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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861.

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durch, dass durch selbe entweder ein zersetzter Stoff in den
ergriffenen Individuen entsteht, oder dass in Folge dieser Ur-
sachen den Individuen ein zersetzter Stoff von aussen einge-
bracht wird, dass mithin die Braun'sche Aetiologie zum Theil
Irrthum, zum Theil Wahrheit ist; dass die Braun'sche Aetio-
logie Irrthum ist, wo selbe etwas Anderes lehrt als ich; dass
die Braun'sche Aetiologie zur Wahrheit wird, sobald selbe
dasselbe lehrt, was ich lehre.

Zu den aetiologischen Momenten des Kindbettfiebers,
welche als solche von Carl Braun aufgezählt werden, aber keine
aetiologischen Momente sind, gehört: 1. die Conception und
die Schwangerschaft; 2. die Hyperinose; 3. die Hydraemie;
4. die Uraemie; 5. eine allgemeine Plethore der Schwangeren;
6. eine Disproportion in der Vegetation der Mutter und des
Foetus; 7. die durch die Schwangerschaft veranlassten Blut-
stauungen und Stasen; 8. ob die Inopexie des Blutes Veran-
lassung zu Puerperalprocessen werden könne, bleibt ferneren
Beobachtungen zur Entscheidung vorbehalten; 9. das Schwan-
gerschaftsfieber ist keine Ursache des Puerperalfiebers, son-
dern ein in der Schwangerschaft verlaufendes wahres, genui-
nes Puerperalfieber; 11. die Ausgleichung der Hyperinose;
12. die Inopexie des Wochenbettes. Existirt im physiologischen
Zustande gar nicht, im pathologischen Zustande ist es ein Pro-
duct des schon vorhandenen Puerperalfiebers, und nicht eine
Ursache des Puerperalfiebers.

13. Der durch Verkleinerung des Uterus aufgehobene
Druck auf die Nachbarorgane desselben.

15. Verwundung der Innenfläche des Uterus durch die
Lostrennung der Placenta.

16. Die puerperale Thrombose und Metrorrhagien. Die
puerperale Thrombose existirt, wie wir nachgewiesen, im phy-
siologischen Zustande nicht, im pathologischen Zustande ist
die puerperale Thrombose keine Ursache des Kindbettfiebers,
sondern das Product des schon vorhandenen Kindbettfiebers.
Metrorrhagien sind keine Ursachen des Kindbettfiebers. Vor

durch, dass durch selbe entweder ein zersetzter Stoff in den
ergriffenen Individuen entsteht, oder dass in Folge dieser Ur-
sachen den Individuen ein zersetzter Stoff von aussen einge-
bracht wird, dass mithin die Braun’sche Aetiologie zum Theil
Irrthum, zum Theil Wahrheit ist; dass die Braun’sche Aetio-
logie Irrthum ist, wo selbe etwas Anderes lehrt als ich; dass
die Braun’sche Aetiologie zur Wahrheit wird, sobald selbe
dasselbe lehrt, was ich lehre.

Zu den aetiologischen Momenten des Kindbettfiebers,
welche als solche von Carl Braun aufgezählt werden, aber keine
aetiologischen Momente sind, gehört: 1. die Conception und
die Schwangerschaft; 2. die Hyperinose; 3. die Hydraemie;
4. die Uraemie; 5. eine allgemeine Plethore der Schwangeren;
6. eine Disproportion in der Vegetation der Mutter und des
Foetus; 7. die durch die Schwangerschaft veranlassten Blut-
stauungen und Stasen; 8. ob die Inopexie des Blutes Veran-
lassung zu Puerperalprocessen werden könne, bleibt ferneren
Beobachtungen zur Entscheidung vorbehalten; 9. das Schwan-
gerschaftsfieber ist keine Ursache des Puerperalfiebers, son-
dern ein in der Schwangerschaft verlaufendes wahres, genui-
nes Puerperalfieber; 11. die Ausgleichung der Hyperinose;
12. die Inopexie des Wochenbettes. Existirt im physiologischen
Zustande gar nicht, im pathologischen Zustande ist es ein Pro-
duct des schon vorhandenen Puerperalfiebers, und nicht eine
Ursache des Puerperalfiebers.

13. Der durch Verkleinerung des Uterus aufgehobene
Druck auf die Nachbarorgane desselben.

15. Verwundung der Innenfläche des Uterus durch die
Lostrennung der Placenta.

16. Die puerperale Thrombose und Metrorrhagien. Die
puerperale Thrombose existirt, wie wir nachgewiesen, im phy-
siologischen Zustande nicht, im pathologischen Zustande ist
die puerperale Thrombose keine Ursache des Kindbettfiebers,
sondern das Product des schon vorhandenen Kindbettfiebers.
Metrorrhagien sind keine Ursachen des Kindbettfiebers. Vor

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[530/0542] durch, dass durch selbe entweder ein zersetzter Stoff in den ergriffenen Individuen entsteht, oder dass in Folge dieser Ur- sachen den Individuen ein zersetzter Stoff von aussen einge- bracht wird, dass mithin die Braun’sche Aetiologie zum Theil Irrthum, zum Theil Wahrheit ist; dass die Braun’sche Aetio- logie Irrthum ist, wo selbe etwas Anderes lehrt als ich; dass die Braun’sche Aetiologie zur Wahrheit wird, sobald selbe dasselbe lehrt, was ich lehre. Zu den aetiologischen Momenten des Kindbettfiebers, welche als solche von Carl Braun aufgezählt werden, aber keine aetiologischen Momente sind, gehört: 1. die Conception und die Schwangerschaft; 2. die Hyperinose; 3. die Hydraemie; 4. die Uraemie; 5. eine allgemeine Plethore der Schwangeren; 6. eine Disproportion in der Vegetation der Mutter und des Foetus; 7. die durch die Schwangerschaft veranlassten Blut- stauungen und Stasen; 8. ob die Inopexie des Blutes Veran- lassung zu Puerperalprocessen werden könne, bleibt ferneren Beobachtungen zur Entscheidung vorbehalten; 9. das Schwan- gerschaftsfieber ist keine Ursache des Puerperalfiebers, son- dern ein in der Schwangerschaft verlaufendes wahres, genui- nes Puerperalfieber; 11. die Ausgleichung der Hyperinose; 12. die Inopexie des Wochenbettes. Existirt im physiologischen Zustande gar nicht, im pathologischen Zustande ist es ein Pro- duct des schon vorhandenen Puerperalfiebers, und nicht eine Ursache des Puerperalfiebers. 13. Der durch Verkleinerung des Uterus aufgehobene Druck auf die Nachbarorgane desselben. 15. Verwundung der Innenfläche des Uterus durch die Lostrennung der Placenta. 16. Die puerperale Thrombose und Metrorrhagien. Die puerperale Thrombose existirt, wie wir nachgewiesen, im phy- siologischen Zustande nicht, im pathologischen Zustande ist die puerperale Thrombose keine Ursache des Kindbettfiebers, sondern das Product des schon vorhandenen Kindbettfiebers. Metrorrhagien sind keine Ursachen des Kindbettfiebers. Vor

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Zitationshilfe: Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 530. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/542>, abgerufen am 19.04.2024.