewässern (Strömen, Flüssen und Kanälen,
welche schiffbar oder flössbar und vom Staate oder dessen Rechtsnach-
folger unterhalten sind) zu fischen.

Das gleichzeitige Bestehen mehrerer Fischereiberechtigungen an
dem nämlichen Gewässer wird Koppelfischerei genannt. Diese
hat sehr bedenkliche Seiten, weil die Zahl der Berechtigungen meist
im Verhältnisse zur Wasserfläche zu gross ist und sich im Laufe der
Zeit durch Teilung oft ganz abnorme Zustände entwickelt haben.

Im öffentlichen fischereiwirtschaftlichen Interesse liegt es, dass auf
einer Wasserstrecke möglichst wenig Berechtigte konkurrieren, und es
muss daher vielfach im Wege der Gesetzgebung eine Änderung jener
Fischereiberechtigungen erstrebt werden, welche einer verständigen
Hege und Pflege der Fischwässer entgegenstehen.


1) Bezüglich des Fischereirechtes ist für die grösseren deutschen Staaten
folgendes zu bemerken: In den öffentlichen Gewässern steht das Fischereirecht grund-
sätzlich dem Staate zu, indessen finden sich doch auch Ausnahmen, so in Preussen
zu Gunsten der Anstösser und sonstiger Berechtigter, dgl. in Bayern. Auf den nicht
öffentlichen Gewässern bildet in Preussen die Adjazentenfischerei die Regel, daneben
bestehen sonstige nicht mit dem Grundbesitze verknüpfte Fischereiberechtigungen;
dagegen ist der sogen. freie Fischfang zu Gunsten der Gemeinde beseitigt. In
Bayern übt der Eigentümer oder der Anstösser das Fischereirecht, in Sachsen
die Gutsherrschaft (Oberlausitz), in den Elblanden die Adjazenten, in Baden die
Markungsgemeinde.
In Oesterreich wurde durch das Reichsgesetz vom 25. April 1888 der freie
Fischfang unter Zuerkennung einer Entschädigung an die berufsmässigen Fischer
aufgehoben, das Fischereirecht in den künstlichen Wasseransammlungen und Gerinnen
dem Besitzer eingeräumt und im übrigen die Regelung des Fischereirechtes der
Landesgesetzgebung überlassen, wobei als Ziel die Bildung von Revieren zum
Zwecke einer nachhaltigen Fischereiausübung bezeichnet wurde. Durch die Landes-
gesetzgebung wurde das Fischereirecht überwiesen: in Galizien der Gemeinde bezw.
dem Gutseigentümer, in Krain dem Lande, dgl. in Salzburg, Oesterreich unter der Enns.
In Ungarn ist das Fischereirecht ein Ausfluss des Grundeigentumes.
In Belgien und Frankreich steht in den öffentlichen Gewässern das Fischerei-
recht dem Staate zu, in den nichtöffentlichen Gewässern den Adjazenten.
I. Abschnitt. Die Binnenfischerei.

Nach den heutigen Verhältnissen steht im allgemeinen die Fischerei
in den öffentlichen (schiff- und floſsbaren) Gewässern meist dem Staate,
jene in privaten Gewässern den Adjazenten oder der Gemarkungs-
gemeinde zu. In Oesterreich besteht dieser Unterschied der öffentlichen
und privaten Gewässer bezüglich des Fischereirechts 1) nicht. Von
der alten Gemeindenutzung sind nur noch örtlich und sachlich ver-
einzelte Spuren übrig geblieben.

Die freie und wilde Fischerei, bei der jedem Angehörigen einer
Gemeinde das Recht des Fischfangs zusteht, ist wohl allenthalben voll-
ständig beseitigt.

Ein Rest hiervon findet sich im französischen Rechte, ebenso auch
in Hessen; hier ist es jedermann gestattet, mit der schwimmenden
Handangel in gewissen Gewässern (Strömen, Flüssen und Kanälen,
welche schiffbar oder flöſsbar und vom Staate oder dessen Rechtsnach-
folger unterhalten sind) zu fischen.

Das gleichzeitige Bestehen mehrerer Fischereiberechtigungen an
dem nämlichen Gewässer wird Koppelfischerei genannt. Diese
hat sehr bedenkliche Seiten, weil die Zahl der Berechtigungen meist
im Verhältnisse zur Wasserfläche zu groſs ist und sich im Laufe der
Zeit durch Teilung oft ganz abnorme Zustände entwickelt haben.

Im öffentlichen fischereiwirtschaftlichen Interesse liegt es, daſs auf
einer Wasserstrecke möglichst wenig Berechtigte konkurrieren, und es
muſs daher vielfach im Wege der Gesetzgebung eine Änderung jener
Fischereiberechtigungen erstrebt werden, welche einer verständigen
Hege und Pflege der Fischwässer entgegenstehen.


1) Bezüglich des Fischereirechtes ist für die gröſseren deutschen Staaten
folgendes zu bemerken: In den öffentlichen Gewässern steht das Fischereirecht grund-
sätzlich dem Staate zu, indessen finden sich doch auch Ausnahmen, so in Preuſsen
zu Gunsten der Anstöſser und sonstiger Berechtigter, dgl. in Bayern. Auf den nicht
öffentlichen Gewässern bildet in Preuſsen die Adjazentenfischerei die Regel, daneben
bestehen sonstige nicht mit dem Grundbesitze verknüpfte Fischereiberechtigungen;
dagegen ist der sogen. freie Fischfang zu Gunsten der Gemeinde beseitigt. In
Bayern übt der Eigentümer oder der Anstöſser das Fischereirecht, in Sachsen
die Gutsherrschaft (Oberlausitz), in den Elblanden die Adjazenten, in Baden die
Markungsgemeinde.
In Oesterreich wurde durch das Reichsgesetz vom 25. April 1888 der freie
Fischfang unter Zuerkennung einer Entschädigung an die berufsmäſsigen Fischer
aufgehoben, das Fischereirecht in den künstlichen Wasseransammlungen und Gerinnen
dem Besitzer eingeräumt und im übrigen die Regelung des Fischereirechtes der
Landesgesetzgebung überlassen, wobei als Ziel die Bildung von Revieren zum
Zwecke einer nachhaltigen Fischereiausübung bezeichnet wurde. Durch die Landes-
gesetzgebung wurde das Fischereirecht überwiesen: in Galizien der Gemeinde bezw.
dem Gutseigentümer, in Krain dem Lande, dgl. in Salzburg, Oesterreich unter der Enns.
In Ungarn ist das Fischereirecht ein Ausfluſs des Grundeigentumes.
In Belgien und Frankreich steht in den öffentlichen Gewässern das Fischerei-
recht dem Staate zu, in den nichtöffentlichen Gewässern den Adjazenten.
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[334/0352] I. Abschnitt. Die Binnenfischerei. Nach den heutigen Verhältnissen steht im allgemeinen die Fischerei in den öffentlichen (schiff- und floſsbaren) Gewässern meist dem Staate, jene in privaten Gewässern den Adjazenten oder der Gemarkungs- gemeinde zu. In Oesterreich besteht dieser Unterschied der öffentlichen und privaten Gewässer bezüglich des Fischereirechts 1) nicht. Von der alten Gemeindenutzung sind nur noch örtlich und sachlich ver- einzelte Spuren übrig geblieben. Die freie und wilde Fischerei, bei der jedem Angehörigen einer Gemeinde das Recht des Fischfangs zusteht, ist wohl allenthalben voll- ständig beseitigt. Ein Rest hiervon findet sich im französischen Rechte, ebenso auch in Hessen; hier ist es jedermann gestattet, mit der schwimmenden Handangel in gewissen Gewässern (Strömen, Flüssen und Kanälen, welche schiffbar oder flöſsbar und vom Staate oder dessen Rechtsnach- folger unterhalten sind) zu fischen. Das gleichzeitige Bestehen mehrerer Fischereiberechtigungen an dem nämlichen Gewässer wird Koppelfischerei genannt. Diese hat sehr bedenkliche Seiten, weil die Zahl der Berechtigungen meist im Verhältnisse zur Wasserfläche zu groſs ist und sich im Laufe der Zeit durch Teilung oft ganz abnorme Zustände entwickelt haben. Im öffentlichen fischereiwirtschaftlichen Interesse liegt es, daſs auf einer Wasserstrecke möglichst wenig Berechtigte konkurrieren, und es muſs daher vielfach im Wege der Gesetzgebung eine Änderung jener Fischereiberechtigungen erstrebt werden, welche einer verständigen Hege und Pflege der Fischwässer entgegenstehen. 1) Bezüglich des Fischereirechtes ist für die gröſseren deutschen Staaten folgendes zu bemerken: In den öffentlichen Gewässern steht das Fischereirecht grund- sätzlich dem Staate zu, indessen finden sich doch auch Ausnahmen, so in Preuſsen zu Gunsten der Anstöſser und sonstiger Berechtigter, dgl. in Bayern. Auf den nicht öffentlichen Gewässern bildet in Preuſsen die Adjazentenfischerei die Regel, daneben bestehen sonstige nicht mit dem Grundbesitze verknüpfte Fischereiberechtigungen; dagegen ist der sogen. freie Fischfang zu Gunsten der Gemeinde beseitigt. In Bayern übt der Eigentümer oder der Anstöſser das Fischereirecht, in Sachsen die Gutsherrschaft (Oberlausitz), in den Elblanden die Adjazenten, in Baden die Markungsgemeinde. In Oesterreich wurde durch das Reichsgesetz vom 25. April 1888 der freie Fischfang unter Zuerkennung einer Entschädigung an die berufsmäſsigen Fischer aufgehoben, das Fischereirecht in den künstlichen Wasseransammlungen und Gerinnen dem Besitzer eingeräumt und im übrigen die Regelung des Fischereirechtes der Landesgesetzgebung überlassen, wobei als Ziel die Bildung von Revieren zum Zwecke einer nachhaltigen Fischereiausübung bezeichnet wurde. Durch die Landes- gesetzgebung wurde das Fischereirecht überwiesen: in Galizien der Gemeinde bezw. dem Gutseigentümer, in Krain dem Lande, dgl. in Salzburg, Oesterreich unter der Enns. In Ungarn ist das Fischereirecht ein Ausfluſs des Grundeigentumes. In Belgien und Frankreich steht in den öffentlichen Gewässern das Fischerei- recht dem Staate zu, in den nichtöffentlichen Gewässern den Adjazenten.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/352>, abgerufen am 29.03.2024.