Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

Bild:
<< vorherige Seite

Zweiter Abschnitt.


Panzerschutz der Landbefestigungen.

Die furchtbaren Wirkungen der modernen Geschütze, welche von so großem
Einflusse auf die Entwicklung des Panzerschutzes der Kriegsschiffe wurde,
hatten zur Folge, daß man auch bezüglich der Küstenbefestigungen sich für

den Panzerschutz entschied. Eine Verstärkung der Festungsmauern war nicht mehr
möglich, schon deshalb, weil die Schießscharten zu starker Mauern ein genügendes
Bestreichen des Vorgeländes verhindern und weil außerdem den verheerenden
Wirkungen der Brisanzgranaten damit keineswegs erfolgreich begegnet werden
konnte.

Zunächst versuchte man, den angestrebten Schutz durch Verwendung der
gewöhnlichen Schiffspanzerplatten zu erreichen, wie beispielsweise bei den Anfangs
der Siebzigerjahre erbauten Panzerforts zu Portsmouth und Plymouth. Später
suchte man seine Zuflucht zu dem zuerst durch Gruson im Jahre 1860 hergestellten
Hartgußpanzer, welcher sich außerordentlich bewährt hat. Bei diesen Panzerungen,
an deren glasharter Oberfläche auch die besten Stahlgeschosse abprallen, ohne daß
wegen des allmählichen Ueberganges in die inneren weicheren Schichten ein Springen
oder Abblättern der harten Schicht in größerem Umfange stattfände, können Platten-
dicken angewendet werden, welche sonst nicht herstellbar sind und welche eine
genügende Widerstandsfähigkeit auch gegen die schwersten Geschosse verbürgen. Die
sich daraus ergebenden großen Eigengewichte, welche den Hartgußpanzer von der
Anwendung auf Schiffen wohl ganz ausschließen, sind außerdem noch vortheilhaft
für die Vernichtung der lebendigen Kraft der auftreffenden Geschosse.

Die gepanzerten Schutzwehren werden entweder als feststehende Panzer-
fronten
, oder Batterien, oder als Drehthürme verwendet. Erstere Anordnung
ist natürlich seltener, da sie nur dort zweckmäßig ausgeführt werden kann, wo
ein verhältnißmäßig beschränktes Schußfeld zu bestreichen ist, welches dann aller-
dings unter concentrirtes Feuer genommen werden kann. Die Fig. 637 und 638
stellen eine derartige Batterie für 24 Centimeter-Geschütze vor, ausgeführt vom


Zweiter Abſchnitt.


Panzerſchutz der Landbefeſtigungen.

Die furchtbaren Wirkungen der modernen Geſchütze, welche von ſo großem
Einfluſſe auf die Entwicklung des Panzerſchutzes der Kriegsſchiffe wurde,
hatten zur Folge, daß man auch bezüglich der Küſtenbefeſtigungen ſich für

den Panzerſchutz entſchied. Eine Verſtärkung der Feſtungsmauern war nicht mehr
möglich, ſchon deshalb, weil die Schießſcharten zu ſtarker Mauern ein genügendes
Beſtreichen des Vorgeländes verhindern und weil außerdem den verheerenden
Wirkungen der Briſanzgranaten damit keineswegs erfolgreich begegnet werden
konnte.

Zunächſt verſuchte man, den angeſtrebten Schutz durch Verwendung der
gewöhnlichen Schiffspanzerplatten zu erreichen, wie beiſpielsweiſe bei den Anfangs
der Siebzigerjahre erbauten Panzerforts zu Portsmouth und Plymouth. Später
ſuchte man ſeine Zuflucht zu dem zuerſt durch Gruſon im Jahre 1860 hergeſtellten
Hartgußpanzer, welcher ſich außerordentlich bewährt hat. Bei dieſen Panzerungen,
an deren glasharter Oberfläche auch die beſten Stahlgeſchoſſe abprallen, ohne daß
wegen des allmählichen Ueberganges in die inneren weicheren Schichten ein Springen
oder Abblättern der harten Schicht in größerem Umfange ſtattfände, können Platten-
dicken angewendet werden, welche ſonſt nicht herſtellbar ſind und welche eine
genügende Widerſtandsfähigkeit auch gegen die ſchwerſten Geſchoſſe verbürgen. Die
ſich daraus ergebenden großen Eigengewichte, welche den Hartgußpanzer von der
Anwendung auf Schiffen wohl ganz ausſchließen, ſind außerdem noch vortheilhaft
für die Vernichtung der lebendigen Kraft der auftreffenden Geſchoſſe.

Die gepanzerten Schutzwehren werden entweder als feſtſtehende Panzer-
fronten
, oder Batterien, oder als Drehthürme verwendet. Erſtere Anordnung
iſt natürlich ſeltener, da ſie nur dort zweckmäßig ausgeführt werden kann, wo
ein verhältnißmäßig beſchränktes Schußfeld zu beſtreichen iſt, welches dann aller-
dings unter concentrirtes Feuer genommen werden kann. Die Fig. 637 und 638
ſtellen eine derartige Batterie für 24 Centimeter-Geſchütze vor, ausgeführt vom

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0859" n="777"/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Zweiter Ab&#x017F;chnitt.</hi> </head>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Panzer&#x017F;chutz der Landbefe&#x017F;tigungen.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">D</hi>ie furchtbaren Wirkungen der modernen Ge&#x017F;chütze, welche von &#x017F;o großem<lb/><hi rendition="#et">Einflu&#x017F;&#x017F;e auf die Entwicklung des Panzer&#x017F;chutzes der Kriegs&#x017F;chiffe wurde,<lb/>
hatten zur Folge, daß man auch bezüglich der Kü&#x017F;tenbefe&#x017F;tigungen &#x017F;ich für</hi><lb/>
den Panzer&#x017F;chutz ent&#x017F;chied. Eine Ver&#x017F;tärkung der Fe&#x017F;tungsmauern war nicht mehr<lb/>
möglich, &#x017F;chon deshalb, weil die Schieß&#x017F;charten zu &#x017F;tarker Mauern ein genügendes<lb/>
Be&#x017F;treichen des Vorgeländes verhindern und weil außerdem den verheerenden<lb/>
Wirkungen der Bri&#x017F;anzgranaten damit keineswegs erfolgreich begegnet werden<lb/>
konnte.</p><lb/>
            <p>Zunäch&#x017F;t ver&#x017F;uchte man, den ange&#x017F;trebten Schutz durch Verwendung der<lb/>
gewöhnlichen Schiffspanzerplatten zu erreichen, wie bei&#x017F;pielswei&#x017F;e bei den Anfangs<lb/>
der Siebzigerjahre erbauten Panzerforts zu Portsmouth und Plymouth. Später<lb/>
&#x017F;uchte man &#x017F;eine Zuflucht zu dem zuer&#x017F;t durch <hi rendition="#g">Gru&#x017F;on</hi> im Jahre 1860 herge&#x017F;tellten<lb/>
Hartgußpanzer, welcher &#x017F;ich außerordentlich bewährt hat. Bei die&#x017F;en Panzerungen,<lb/>
an deren glasharter Oberfläche auch die be&#x017F;ten Stahlge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;e abprallen, ohne daß<lb/>
wegen des allmählichen Ueberganges in die inneren weicheren Schichten ein Springen<lb/>
oder Abblättern der harten Schicht in größerem Umfange &#x017F;tattfände, können Platten-<lb/>
dicken angewendet werden, welche &#x017F;on&#x017F;t nicht her&#x017F;tellbar &#x017F;ind und welche eine<lb/>
genügende Wider&#x017F;tandsfähigkeit auch gegen die &#x017F;chwer&#x017F;ten Ge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;e verbürgen. Die<lb/>
&#x017F;ich daraus ergebenden großen Eigengewichte, welche den Hartgußpanzer von der<lb/>
Anwendung auf Schiffen wohl ganz aus&#x017F;chließen, &#x017F;ind außerdem noch vortheilhaft<lb/>
für die Vernichtung der lebendigen Kraft der auftreffenden Ge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
            <p>Die gepanzerten Schutzwehren werden entweder als <hi rendition="#g">fe&#x017F;t&#x017F;tehende Panzer-<lb/>
fronten</hi>, oder <hi rendition="#g">Batterien</hi>, oder als <hi rendition="#g">Drehthürme</hi> verwendet. Er&#x017F;tere Anordnung<lb/>
i&#x017F;t natürlich &#x017F;eltener, da &#x017F;ie nur dort zweckmäßig ausgeführt werden kann, wo<lb/>
ein verhältnißmäßig be&#x017F;chränktes Schußfeld zu be&#x017F;treichen i&#x017F;t, welches dann aller-<lb/>
dings unter concentrirtes Feuer genommen werden kann. Die Fig. 637 und 638<lb/>
&#x017F;tellen eine derartige Batterie für 24 Centimeter-Ge&#x017F;chütze vor, ausgeführt vom<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[777/0859] Zweiter Abſchnitt. Panzerſchutz der Landbefeſtigungen. Die furchtbaren Wirkungen der modernen Geſchütze, welche von ſo großem Einfluſſe auf die Entwicklung des Panzerſchutzes der Kriegsſchiffe wurde, hatten zur Folge, daß man auch bezüglich der Küſtenbefeſtigungen ſich für den Panzerſchutz entſchied. Eine Verſtärkung der Feſtungsmauern war nicht mehr möglich, ſchon deshalb, weil die Schießſcharten zu ſtarker Mauern ein genügendes Beſtreichen des Vorgeländes verhindern und weil außerdem den verheerenden Wirkungen der Briſanzgranaten damit keineswegs erfolgreich begegnet werden konnte. Zunächſt verſuchte man, den angeſtrebten Schutz durch Verwendung der gewöhnlichen Schiffspanzerplatten zu erreichen, wie beiſpielsweiſe bei den Anfangs der Siebzigerjahre erbauten Panzerforts zu Portsmouth und Plymouth. Später ſuchte man ſeine Zuflucht zu dem zuerſt durch Gruſon im Jahre 1860 hergeſtellten Hartgußpanzer, welcher ſich außerordentlich bewährt hat. Bei dieſen Panzerungen, an deren glasharter Oberfläche auch die beſten Stahlgeſchoſſe abprallen, ohne daß wegen des allmählichen Ueberganges in die inneren weicheren Schichten ein Springen oder Abblättern der harten Schicht in größerem Umfange ſtattfände, können Platten- dicken angewendet werden, welche ſonſt nicht herſtellbar ſind und welche eine genügende Widerſtandsfähigkeit auch gegen die ſchwerſten Geſchoſſe verbürgen. Die ſich daraus ergebenden großen Eigengewichte, welche den Hartgußpanzer von der Anwendung auf Schiffen wohl ganz ausſchließen, ſind außerdem noch vortheilhaft für die Vernichtung der lebendigen Kraft der auftreffenden Geſchoſſe. Die gepanzerten Schutzwehren werden entweder als feſtſtehende Panzer- fronten, oder Batterien, oder als Drehthürme verwendet. Erſtere Anordnung iſt natürlich ſeltener, da ſie nur dort zweckmäßig ausgeführt werden kann, wo ein verhältnißmäßig beſchränktes Schußfeld zu beſtreichen iſt, welches dann aller- dings unter concentrirtes Feuer genommen werden kann. Die Fig. 637 und 638 ſtellen eine derartige Batterie für 24 Centimeter-Geſchütze vor, ausgeführt vom

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/859
Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 777. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/859>, abgerufen am 19.04.2024.