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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

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Erster Abschnitt.


Das Roheisen und seine Darstellung.

Das Eisen, das zu den unedlen "Metallen" gezählt wird, spielt in dieser
Eigenschaft -- d. h. als elementarer Stoff -- keine Rolle, da chemisch
völlig reines Eisen viel zu kostspielig ist, um technische Verwerthung zu

finden. Jedes Metall, also auch das Eisen, wird aus Erzen gewonnen, die
im Großen und Ganzen entweder Oxyde oder Schwefelverbindungen sind. Aus den
Oxyden -- also den Sauerstoffverbindungen -- erfolgt ihre Ausscheidung in der
Weise, daß man diese mit Kohle in geeigneten Oefen erhitzt, wodurch sie zu "Metall
reducirt" werden. Es ergiebt sich also die Formel:

Eisenoxyd + Kohle = Eisen + Kohlenoxyd.

Der Grund, weshalb bei der Metallgewinnung die Kohle nur zu Kohlenoxyd
verbrennt (und nicht, wie gewöhnlich, zu Kohlensäure), liegt darin, daß die zur
Reduction der Metalloxyde nöthige Temperatur so hoch liegt, daß der Kohlenstoff
nur noch ein Atom Sauerstoff zu binden vermag. Mit diesem bildet er Kohlenoxydgas
und dieses Gas kann nachträglich mit einem zweiten Atom Sauerstoff seinerseits
wieder weiter zu Kohlensäure verbrennen. Mit anderen Worten: Das Kohlenoxyd
ist die Zwischenstufe der Verbrennung zwischen der Kohle und der Kohlensäure.

Der absolute Rohstoff des Eisens ist das Eisenerz im Schoße der Erde.
In dieser Gestalt ist das Eisen eine "Legirung", da, wie bereits erwähnt, das
erstere in metallischer Form in der Erde äußerst selten vorkommt, was bei der
großen Neigung zum rosten nicht wundernehmen kann. Das reinste Eisen ist nicht
tellurischen, sondern kosmischen Ursprunges, jenes der Eisenmeteorite. Da letztere
nur als Schauobjecte der Museen dienen, fallen sie nicht in das Bereich des
technisch nutzbaren Eisens. Gleichwohl seien hier einige Bemerkungen über die
Structur des Meteoreisens angefügt. Die Eisenmeteorite zerfallen in die "Lithosiderite",
in die "Octaedrischen Eisen", die "Hexaedrischen Eisen" und "dichten Eisen". Die
Lithosiderite zerfallen ihrerseits in "Siderophyne", die aus Bronzitkernen, und in
"Pallasite", die aus Olivenkernen in einem Eisengerippe bestehen. Die octaedrischen
Eisen bestehen aus Balkeneisen (Kamazit), Bandeisen (Tannit) und Fülleisen (Plessit).
Nach der Feinheit der Lamellen aus Balkeneisen unterscheidet man sie weiter in eine

2*


Erſter Abſchnitt.


Das Roheiſen und ſeine Darſtellung.

Das Eiſen, das zu den unedlen »Metallen« gezählt wird, ſpielt in dieſer
Eigenſchaft — d. h. als elementarer Stoff — keine Rolle, da chemiſch
völlig reines Eiſen viel zu koſtſpielig iſt, um techniſche Verwerthung zu

finden. Jedes Metall, alſo auch das Eiſen, wird aus Erzen gewonnen, die
im Großen und Ganzen entweder Oxyde oder Schwefelverbindungen ſind. Aus den
Oxyden — alſo den Sauerſtoffverbindungen — erfolgt ihre Ausſcheidung in der
Weiſe, daß man dieſe mit Kohle in geeigneten Oefen erhitzt, wodurch ſie zu »Metall
reducirt« werden. Es ergiebt ſich alſo die Formel:

Eiſenoxyd + Kohle = Eiſen + Kohlenoxyd.

Der Grund, weshalb bei der Metallgewinnung die Kohle nur zu Kohlenoxyd
verbrennt (und nicht, wie gewöhnlich, zu Kohlenſäure), liegt darin, daß die zur
Reduction der Metalloxyde nöthige Temperatur ſo hoch liegt, daß der Kohlenſtoff
nur noch ein Atom Sauerſtoff zu binden vermag. Mit dieſem bildet er Kohlenoxydgas
und dieſes Gas kann nachträglich mit einem zweiten Atom Sauerſtoff ſeinerſeits
wieder weiter zu Kohlenſäure verbrennen. Mit anderen Worten: Das Kohlenoxyd
iſt die Zwiſchenſtufe der Verbrennung zwiſchen der Kohle und der Kohlenſäure.

Der abſolute Rohſtoff des Eiſens iſt das Eiſenerz im Schoße der Erde.
In dieſer Geſtalt iſt das Eiſen eine »Legirung«, da, wie bereits erwähnt, das
erſtere in metalliſcher Form in der Erde äußerſt ſelten vorkommt, was bei der
großen Neigung zum roſten nicht wundernehmen kann. Das reinſte Eiſen iſt nicht
telluriſchen, ſondern kosmiſchen Urſprunges, jenes der Eiſenmeteorite. Da letztere
nur als Schauobjecte der Muſeen dienen, fallen ſie nicht in das Bereich des
techniſch nutzbaren Eiſens. Gleichwohl ſeien hier einige Bemerkungen über die
Structur des Meteoreiſens angefügt. Die Eiſenmeteorite zerfallen in die »Lithoſiderite«,
in die »Octaedriſchen Eiſen«, die »Hexaedriſchen Eiſen« und »dichten Eiſen«. Die
Lithoſiderite zerfallen ihrerſeits in »Siderophyne«, die aus Bronzitkernen, und in
»Pallaſite«, die aus Olivenkernen in einem Eiſengerippe beſtehen. Die octaedriſchen
Eiſen beſtehen aus Balkeneiſen (Kamazit), Bandeiſen (Tannit) und Fülleiſen (Pleſſit).
Nach der Feinheit der Lamellen aus Balkeneiſen unterſcheidet man ſie weiter in eine

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[19/0035] Erſter Abſchnitt. Das Roheiſen und ſeine Darſtellung. Das Eiſen, das zu den unedlen »Metallen« gezählt wird, ſpielt in dieſer Eigenſchaft — d. h. als elementarer Stoff — keine Rolle, da chemiſch völlig reines Eiſen viel zu koſtſpielig iſt, um techniſche Verwerthung zu finden. Jedes Metall, alſo auch das Eiſen, wird aus Erzen gewonnen, die im Großen und Ganzen entweder Oxyde oder Schwefelverbindungen ſind. Aus den Oxyden — alſo den Sauerſtoffverbindungen — erfolgt ihre Ausſcheidung in der Weiſe, daß man dieſe mit Kohle in geeigneten Oefen erhitzt, wodurch ſie zu »Metall reducirt« werden. Es ergiebt ſich alſo die Formel: Eiſenoxyd + Kohle = Eiſen + Kohlenoxyd. Der Grund, weshalb bei der Metallgewinnung die Kohle nur zu Kohlenoxyd verbrennt (und nicht, wie gewöhnlich, zu Kohlenſäure), liegt darin, daß die zur Reduction der Metalloxyde nöthige Temperatur ſo hoch liegt, daß der Kohlenſtoff nur noch ein Atom Sauerſtoff zu binden vermag. Mit dieſem bildet er Kohlenoxydgas und dieſes Gas kann nachträglich mit einem zweiten Atom Sauerſtoff ſeinerſeits wieder weiter zu Kohlenſäure verbrennen. Mit anderen Worten: Das Kohlenoxyd iſt die Zwiſchenſtufe der Verbrennung zwiſchen der Kohle und der Kohlenſäure. Der abſolute Rohſtoff des Eiſens iſt das Eiſenerz im Schoße der Erde. In dieſer Geſtalt iſt das Eiſen eine »Legirung«, da, wie bereits erwähnt, das erſtere in metalliſcher Form in der Erde äußerſt ſelten vorkommt, was bei der großen Neigung zum roſten nicht wundernehmen kann. Das reinſte Eiſen iſt nicht telluriſchen, ſondern kosmiſchen Urſprunges, jenes der Eiſenmeteorite. Da letztere nur als Schauobjecte der Muſeen dienen, fallen ſie nicht in das Bereich des techniſch nutzbaren Eiſens. Gleichwohl ſeien hier einige Bemerkungen über die Structur des Meteoreiſens angefügt. Die Eiſenmeteorite zerfallen in die »Lithoſiderite«, in die »Octaedriſchen Eiſen«, die »Hexaedriſchen Eiſen« und »dichten Eiſen«. Die Lithoſiderite zerfallen ihrerſeits in »Siderophyne«, die aus Bronzitkernen, und in »Pallaſite«, die aus Olivenkernen in einem Eiſengerippe beſtehen. Die octaedriſchen Eiſen beſtehen aus Balkeneiſen (Kamazit), Bandeiſen (Tannit) und Fülleiſen (Pleſſit). Nach der Feinheit der Lamellen aus Balkeneiſen unterſcheidet man ſie weiter in eine 2*

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/35>, abgerufen am 28.03.2024.