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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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2. Kapitel. Fischereischutz.
Art. 2 des Einführungsgesetzes zum Reichsstrafgesetzbuche aufrecht er-
halten worden ist.

Die unberechtigte Aneignung fremder, in dem Gewahrsam eines
anderen, z. B. in Teichen und Behältern, befindlichen Fische wird als
gemeiner Diebstahl bestraft, der gewöhnliche Fischereifrevel stellt nach
§ 3704 des Reichsstrafgesetzbuchs eine Übertretung dar und steigert
sich unter Umständen (Fischen zur Nachtzeit, bei Fackellicht, Anwen-
dung schädlicher oder explodierender Stoffe) zur Übertretung, welche
nach § 296 des Reichsstrafgesetzbuchs mit Geldstrafe bis zu 600 M.
oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten geahndet wird.

Die weiteren nach den Landesgesetzen zu bestrafenden Verstösse
gegen fischereipolizeiliche Vorschriften sind als Übertretungen höchstens
mit 150 M. Geldstrafe oder sechswöchentlicher Haftstrafe zu belegen.

§ 2. Fischereiverträge. Da viele Gewässer die Gebiete mehrerer
Staaten berühren, so ist eine rationelle Pflege und ein Erfolg der ver-
schiedenen Massregeln des Einzelstaates ohne Unterstützung von seiten
der Nachbarn meist erfolglos.

Am unliebsamsten haben sich diese Verhältnisse bei der Rhein-
lachsfischerei
bemerkbar gemacht, indem die Pflege der Brutstätten
und des Laichgeschäftes des Lachses im Oberlaufe des Rheines erfolgte,
während Holland durch grosse Absperrvorrichtungen (Zegen) und die
teilweise mit Dampfkraft betriebene Zegenfischerei sich den Löwen-
anteil am Ertrage der Lachsfischerei aneignete.

Diese Verhältnisse haben in der Neuzeit zum Abschlusse von zahl-
reichen Fischereiübereinkünften sowie von Fischereiver-
trägen
auf dem Gebiete der Binnenfischerei geführt.

Preussen hat solche in den Jahren 1877--1881 mit Oldenburg, den
thüringischen Staaten, Braunschweig, Anhalt, Lübeck, Bremen, Ham-
burg, beiden Mecklenburg und den sächsischen Fürstentümern verein-
bart. Im Jahre 1885 wurde zu Berlin der Rheinfischereivertrag
zwischen Deutschland, Holland und der Schweiz vom 30. Juni 1885
zur Hebung des Lachsbestandes im Rhein und des Maifischfanges ab-
geschlossen. 1)

Bezüglich der Fischerei auf dem Bodensee bestand bisher ein
förmliches Übereinkommen nur zwischen der Schweiz, Baden und Elsass-
Lothringen vom Jahre 1887, ausserdem haben zwischen allen Ufer-
staaten in den Konferenzen zu Lindau 1881 in Gestalt der Lindauer
Beschlüsse Verständigungen über gewisse Grundsätze bei den fischerei-

1) Durch den Lachsfischereivertrag wurden durchgängig eine Wochenschonzeit
von 24 Stunden, die Einstellung der Zegenfischerei auf die Dauer von zwei Monaten
während der Hauptwanderzeit zu den Laichplätzen (in Holland vom 16. VIII. bis 15. X.
und in Preussen vom 27. VIII. bis 26. X.), sowie gewisse Beschränkungen bezüglich
der Fanggeräte und Fangmethoden vereinbart.
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2. Kapitel. Fischereischutz.
Art. 2 des Einführungsgesetzes zum Reichsstrafgesetzbuche aufrecht er-
halten worden ist.

Die unberechtigte Aneignung fremder, in dem Gewahrsam eines
anderen, z. B. in Teichen und Behältern, befindlichen Fische wird als
gemeiner Diebstahl bestraft, der gewöhnliche Fischereifrevel stellt nach
§ 3704 des Reichsstrafgesetzbuchs eine Übertretung dar und steigert
sich unter Umständen (Fischen zur Nachtzeit, bei Fackellicht, Anwen-
dung schädlicher oder explodierender Stoffe) zur Übertretung, welche
nach § 296 des Reichsstrafgesetzbuchs mit Geldstrafe bis zu 600 M.
oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten geahndet wird.

Die weiteren nach den Landesgesetzen zu bestrafenden Verstöſse
gegen fischereipolizeiliche Vorschriften sind als Übertretungen höchstens
mit 150 M. Geldstrafe oder sechswöchentlicher Haftstrafe zu belegen.

§ 2. Fischereiverträge. Da viele Gewässer die Gebiete mehrerer
Staaten berühren, so ist eine rationelle Pflege und ein Erfolg der ver-
schiedenen Maſsregeln des Einzelstaates ohne Unterstützung von seiten
der Nachbarn meist erfolglos.

Am unliebsamsten haben sich diese Verhältnisse bei der Rhein-
lachsfischerei
bemerkbar gemacht, indem die Pflege der Brutstätten
und des Laichgeschäftes des Lachses im Oberlaufe des Rheines erfolgte,
während Holland durch groſse Absperrvorrichtungen (Zegen) und die
teilweise mit Dampfkraft betriebene Zegenfischerei sich den Löwen-
anteil am Ertrage der Lachsfischerei aneignete.

Diese Verhältnisse haben in der Neuzeit zum Abschlusse von zahl-
reichen Fischereiübereinkünften sowie von Fischereiver-
trägen
auf dem Gebiete der Binnenfischerei geführt.

Preuſsen hat solche in den Jahren 1877—1881 mit Oldenburg, den
thüringischen Staaten, Braunschweig, Anhalt, Lübeck, Bremen, Ham-
burg, beiden Mecklenburg und den sächsischen Fürstentümern verein-
bart. Im Jahre 1885 wurde zu Berlin der Rheinfischereivertrag
zwischen Deutschland, Holland und der Schweiz vom 30. Juni 1885
zur Hebung des Lachsbestandes im Rhein und des Maifischfanges ab-
geschlossen. 1)

Bezüglich der Fischerei auf dem Bodensee bestand bisher ein
förmliches Übereinkommen nur zwischen der Schweiz, Baden und Elsaſs-
Lothringen vom Jahre 1887, auſserdem haben zwischen allen Ufer-
staaten in den Konferenzen zu Lindau 1881 in Gestalt der Lindauer
Beschlüsse Verständigungen über gewisse Grundsätze bei den fischerei-

1) Durch den Lachsfischereivertrag wurden durchgängig eine Wochenschonzeit
von 24 Stunden, die Einstellung der Zegenfischerei auf die Dauer von zwei Monaten
während der Hauptwanderzeit zu den Laichplätzen (in Holland vom 16. VIII. bis 15. X.
und in Preuſsen vom 27. VIII. bis 26. X.), sowie gewisse Beschränkungen bezüglich
der Fanggeräte und Fangmethoden vereinbart.
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[355/0373] 2. Kapitel. Fischereischutz. Art. 2 des Einführungsgesetzes zum Reichsstrafgesetzbuche aufrecht er- halten worden ist. Die unberechtigte Aneignung fremder, in dem Gewahrsam eines anderen, z. B. in Teichen und Behältern, befindlichen Fische wird als gemeiner Diebstahl bestraft, der gewöhnliche Fischereifrevel stellt nach § 3704 des Reichsstrafgesetzbuchs eine Übertretung dar und steigert sich unter Umständen (Fischen zur Nachtzeit, bei Fackellicht, Anwen- dung schädlicher oder explodierender Stoffe) zur Übertretung, welche nach § 296 des Reichsstrafgesetzbuchs mit Geldstrafe bis zu 600 M. oder mit Gefängnis bis zu sechs Monaten geahndet wird. Die weiteren nach den Landesgesetzen zu bestrafenden Verstöſse gegen fischereipolizeiliche Vorschriften sind als Übertretungen höchstens mit 150 M. Geldstrafe oder sechswöchentlicher Haftstrafe zu belegen. § 2. Fischereiverträge. Da viele Gewässer die Gebiete mehrerer Staaten berühren, so ist eine rationelle Pflege und ein Erfolg der ver- schiedenen Maſsregeln des Einzelstaates ohne Unterstützung von seiten der Nachbarn meist erfolglos. Am unliebsamsten haben sich diese Verhältnisse bei der Rhein- lachsfischerei bemerkbar gemacht, indem die Pflege der Brutstätten und des Laichgeschäftes des Lachses im Oberlaufe des Rheines erfolgte, während Holland durch groſse Absperrvorrichtungen (Zegen) und die teilweise mit Dampfkraft betriebene Zegenfischerei sich den Löwen- anteil am Ertrage der Lachsfischerei aneignete. Diese Verhältnisse haben in der Neuzeit zum Abschlusse von zahl- reichen Fischereiübereinkünften sowie von Fischereiver- trägen auf dem Gebiete der Binnenfischerei geführt. Preuſsen hat solche in den Jahren 1877—1881 mit Oldenburg, den thüringischen Staaten, Braunschweig, Anhalt, Lübeck, Bremen, Ham- burg, beiden Mecklenburg und den sächsischen Fürstentümern verein- bart. Im Jahre 1885 wurde zu Berlin der Rheinfischereivertrag zwischen Deutschland, Holland und der Schweiz vom 30. Juni 1885 zur Hebung des Lachsbestandes im Rhein und des Maifischfanges ab- geschlossen. 1) Bezüglich der Fischerei auf dem Bodensee bestand bisher ein förmliches Übereinkommen nur zwischen der Schweiz, Baden und Elsaſs- Lothringen vom Jahre 1887, auſserdem haben zwischen allen Ufer- staaten in den Konferenzen zu Lindau 1881 in Gestalt der Lindauer Beschlüsse Verständigungen über gewisse Grundsätze bei den fischerei- 1) Durch den Lachsfischereivertrag wurden durchgängig eine Wochenschonzeit von 24 Stunden, die Einstellung der Zegenfischerei auf die Dauer von zwei Monaten während der Hauptwanderzeit zu den Laichplätzen (in Holland vom 16. VIII. bis 15. X. und in Preuſsen vom 27. VIII. bis 26. X.), sowie gewisse Beschränkungen bezüglich der Fanggeräte und Fangmethoden vereinbart. 23*

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/373>, abgerufen am 19.04.2024.