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Scriver, Christian: Das Verlohrne und wiedergefundene Schäfflein. Magdeburg, 1672.

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zählet folgendes: Jm Jahr 1636. hat sichs auf einem Dorf-
fe zwischen Leipzig und Altenburg/ so ins Ambt Borna ge-
hörig/ zugetragen/ daß etliche Soldaten/ die ihr Quartier da-
selbst gehabt/ beysammen gezecht/ und bey ihrem unsöten
Leben auff des Teuffels Gesundheit getruncken/ darunter
auch einer den Teuffel offt vermahnet/ er solte Bescheid thun:
Dieser gieng nicht lange hernach hinnauß seines Weges/ da
begegnet ihm der Teuffel leibhafftig/ ergreifft ihn beim Leibe/
führet ihn auff den Mist/ wirfft ihn etliche mahl in die Höh/
und spielt mit ihm des Fangeballs/ so lange biß der Geselle
gar für todt liegen bleibet/ nach dem ihn aber der Teuffel ver-
lassen (weiln er nicht völlige Macht über ihn gehabt) haben
ihn seine Sauffbrüder und andere/ so die Comoedien mit
angesehen/ in sein Quartier geschleppt/ Es ist aber der ruch-
lose Mensch des andern Tages so fromm alß des ersten ge-
wesen.

§. 59.

Jch hoffe es werden alle die/ welche noch etwas
Christliches/ ja Menschliches an sich haben/ in Betrachtung
dieses alles dem gottlosen Fluchen von Hertzen feind wer-
den/ und durch GOttes Gnad einen Vorsatz fassen/ daß sie
sich demselben bey ihnen selbst/ und bey andern mit allem
Ernst und Eiffer widersätzen wollen. Jch weiß wol/ daß
bey manchem es leyder eine so gewohnte Sache ist/ daß er
selbst es nicht weiß/ wenn er fluchet/ oder wann er es schon in-
nen wird/ es nicht achtet/ und meinet mit dem Schall seiner
Stimme in der Lufft vergehe und verwehe auch die Sünde/
Allein wider das erste ist ein gut Mittel daß man seinen eig-
nen Haußgenossen/ seinen Freunden und Gesellschafftern die
Freyheit und Macht gebe/ daß sie uns kühnlich erinnern und
straffen: Wider das andere/ daß man bedencke/ wie bey
GOtt der Frommen Stoßgebetlein/ Seuffzer/ Thränen/ ge-
zählet sind/ und in sein Buch geschrieben/ also auch der Gott-

losen

zaͤhlet folgendes: Jm Jahr 1636. hat ſichs auf einem Doꝛf-
fe zwiſchen Leipzig und Altenburg/ ſo ins Ambt Borna ge-
hoͤrig/ zugetragen/ daß etliche Soldaten/ die ihr Quartier da-
ſelbſt gehabt/ beyſammen gezecht/ und bey ihrem unſoͤten
Leben auff des Teuffels Geſundheit getruncken/ darunter
auch einer den Teuffel offt vermahnet/ er ſolte Beſcheid thun:
Dieſer gieng nicht lange hernach hinnauß ſeines Weges/ da
begegnet ihm der Teuffel leibhafftig/ ergreifft ihn beim Leibe/
fuͤhret ihn auff den Miſt/ wirfft ihn etliche mahl in die Hoͤh/
und ſpielt mit ihm des Fangeballs/ ſo lange biß der Geſelle
gar fuͤr todt liegen bleibet/ nach dem ihn aber der Teuffel ver-
laſſen (weiln er nicht voͤllige Macht uͤber ihn gehabt) haben
ihn ſeine Sauffbruͤder und andere/ ſo die Comœdien mit
angeſehen/ in ſein Quartier geſchleppt/ Es iſt aber der ruch-
loſe Menſch des andern Tages ſo fromm alß des erſten ge-
weſen.

§. 59.

Jch hoffe es werden alle die/ welche noch etwas
Chriſtliches/ ja Menſchliches an ſich haben/ in Betrachtung
dieſes alles dem gottloſen Fluchen von Hertzen feind wer-
den/ und durch GOttes Gnad einen Vorſatz faſſen/ daß ſie
ſich demſelben bey ihnen ſelbſt/ und bey andern mit allem
Ernſt und Eiffer widerſaͤtzen wollen. Jch weiß wol/ daß
bey manchem es leyder eine ſo gewohnte Sache iſt/ daß er
ſelbſt es nicht weiß/ wenn er fluchet/ oder wann er es ſchon in-
nen wird/ es nicht achtet/ und meinet mit dem Schall ſeiner
Stimme in der Lufft vergehe und verwehe auch die Suͤnde/
Allein wider das erſte iſt ein gut Mittel daß man ſeinen eig-
nen Haußgenoſſen/ ſeinen Freunden und Geſellſchafftern die
Freyheit und Macht gebe/ daß ſie uns kuͤhnlich erinnern und
ſtraffen: Wider das andere/ daß man bedencke/ wie bey
GOtt der Frommen Stoßgebetlein/ Seuffzer/ Thraͤnen/ ge-
zaͤhlet ſind/ und in ſein Buch geſchrieben/ alſo auch der Gott-

loſen
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[0116] zaͤhlet folgendes: Jm Jahr 1636. hat ſichs auf einem Doꝛf- fe zwiſchen Leipzig und Altenburg/ ſo ins Ambt Borna ge- hoͤrig/ zugetragen/ daß etliche Soldaten/ die ihr Quartier da- ſelbſt gehabt/ beyſammen gezecht/ und bey ihrem unſoͤten Leben auff des Teuffels Geſundheit getruncken/ darunter auch einer den Teuffel offt vermahnet/ er ſolte Beſcheid thun: Dieſer gieng nicht lange hernach hinnauß ſeines Weges/ da begegnet ihm der Teuffel leibhafftig/ ergreifft ihn beim Leibe/ fuͤhret ihn auff den Miſt/ wirfft ihn etliche mahl in die Hoͤh/ und ſpielt mit ihm des Fangeballs/ ſo lange biß der Geſelle gar fuͤr todt liegen bleibet/ nach dem ihn aber der Teuffel ver- laſſen (weiln er nicht voͤllige Macht uͤber ihn gehabt) haben ihn ſeine Sauffbruͤder und andere/ ſo die Comœdien mit angeſehen/ in ſein Quartier geſchleppt/ Es iſt aber der ruch- loſe Menſch des andern Tages ſo fromm alß des erſten ge- weſen. §. 59.Jch hoffe es werden alle die/ welche noch etwas Chriſtliches/ ja Menſchliches an ſich haben/ in Betrachtung dieſes alles dem gottloſen Fluchen von Hertzen feind wer- den/ und durch GOttes Gnad einen Vorſatz faſſen/ daß ſie ſich demſelben bey ihnen ſelbſt/ und bey andern mit allem Ernſt und Eiffer widerſaͤtzen wollen. Jch weiß wol/ daß bey manchem es leyder eine ſo gewohnte Sache iſt/ daß er ſelbſt es nicht weiß/ wenn er fluchet/ oder wann er es ſchon in- nen wird/ es nicht achtet/ und meinet mit dem Schall ſeiner Stimme in der Lufft vergehe und verwehe auch die Suͤnde/ Allein wider das erſte iſt ein gut Mittel daß man ſeinen eig- nen Haußgenoſſen/ ſeinen Freunden und Geſellſchafftern die Freyheit und Macht gebe/ daß ſie uns kuͤhnlich erinnern und ſtraffen: Wider das andere/ daß man bedencke/ wie bey GOtt der Frommen Stoßgebetlein/ Seuffzer/ Thraͤnen/ ge- zaͤhlet ſind/ und in ſein Buch geſchrieben/ alſo auch der Gott- loſen

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Zitationshilfe: Scriver, Christian: Das Verlohrne und wiedergefundene Schäfflein. Magdeburg, 1672, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scriver_schaefflein_1672/116>, abgerufen am 25.04.2024.