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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

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Die submarinen Kampfmittel.

Ein Fachmann (der österreichische Marineofficier A. Lengnick) stellt an
einen idealen Minentyp folgende Bedingungen: Die Mine muß ein handliches
Volumen, kein zu großes Gewicht, eine günstige Form, einen genügenden Auftrieb
und einfache, jedoch geschützte Vorrichtungen besitzen, um die Manipulation möglichst
zu erleichtern; sie muß eine automatische Verankerung aufweisen, welche deren Ein-
stellung in beliebiger, jedoch vorher bestimmbarer Wassertiefe mit Sicherheit er-
möglicht; ihre Zündvorrichtung muß eine derartige sein, daß sie sich vor dem
Wurfe leicht und sicher desactiviren läßt, sich im Wasser jedoch rasch und selbst-
thätig activirt; die Desactivirung muß eine zuverlässige und dabei für den Un-
eingeweihten unenträthselbare sein; deren Bethätigung von der Wasseroberfläche
aus soll an eine einfache, aber kurze Manipulation gebunden sein; der Zünd-
mechanismus muß zuverlässig wirken und durch die Explosion von Nachbarminen
nicht gefährdet sein; die Minen dürfen kein von der Oberfläche aus sichtbares
Zeichen hinterlassen, das ihre Anwesenheit verrathen könnte.

Einen besonderen Typ stellt die Schleppmine dar. Sie wird dann mit
Vortheil zur Anwendung kommen, wenn ein Schiff von einem mächtigen Gegner
gejagt wird und dasselbe durch eine geschickte Wendung die im Kielwasser nach-
geschleppte Mine vor den Bug des Verfolgers zu bringen vermag. Die Harvey-
Schleppmine kann 200 Meter vom Schiffe ab laufen gelassen werden, was der
Leistung eines Hecktorpedos ziemlich nahe kommt.

Die Torpedos.

Der Kampf zwischen Geschütz und Panzer hat ausgetobt. Er endete im
Großen und Ganzen mit der vollständigen Niederlage des letzteren, soweit es sich
um den Schutz von schwimmenden Körpern durch eine Lage von Eisen und Stahl
handelt, wogegen es noch fraglich ist, ob das Geschoß der gepanzerten Land-
befestigungen dereinst auch Herr wird. Bei diesen ist nämlich eine Grenze für die
Dicke der Panzerung nicht gegeben; auch kann man dieser nach Belieben diejenige
Form geben, die der Wirkung der modernen Artillerie am besten Widerstand zu
leisten verspricht, während in Rücksicht auf die Schwimmfähigkeit, Seetüchtigkeit
und Geschwindigkeit bei Schiffen der Bepanzerung gewisse Grenzen gesetzt sind.

Allein selbst wenn es gelänge, ein Schiff zu bauen, dem die feindliche
Artillerie nichts anhaben kann, wäre das Fahrzeug trotzdem gegen den Angriff
eines Torpedos nicht gefeit. Warum? Nun, weil zunächst dem Torpedo eine viel
größere Sprengkraft innewohnt, als der schwersten Granate; ferner weil der
Torpedoangriff gegen das Unterwasserschiff gerichtet ist, d. h. gegen einen Theil
des Schiffskörpers, welcher ganz oder fast ganz ungepanzert bleibt. Die Panzerung
reicht meist nur 1 Meter unter die Wasserlinie. Dies hat jedoch wenig auf sich,
weil es überhaupt fraglich ist, ob selbst der dickste Panzer der Sprengwirkung
eines in unmittelbarer Nähe explodirenden Torpedos Widerstand leisten würde. ...

Die ſubmarinen Kampfmittel.

Ein Fachmann (der öſterreichiſche Marineofficier A. Lengnick) ſtellt an
einen idealen Minentyp folgende Bedingungen: Die Mine muß ein handliches
Volumen, kein zu großes Gewicht, eine günſtige Form, einen genügenden Auftrieb
und einfache, jedoch geſchützte Vorrichtungen beſitzen, um die Manipulation möglichſt
zu erleichtern; ſie muß eine automatiſche Verankerung aufweiſen, welche deren Ein-
ſtellung in beliebiger, jedoch vorher beſtimmbarer Waſſertiefe mit Sicherheit er-
möglicht; ihre Zündvorrichtung muß eine derartige ſein, daß ſie ſich vor dem
Wurfe leicht und ſicher desactiviren läßt, ſich im Waſſer jedoch raſch und ſelbſt-
thätig activirt; die Desactivirung muß eine zuverläſſige und dabei für den Un-
eingeweihten unenträthſelbare ſein; deren Bethätigung von der Waſſeroberfläche
aus ſoll an eine einfache, aber kurze Manipulation gebunden ſein; der Zünd-
mechanismus muß zuverläſſig wirken und durch die Exploſion von Nachbarminen
nicht gefährdet ſein; die Minen dürfen kein von der Oberfläche aus ſichtbares
Zeichen hinterlaſſen, das ihre Anweſenheit verrathen könnte.

Einen beſonderen Typ ſtellt die Schleppmine dar. Sie wird dann mit
Vortheil zur Anwendung kommen, wenn ein Schiff von einem mächtigen Gegner
gejagt wird und dasſelbe durch eine geſchickte Wendung die im Kielwaſſer nach-
geſchleppte Mine vor den Bug des Verfolgers zu bringen vermag. Die Harvey-
Schleppmine kann 200 Meter vom Schiffe ab laufen gelaſſen werden, was der
Leiſtung eines Hecktorpedos ziemlich nahe kommt.

Die Torpedos.

Der Kampf zwiſchen Geſchütz und Panzer hat ausgetobt. Er endete im
Großen und Ganzen mit der vollſtändigen Niederlage des letzteren, ſoweit es ſich
um den Schutz von ſchwimmenden Körpern durch eine Lage von Eiſen und Stahl
handelt, wogegen es noch fraglich iſt, ob das Geſchoß der gepanzerten Land-
befeſtigungen dereinſt auch Herr wird. Bei dieſen iſt nämlich eine Grenze für die
Dicke der Panzerung nicht gegeben; auch kann man dieſer nach Belieben diejenige
Form geben, die der Wirkung der modernen Artillerie am beſten Widerſtand zu
leiſten verſpricht, während in Rückſicht auf die Schwimmfähigkeit, Seetüchtigkeit
und Geſchwindigkeit bei Schiffen der Bepanzerung gewiſſe Grenzen geſetzt ſind.

Allein ſelbſt wenn es gelänge, ein Schiff zu bauen, dem die feindliche
Artillerie nichts anhaben kann, wäre das Fahrzeug trotzdem gegen den Angriff
eines Torpedos nicht gefeit. Warum? Nun, weil zunächſt dem Torpedo eine viel
größere Sprengkraft innewohnt, als der ſchwerſten Granate; ferner weil der
Torpedoangriff gegen das Unterwaſſerſchiff gerichtet iſt, d. h. gegen einen Theil
des Schiffskörpers, welcher ganz oder faſt ganz ungepanzert bleibt. Die Panzerung
reicht meiſt nur 1 Meter unter die Waſſerlinie. Dies hat jedoch wenig auf ſich,
weil es überhaupt fraglich iſt, ob ſelbſt der dickſte Panzer der Sprengwirkung
eines in unmittelbarer Nähe explodirenden Torpedos Widerſtand leiſten würde. ...

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[649/0723] Die ſubmarinen Kampfmittel. Ein Fachmann (der öſterreichiſche Marineofficier A. Lengnick) ſtellt an einen idealen Minentyp folgende Bedingungen: Die Mine muß ein handliches Volumen, kein zu großes Gewicht, eine günſtige Form, einen genügenden Auftrieb und einfache, jedoch geſchützte Vorrichtungen beſitzen, um die Manipulation möglichſt zu erleichtern; ſie muß eine automatiſche Verankerung aufweiſen, welche deren Ein- ſtellung in beliebiger, jedoch vorher beſtimmbarer Waſſertiefe mit Sicherheit er- möglicht; ihre Zündvorrichtung muß eine derartige ſein, daß ſie ſich vor dem Wurfe leicht und ſicher desactiviren läßt, ſich im Waſſer jedoch raſch und ſelbſt- thätig activirt; die Desactivirung muß eine zuverläſſige und dabei für den Un- eingeweihten unenträthſelbare ſein; deren Bethätigung von der Waſſeroberfläche aus ſoll an eine einfache, aber kurze Manipulation gebunden ſein; der Zünd- mechanismus muß zuverläſſig wirken und durch die Exploſion von Nachbarminen nicht gefährdet ſein; die Minen dürfen kein von der Oberfläche aus ſichtbares Zeichen hinterlaſſen, das ihre Anweſenheit verrathen könnte. Einen beſonderen Typ ſtellt die Schleppmine dar. Sie wird dann mit Vortheil zur Anwendung kommen, wenn ein Schiff von einem mächtigen Gegner gejagt wird und dasſelbe durch eine geſchickte Wendung die im Kielwaſſer nach- geſchleppte Mine vor den Bug des Verfolgers zu bringen vermag. Die Harvey- Schleppmine kann 200 Meter vom Schiffe ab laufen gelaſſen werden, was der Leiſtung eines Hecktorpedos ziemlich nahe kommt. Die Torpedos. Der Kampf zwiſchen Geſchütz und Panzer hat ausgetobt. Er endete im Großen und Ganzen mit der vollſtändigen Niederlage des letzteren, ſoweit es ſich um den Schutz von ſchwimmenden Körpern durch eine Lage von Eiſen und Stahl handelt, wogegen es noch fraglich iſt, ob das Geſchoß der gepanzerten Land- befeſtigungen dereinſt auch Herr wird. Bei dieſen iſt nämlich eine Grenze für die Dicke der Panzerung nicht gegeben; auch kann man dieſer nach Belieben diejenige Form geben, die der Wirkung der modernen Artillerie am beſten Widerſtand zu leiſten verſpricht, während in Rückſicht auf die Schwimmfähigkeit, Seetüchtigkeit und Geſchwindigkeit bei Schiffen der Bepanzerung gewiſſe Grenzen geſetzt ſind. Allein ſelbſt wenn es gelänge, ein Schiff zu bauen, dem die feindliche Artillerie nichts anhaben kann, wäre das Fahrzeug trotzdem gegen den Angriff eines Torpedos nicht gefeit. Warum? Nun, weil zunächſt dem Torpedo eine viel größere Sprengkraft innewohnt, als der ſchwerſten Granate; ferner weil der Torpedoangriff gegen das Unterwaſſerſchiff gerichtet iſt, d. h. gegen einen Theil des Schiffskörpers, welcher ganz oder faſt ganz ungepanzert bleibt. Die Panzerung reicht meiſt nur 1 Meter unter die Waſſerlinie. Dies hat jedoch wenig auf ſich, weil es überhaupt fraglich iſt, ob ſelbſt der dickſte Panzer der Sprengwirkung eines in unmittelbarer Nähe explodirenden Torpedos Widerſtand leiſten würde. ...

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 649. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/723>, abgerufen am 24.04.2024.