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Scriver, Christian: Das Verlohrne und wiedergefundene Schäfflein. Magdeburg, 1672.

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§. 23.

Alß nu deren Anverwandte hierdurch nicht we-
nig bekümmert/ und dannenhero bemühet waren sie durch
geistliche und andere Personen auff einen bessern Weg zu
bringen/ hat doch weder Vermahnen/ Flehen noch Bitten
jemals bey derselben stat finden mögen/ sintemahl sie an stat
der Antwort nur Gotteslästerung und die grausamste Ver-
fluchungen heraus gestossen.

§. 24.

Und weil zu vorigen noch täglich neuverübete
Ubelthaten kamen/ und die Verbrechen sich so gar überhäuf-
feten/ daß keine Besserung im wenigsten weder zu spüren
noch zu hoffen mehr war/ ist endlich die hohe Obrigkeit des
Orts hoch bedrungenlich getrieben und bewogen worden/
mit Bewust und Einwilligung dero angehörigen hoch an-
sehnlichen Freunde ihr den längst verwirckten Tod anzu-
kündigen. Ward also einsmahls zu früer Tageszeit in
grosser Stille aus ihrer Gewahrsam über etliche Meilen
weg von dem Ort geführet/ auff einen grünen Platz gestellt/
und geheissen/ sich zu dem letzten Streich fertig zu machen.

§. 25.

Jn sothanem Zustande/ ob sie wol anfangs
schwerlich glaubte/ daß es mit bedrautem Hinrichten der
Ernst were/ und weiß nicht worauff sich verliesse/ fragte sie
endlich/ ob denn keine Gnade were? Jhr ward zur Antwort/
Keine Gnade. Da ist bey dieser Person das heimliche Wi-
dersprechen/ das ohn Zweifel bey voriger Unthaten Be-
gängniß offters sich mag gewittert haben/ vor den Anwe-
senden in Worte außgebrochen/ in dem sie auff den Knien
liegend und des Schusses erwartend mit gedämpffter Stim-
me dreymal seuffzende gesprochen: O Ewigkeit! O Ewig-
keit! O Ewigkeit.

§. 26.

Es lehret uns unser Schreckbild weiter/ (b) daß
die Sünde desto schrecklicher gefährlicher und grös-

ser
K
§. 23.

Alß nu deren Anverwandte hierdurch nicht we-
nig bekuͤmmert/ und dannenhero bemuͤhet waren ſie durch
geiſtliche und andere Perſonen auff einen beſſern Weg zu
bringen/ hat doch weder Vermahnen/ Flehen noch Bitten
jemals bey derſelben ſtat finden moͤgen/ ſintemahl ſie an ſtat
der Antwort nur Gotteslaͤſterung und die grauſamſte Ver-
fluchungen heraus geſtoſſen.

§. 24.

Und weil zu vorigen noch taͤglich neuveruͤbete
Ubelthaten kamen/ und die Verbrechen ſich ſo gar uͤberhaͤuf-
feten/ daß keine Beſſerung im wenigſten weder zu ſpuͤren
noch zu hoffen mehr war/ iſt endlich die hohe Obrigkeit des
Orts hoch bedrungenlich getrieben und bewogen worden/
mit Bewuſt und Einwilligung dero angehoͤrigen hoch an-
ſehnlichen Freunde ihr den laͤngſt verwirckten Tod anzu-
kuͤndigen. Ward alſo einsmahls zu fruͤer Tageszeit in
groſſer Stille aus ihrer Gewahrſam uͤber etliche Meilen
weg von dem Ort gefuͤhret/ auff einen gruͤnen Platz geſtellt/
und geheiſſen/ ſich zu dem letzten Streich fertig zu machen.

§. 25.

Jn ſothanem Zuſtande/ ob ſie wol anfangs
ſchwerlich glaubte/ daß es mit bedrautem Hinrichten der
Ernſt were/ und weiß nicht worauff ſich verlieſſe/ fragte ſie
endlich/ ob denn keine Gnade were? Jhr ward zur Antwort/
Keine Gnade. Da iſt bey dieſer Perſon das heimliche Wi-
derſprechen/ das ohn Zweifel bey voriger Unthaten Be-
gaͤngniß offters ſich mag gewittert haben/ vor den Anwe-
ſenden in Worte außgebrochen/ in dem ſie auff den Knien
liegend und des Schuſſes erwartend mit gedaͤmpffteꝛ Stim-
me dreymal ſeuffzende geſprochen: O Ewigkeit! O Ewig-
keit! O Ewigkeit.

§. 26.

Es lehret uns unſer Schreckbild weiter/ (β) daß
die Suͤnde deſto ſchrecklicher gefaͤhrlicher und groͤſ-

ſer
K
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[0095] §. 23.Alß nu deren Anverwandte hierdurch nicht we- nig bekuͤmmert/ und dannenhero bemuͤhet waren ſie durch geiſtliche und andere Perſonen auff einen beſſern Weg zu bringen/ hat doch weder Vermahnen/ Flehen noch Bitten jemals bey derſelben ſtat finden moͤgen/ ſintemahl ſie an ſtat der Antwort nur Gotteslaͤſterung und die grauſamſte Ver- fluchungen heraus geſtoſſen. §. 24.Und weil zu vorigen noch taͤglich neuveruͤbete Ubelthaten kamen/ und die Verbrechen ſich ſo gar uͤberhaͤuf- feten/ daß keine Beſſerung im wenigſten weder zu ſpuͤren noch zu hoffen mehr war/ iſt endlich die hohe Obrigkeit des Orts hoch bedrungenlich getrieben und bewogen worden/ mit Bewuſt und Einwilligung dero angehoͤrigen hoch an- ſehnlichen Freunde ihr den laͤngſt verwirckten Tod anzu- kuͤndigen. Ward alſo einsmahls zu fruͤer Tageszeit in groſſer Stille aus ihrer Gewahrſam uͤber etliche Meilen weg von dem Ort gefuͤhret/ auff einen gruͤnen Platz geſtellt/ und geheiſſen/ ſich zu dem letzten Streich fertig zu machen. §. 25.Jn ſothanem Zuſtande/ ob ſie wol anfangs ſchwerlich glaubte/ daß es mit bedrautem Hinrichten der Ernſt were/ und weiß nicht worauff ſich verlieſſe/ fragte ſie endlich/ ob denn keine Gnade were? Jhr ward zur Antwort/ Keine Gnade. Da iſt bey dieſer Perſon das heimliche Wi- derſprechen/ das ohn Zweifel bey voriger Unthaten Be- gaͤngniß offters ſich mag gewittert haben/ vor den Anwe- ſenden in Worte außgebrochen/ in dem ſie auff den Knien liegend und des Schuſſes erwartend mit gedaͤmpffteꝛ Stim- me dreymal ſeuffzende geſprochen: O Ewigkeit! O Ewig- keit! O Ewigkeit. §. 26.Es lehret uns unſer Schreckbild weiter/ (β) daß die Suͤnde deſto ſchrecklicher gefaͤhrlicher und groͤſ- ſer K

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Zitationshilfe: Scriver, Christian: Das Verlohrne und wiedergefundene Schäfflein. Magdeburg, 1672, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scriver_schaefflein_1672/95>, abgerufen am 24.04.2024.