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Scriver, Christian: Das Verlohrne und wiedergefundene Schäfflein. Magdeburg, 1672.

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und verlassen/ doch ein liebes Kind GOttes/ eine Freude der
Engel/ ein Erbe des Himmels und der Seligkeit war.
(Luc. XVI. 20.) Die Jtaliener haben ein Sprichwort/
(a.) Alles Unglück ist gut/ (und wol zu ertragen) wenn
man nur Brodt dazu zu essen hat. Wir Christen können
aber sagen: Alles Creutz/ alles Elend/ alles Unglück ist
wol zu ertragen/ wenn man nur dabey der Gnaden GOt-
tes vergewissert ist. Was schadets zeitlich arm seyn/
wenn uns ein unvergänglicher Schatz im Himmel bey ge-
legetist? Was schadets/ daß die Flasche der Hagar außge-
leeret ist/ wenn ihr GOtt in der nähe einen Wasserbrunn
und lebendige Quelle zeiget/ darauß sie ihren Durst stillen
kan? (1. Buch Mos. XXI. 15. s.) Was schadets wenn
wir in der Welt nichts haben/ wenn nur GOtt/ JEsus/
und der Himmel unser ist?

(a.) Harßdörff. Gesprächsp. Part. 8. p. 70.
§. 3.

Ein Mensch der seiner Sinnen beraubet/ ist
elend zu nennen/ weil er dessen nicht mächtig/ welches ihn
doch von denen unvernünsftigen Thieren vornehmlich un-
terscheiden soll/ zuforderst ist dis Elend groß/ wenn es zu ei-
ner Wüterey hinauß schläget/ und der Mensch alß ein
reissendes Thier muß verwahret werden: Selbiger/ wie
es scheinet/ ist in der Welt nichts nütze/ und solte man mei-
nen/ es were besser ein gezähmtes und nach seiner Art wi-
tziges Thier/ alß ein rasender Mensch zu seyn:

§. 4.

Allein auch dieser Zustand kan mit der Gnade
GOttes bestehen/ denn ob zwar mehrentheils GOtt umb
vorhergehender Hoffart/ und anderer Sünden willen sol-
che Straffe über den Menschen verhänget/ so bezeugts
doch die Erfahrung/ daß er ihnen gemeiniglich für ihrem
Ende ihren Verstand wider giebt/ daß sie seine väterliche

Züch-

und verlaſſen/ doch ein liebes Kind GOttes/ eine Freude der
Engel/ ein Erbe des Himmels und der Seligkeit war.
(Luc. XVI. 20.) Die Jtaliener haben ein Sprichwort/
(a.) Alles Ungluͤck iſt gut/ (und wol zu ertragen) wenn
man nur Brodt dazu zu eſſen hat. Wir Chriſten koͤnnen
aber ſagen: Alles Creutz/ alles Elend/ alles Ungluͤck iſt
wol zu ertragen/ wenn man nur dabey der Gnaden GOt-
tes vergewiſſert iſt. Was ſchadets zeitlich arm ſeyn/
wenn uns ein unvergaͤnglicher Schatz im Himmel bey ge-
legetiſt? Was ſchadets/ daß die Flaſche der Hagar außge-
leeret iſt/ wenn ihr GOtt in der naͤhe einen Waſſerbrunn
und lebendige Quelle zeiget/ darauß ſie ihren Durſt ſtillen
kan? (1. Buch Moſ. XXI. 15. ſ.) Was ſchadets wenn
wir in der Welt nichts haben/ wenn nur GOtt/ JEſus/
und der Himmel unſer iſt?

(a.) Harßdoͤrff. Geſpraͤchsp. Part. 8. p. 70.
§. 3.

Ein Menſch der ſeiner Sinnen beraubet/ iſt
elend zu nennen/ weil er deſſen nicht maͤchtig/ welches ihn
doch von denen unvernuͤnſftigen Thieren vornehmlich un-
terſcheiden ſoll/ zuforderſt iſt dis Elend groß/ wenn es zu ei-
ner Wuͤterey hinauß ſchlaͤget/ und der Menſch alß ein
reiſſendes Thier muß verwahret werden: Selbiger/ wie
es ſcheinet/ iſt in der Welt nichts nuͤtze/ und ſolte man mei-
nen/ es were beſſer ein gezaͤhmtes und nach ſeiner Art wi-
tziges Thier/ alß ein raſender Menſch zu ſeyn:

§. 4.

Allein auch dieſer Zuſtand kan mit der Gnade
GOttes beſtehen/ denn ob zwar mehrentheils GOtt umb
vorhergehender Hoffart/ und anderer Suͤnden willen ſol-
che Straffe uͤber den Menſchen verhaͤnget/ ſo bezeugts
doch die Erfahrung/ daß er ihnen gemeiniglich fuͤr ihrem
Ende ihren Verſtand wider giebt/ daß ſie ſeine vaͤterliche

Zuͤch-
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[0082] und verlaſſen/ doch ein liebes Kind GOttes/ eine Freude der Engel/ ein Erbe des Himmels und der Seligkeit war. (Luc. XVI. 20.) Die Jtaliener haben ein Sprichwort/ ⁽a.⁾ Alles Ungluͤck iſt gut/ (und wol zu ertragen) wenn man nur Brodt dazu zu eſſen hat. Wir Chriſten koͤnnen aber ſagen: Alles Creutz/ alles Elend/ alles Ungluͤck iſt wol zu ertragen/ wenn man nur dabey der Gnaden GOt- tes vergewiſſert iſt. Was ſchadets zeitlich arm ſeyn/ wenn uns ein unvergaͤnglicher Schatz im Himmel bey ge- legetiſt? Was ſchadets/ daß die Flaſche der Hagar außge- leeret iſt/ wenn ihr GOtt in der naͤhe einen Waſſerbrunn und lebendige Quelle zeiget/ darauß ſie ihren Durſt ſtillen kan? (1. Buch Moſ. XXI. 15. ſ.) Was ſchadets wenn wir in der Welt nichts haben/ wenn nur GOtt/ JEſus/ und der Himmel unſer iſt? ⁽a.⁾ Harßdoͤrff. Geſpraͤchsp. Part. 8. p. 70. §. 3.Ein Menſch der ſeiner Sinnen beraubet/ iſt elend zu nennen/ weil er deſſen nicht maͤchtig/ welches ihn doch von denen unvernuͤnſftigen Thieren vornehmlich un- terſcheiden ſoll/ zuforderſt iſt dis Elend groß/ wenn es zu ei- ner Wuͤterey hinauß ſchlaͤget/ und der Menſch alß ein reiſſendes Thier muß verwahret werden: Selbiger/ wie es ſcheinet/ iſt in der Welt nichts nuͤtze/ und ſolte man mei- nen/ es were beſſer ein gezaͤhmtes und nach ſeiner Art wi- tziges Thier/ alß ein raſender Menſch zu ſeyn: §. 4.Allein auch dieſer Zuſtand kan mit der Gnade GOttes beſtehen/ denn ob zwar mehrentheils GOtt umb vorhergehender Hoffart/ und anderer Suͤnden willen ſol- che Straffe uͤber den Menſchen verhaͤnget/ ſo bezeugts doch die Erfahrung/ daß er ihnen gemeiniglich fuͤr ihrem Ende ihren Verſtand wider giebt/ daß ſie ſeine vaͤterliche Zuͤch-

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Zitationshilfe: Scriver, Christian: Das Verlohrne und wiedergefundene Schäfflein. Magdeburg, 1672, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scriver_schaefflein_1672/82>, abgerufen am 19.04.2024.