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Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

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Gattung: Chondrostoma.

Obgleich Heckel und Kner (a. a. O.) Chondrostoma Genei mit Chondrostoma
Rysela
zu einer Art vereinigt haben, sehe ich mich dennoch genöthigt, Heckel's
früherer Ansicht treu zu bleiben und diese beiden Chondrostoma-Arten vor
der Hand noch auseinander zu halten, muss aber ausdrücklich bemerken,
dass ich mich zu diesem Schritte nicht etwa durch Bonaparte's ungenügende
Darstellung seines Ch. Genei, sondern durch eine Vergleichung habe
drängen lassen, welche ich mit Ch. Rysela des Donau-Gebiets und mit
mehreren Exemplaren des Ch. Genei von Lyon, Verona, Mailand und Turin
habe vornehmen können.

Bei der Vergleichung beider Nasen-Arten untereinander zeigte sich eine
fast gleiche Flossenbildung mit dem Unterschiede, dass Ch. Genei statt 10
bis 11 nur 8 bis 9 zerfaserte Strahlen in der Afterflosse besitzt. Ausser-
dem stellen sich noch folgende Unterschiede heraus. Der Leib des Ch. Genei
ist länger gestreckt als der von Ch. Rysela, enthält aber doch nur 54 bis 56
Schuppen in der Seitenlinie. Die nach hinten gegen den Leib zurückgelegten
Brustflossen lassen zwischen ihren Spitzen und den Wurzeln der Bauchflossen
einen Raum übrig, welcher von 8 bis 10 Schuppen-Querreihen ausgefüllt
wird, und mithin länger ist als bei Ch. Rysela. Die Schnauze ist sehr abge-
stumpft, und ragt nur sehr wenig hervor, indem sie concentrisch mit der

[Abbildung]
[Abbildung] Fig. 40.


Kopf von
unten.

Mundspalte zu einem flachen Bogen abgerundet ist. Aus dieser
Schnauzenform geht hervor, dass Ch. Genei in dieser Beziehung
dem Ch. Rysela sehr nahe steht, und dass beide Arten leicht mit-
einander verwechselt werden können, wie dies auch wirklich von
Heckel und Kner geschehen ist; ich würde auch auf das Auf-
rechthalten dieser beiden Nasen-Arten gar nicht bestehen, da viel-
leicht durch Uebergangsformen die äusseren Körperumrisse des
Ch. Genei und Ch. Rysela bis zu blossen Varietäten abgeschwächt werden
könnten, wenn nicht die Bildung der Schlundknochen mir ganz bestimmte
[Abbildung]
[Abbildung] Fig. 41.


Schlundknochen. a. Nicht ausgeschnittener
Vorderrand des Flügels.

specifische Unterschiede zwischen Ch.
Genei
und Ch. Rysela dargeboten hätte.
Ich überzeugte mich nämlich, dass
die Schlundknochen und Schlund-
zähne des Ch. Genei abgesehen von
der geringeren Anzahl der Zähne in
den Umrissen und in der Richtung der
Knochenfortsätze, sowie in der sehr
schiefen Stellung der Zähne mit den-
selben Organen des Ch. Nasus voll-
ständig übereinstimmen. In Bezug
auf die Zahnformel selbst habe ich
unter 26 Exemplaren des Ch. Genei

Gattung: Chondrostoma.

Obgleich Heckel und Kner (a. a. O.) Chondrostoma Genei mit Chondrostoma
Rysela
zu einer Art vereinigt haben, sehe ich mich dennoch genöthigt, Heckel’s
früherer Ansicht treu zu bleiben und diese beiden Chondrostoma-Arten vor
der Hand noch auseinander zu halten, muss aber ausdrücklich bemerken,
dass ich mich zu diesem Schritte nicht etwa durch Bonaparte’s ungenügende
Darstellung seines Ch. Genei, sondern durch eine Vergleichung habe
drängen lassen, welche ich mit Ch. Rysela des Donau-Gebiets und mit
mehreren Exemplaren des Ch. Genei von Lyon, Verona, Mailand und Turin
habe vornehmen können.

Bei der Vergleichung beider Nasen-Arten untereinander zeigte sich eine
fast gleiche Flossenbildung mit dem Unterschiede, dass Ch. Genei statt 10
bis 11 nur 8 bis 9 zerfaserte Strahlen in der Afterflosse besitzt. Ausser-
dem stellen sich noch folgende Unterschiede heraus. Der Leib des Ch. Genei
ist länger gestreckt als der von Ch. Rysela, enthält aber doch nur 54 bis 56
Schuppen in der Seitenlinie. Die nach hinten gegen den Leib zurückgelegten
Brustflossen lassen zwischen ihren Spitzen und den Wurzeln der Bauchflossen
einen Raum übrig, welcher von 8 bis 10 Schuppen-Querreihen ausgefüllt
wird, und mithin länger ist als bei Ch. Rysela. Die Schnauze ist sehr abge-
stumpft, und ragt nur sehr wenig hervor, indem sie concentrisch mit der

[Abbildung]
[Abbildung] Fig. 40.


Kopf von
unten.

Mundspalte zu einem flachen Bogen abgerundet ist. Aus dieser
Schnauzenform geht hervor, dass Ch. Genei in dieser Beziehung
dem Ch. Rysela sehr nahe steht, und dass beide Arten leicht mit-
einander verwechselt werden können, wie dies auch wirklich von
Heckel und Kner geschehen ist; ich würde auch auf das Auf-
rechthalten dieser beiden Nasen-Arten gar nicht bestehen, da viel-
leicht durch Uebergangsformen die äusseren Körperumrisse des
Ch. Genei und Ch. Rysela bis zu blossen Varietäten abgeschwächt werden
könnten, wenn nicht die Bildung der Schlundknochen mir ganz bestimmte
[Abbildung]
[Abbildung] Fig. 41.


Schlundknochen. a. Nicht ausgeschnittener
Vorderrand des Flügels.

specifische Unterschiede zwischen Ch.
Genei
und Ch. Rysela dargeboten hätte.
Ich überzeugte mich nämlich, dass
die Schlundknochen und Schlund-
zähne des Ch. Genei abgesehen von
der geringeren Anzahl der Zähne in
den Umrissen und in der Richtung der
Knochenfortsätze, sowie in der sehr
schiefen Stellung der Zähne mit den-
selben Organen des Ch. Nasus voll-
ständig übereinstimmen. In Bezug
auf die Zahnformel selbst habe ich
unter 26 Exemplaren des Ch. Genei

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[231/0244] Gattung: Chondrostoma. Obgleich Heckel und Kner (a. a. O.) Chondrostoma Genei mit Chondrostoma Rysela zu einer Art vereinigt haben, sehe ich mich dennoch genöthigt, Heckel’s früherer Ansicht treu zu bleiben und diese beiden Chondrostoma-Arten vor der Hand noch auseinander zu halten, muss aber ausdrücklich bemerken, dass ich mich zu diesem Schritte nicht etwa durch Bonaparte’s ungenügende Darstellung seines Ch. Genei, sondern durch eine Vergleichung habe drängen lassen, welche ich mit Ch. Rysela des Donau-Gebiets und mit mehreren Exemplaren des Ch. Genei von Lyon, Verona, Mailand und Turin habe vornehmen können. Bei der Vergleichung beider Nasen-Arten untereinander zeigte sich eine fast gleiche Flossenbildung mit dem Unterschiede, dass Ch. Genei statt 10 bis 11 nur 8 bis 9 zerfaserte Strahlen in der Afterflosse besitzt. Ausser- dem stellen sich noch folgende Unterschiede heraus. Der Leib des Ch. Genei ist länger gestreckt als der von Ch. Rysela, enthält aber doch nur 54 bis 56 Schuppen in der Seitenlinie. Die nach hinten gegen den Leib zurückgelegten Brustflossen lassen zwischen ihren Spitzen und den Wurzeln der Bauchflossen einen Raum übrig, welcher von 8 bis 10 Schuppen-Querreihen ausgefüllt wird, und mithin länger ist als bei Ch. Rysela. Die Schnauze ist sehr abge- stumpft, und ragt nur sehr wenig hervor, indem sie concentrisch mit der [Abbildung] [Abbildung Fig. 40. Kopf von unten.] Mundspalte zu einem flachen Bogen abgerundet ist. Aus dieser Schnauzenform geht hervor, dass Ch. Genei in dieser Beziehung dem Ch. Rysela sehr nahe steht, und dass beide Arten leicht mit- einander verwechselt werden können, wie dies auch wirklich von Heckel und Kner geschehen ist; ich würde auch auf das Auf- rechthalten dieser beiden Nasen-Arten gar nicht bestehen, da viel- leicht durch Uebergangsformen die äusseren Körperumrisse des Ch. Genei und Ch. Rysela bis zu blossen Varietäten abgeschwächt werden könnten, wenn nicht die Bildung der Schlundknochen mir ganz bestimmte [Abbildung] [Abbildung Fig. 41. Schlundknochen. a. Nicht ausgeschnittener Vorderrand des Flügels.] specifische Unterschiede zwischen Ch. Genei und Ch. Rysela dargeboten hätte. Ich überzeugte mich nämlich, dass die Schlundknochen und Schlund- zähne des Ch. Genei abgesehen von der geringeren Anzahl der Zähne in den Umrissen und in der Richtung der Knochenfortsätze, sowie in der sehr schiefen Stellung der Zähne mit den- selben Organen des Ch. Nasus voll- ständig übereinstimmen. In Bezug auf die Zahnformel selbst habe ich unter 26 Exemplaren des Ch. Genei

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Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/244>, abgerufen am 16.04.2024.