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Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

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Gattung: Gasterosteus.
betrachtet 1). Fries und Ekström erklärten die beiden Formen durch den Einfluss
der Jahreszeiten entstanden 2), indem der Gasterost. aculeatus im Sommer als
G. leiurus und im Winter als G. trachurus auftrete. Günther (Nr. 47: pag. 34)
behauptet dagegen, dass die gepanzerte Form des Stichlings mehr dem Nor-
den und die nackte Form mehr dem Süden angehöre. Mir scheint dies nicht
ganz unwahrscheinlich, wenigstens habe ich aus Würzburg, Mainz, Strass-
burg, Freiburg und Stuttgart nur G. leiurus erhalten, während mir von
Berlin und Bremen sowohl die nackte wie die gepanzerte Form eingesendet
wurde, und ich bei meiner letzten Anwesenheit in Ost- und Westpreussen
nur den G. trachurus aus den dortigen Flüssen und Seen einsammeln konnte.
Nach den Abbildungen zu schliessen, die sich als Originaldarstellungen des
dreistacheligen Stichlings in den verschiedenen nordischen Fischfaunen vor-
finden, scheint die gepanzerte Form als G. trachurus im nördlichen Europa
am häufigsten vorzukommen. So hat Donovan den G. aculeatus nur gepan-
zert und zugleich im rothgefärbten Brautkleide dargestellt 3). Ebenso beziehen
sich die Abbildungen von Bloch 4) und Kröyer 5) auf den gepanzerten G.
aculeatus.
Dagegen ersieht man aus den Abbildungen, welche Coste gelie-
fert 6), dass derselbe in Paris seine weiter unten zu erwähnenden Beobach-
tungen an G. leiurus angestellt hat. Es scheinen übrigens die verschiedenen
Entwicklungszustände der knöchernen Hautbedeckung bei diesem Stichling
von etwas anderem als von der Jahreszeit abhängig zu sein, denn aus einer
Mittheilung Yarrell's erfahren wir, dass derselbe im Monat August den
G. trachurus, semiarmatus und leiurus an einem und demselben Ort
gefangen habe, unter denen jedoch die erste Form stets die häufigste gewe-
sen sei 7).

Der dreistachelige Stichling, der merkwürdiger Weise im Flussgebiete
der Donau gänzlich fehlt, sonst aber in allen übrigen Stromgebieten Mittel-
europa's angetroffen wird, wählt sich im Rhein-Flussgebiet als Lieblingsauf-
enthalt die kleineren Seitenbäche des Rheins, des Mains und des Neckars aus,
im Rhein selbst sucht er die sogenannten todten Arme desselben auf, wo er
sich bei länger anhaltendem Hochwasser zuweilen ausserordentlich vermehrt.

Die Fähigkeit einer zeitweise ungeheuren Vermehrung tritt jedoch an
diesem Fische im nördlichen Europa häufiger und auffallender hervor als an

1) Vergl. Heckel und Kner Nr. 13: pag. 38.
2) S. deren Skandinaviens Fiskar. Stockholm, 1836. 1. Hft. pag. 9 des latein. Textes.
Pl. 4. Fig. 1 a (im Winterkleid), Fig. 1 b (im Sommerkleid).
3) S. dessen Natural history of british fishes. Vol. I. London, 1802. Pl. XI.
4) A. a. O. Taf. 53. Fig. 3.
5) S. dessen Danmarks Fiske. I. Bd. Kjöbenhavn, 1838. pag. 169.
6) Vergl. Memoires de l'academie des sciences. Savants Etrangers. Tom. X. Paris, 1848.
7) Vergl. The Magazine of natural history. Vol. III. 1830. pag. 524.
5*

Gattung: Gasterosteus.
betrachtet 1). Fries und Ekström erklärten die beiden Formen durch den Einfluss
der Jahreszeiten entstanden 2), indem der Gasterost. aculeatus im Sommer als
G. leiurus und im Winter als G. trachurus auftrete. Günther (Nr. 47: pag. 34)
behauptet dagegen, dass die gepanzerte Form des Stichlings mehr dem Nor-
den und die nackte Form mehr dem Süden angehöre. Mir scheint dies nicht
ganz unwahrscheinlich, wenigstens habe ich aus Würzburg, Mainz, Strass-
burg, Freiburg und Stuttgart nur G. leiurus erhalten, während mir von
Berlin und Bremen sowohl die nackte wie die gepanzerte Form eingesendet
wurde, und ich bei meiner letzten Anwesenheit in Ost- und Westpreussen
nur den G. trachurus aus den dortigen Flüssen und Seen einsammeln konnte.
Nach den Abbildungen zu schliessen, die sich als Originaldarstellungen des
dreistacheligen Stichlings in den verschiedenen nordischen Fischfaunen vor-
finden, scheint die gepanzerte Form als G. trachurus im nördlichen Europa
am häufigsten vorzukommen. So hat Donovan den G. aculeatus nur gepan-
zert und zugleich im rothgefärbten Brautkleide dargestellt 3). Ebenso beziehen
sich die Abbildungen von Bloch 4) und Krøyer 5) auf den gepanzerten G.
aculeatus.
Dagegen ersieht man aus den Abbildungen, welche Coste gelie-
fert 6), dass derselbe in Paris seine weiter unten zu erwähnenden Beobach-
tungen an G. leiurus angestellt hat. Es scheinen übrigens die verschiedenen
Entwicklungszustände der knöchernen Hautbedeckung bei diesem Stichling
von etwas anderem als von der Jahreszeit abhängig zu sein, denn aus einer
Mittheilung Yarrell’s erfahren wir, dass derselbe im Monat August den
G. trachurus, semiarmatus und leiurus an einem und demselben Ort
gefangen habe, unter denen jedoch die erste Form stets die häufigste gewe-
sen sei 7).

Der dreistachelige Stichling, der merkwürdiger Weise im Flussgebiete
der Donau gänzlich fehlt, sonst aber in allen übrigen Stromgebieten Mittel-
europa’s angetroffen wird, wählt sich im Rhein-Flussgebiet als Lieblingsauf-
enthalt die kleineren Seitenbäche des Rheins, des Mains und des Neckars aus,
im Rhein selbst sucht er die sogenannten todten Arme desselben auf, wo er
sich bei länger anhaltendem Hochwasser zuweilen ausserordentlich vermehrt.

Die Fähigkeit einer zeitweise ungeheuren Vermehrung tritt jedoch an
diesem Fische im nördlichen Europa häufiger und auffallender hervor als an

1) Vergl. Heckel und Kner Nr. 13: pag. 38.
2) S. deren Skandinaviens Fiskar. Stockholm, 1836. 1. Hft. pag. 9 des latein. Textes.
Pl. 4. Fig. 1 a (im Winterkleid), Fig. 1 b (im Sommerkleid).
3) S. dessen Natural history of british fishes. Vol. I. London, 1802. Pl. XI.
4) A. a. O. Taf. 53. Fig. 3.
5) S. dessen Danmarks Fiske. I. Bd. Kjøbenhavn, 1838. pag. 169.
6) Vergl. Mémoires de l’academie des sciences. Savants Etrangers. Tom. X. Paris, 1848.
7) Vergl. The Magazine of natural history. Vol. III. 1830. pag. 524.
5*
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[67/0080] Gattung: Gasterosteus. betrachtet 1). Fries und Ekström erklärten die beiden Formen durch den Einfluss der Jahreszeiten entstanden 2), indem der Gasterost. aculeatus im Sommer als G. leiurus und im Winter als G. trachurus auftrete. Günther (Nr. 47: pag. 34) behauptet dagegen, dass die gepanzerte Form des Stichlings mehr dem Nor- den und die nackte Form mehr dem Süden angehöre. Mir scheint dies nicht ganz unwahrscheinlich, wenigstens habe ich aus Würzburg, Mainz, Strass- burg, Freiburg und Stuttgart nur G. leiurus erhalten, während mir von Berlin und Bremen sowohl die nackte wie die gepanzerte Form eingesendet wurde, und ich bei meiner letzten Anwesenheit in Ost- und Westpreussen nur den G. trachurus aus den dortigen Flüssen und Seen einsammeln konnte. Nach den Abbildungen zu schliessen, die sich als Originaldarstellungen des dreistacheligen Stichlings in den verschiedenen nordischen Fischfaunen vor- finden, scheint die gepanzerte Form als G. trachurus im nördlichen Europa am häufigsten vorzukommen. So hat Donovan den G. aculeatus nur gepan- zert und zugleich im rothgefärbten Brautkleide dargestellt 3). Ebenso beziehen sich die Abbildungen von Bloch 4) und Krøyer 5) auf den gepanzerten G. aculeatus. Dagegen ersieht man aus den Abbildungen, welche Coste gelie- fert 6), dass derselbe in Paris seine weiter unten zu erwähnenden Beobach- tungen an G. leiurus angestellt hat. Es scheinen übrigens die verschiedenen Entwicklungszustände der knöchernen Hautbedeckung bei diesem Stichling von etwas anderem als von der Jahreszeit abhängig zu sein, denn aus einer Mittheilung Yarrell’s erfahren wir, dass derselbe im Monat August den G. trachurus, semiarmatus und leiurus an einem und demselben Ort gefangen habe, unter denen jedoch die erste Form stets die häufigste gewe- sen sei 7). Der dreistachelige Stichling, der merkwürdiger Weise im Flussgebiete der Donau gänzlich fehlt, sonst aber in allen übrigen Stromgebieten Mittel- europa’s angetroffen wird, wählt sich im Rhein-Flussgebiet als Lieblingsauf- enthalt die kleineren Seitenbäche des Rheins, des Mains und des Neckars aus, im Rhein selbst sucht er die sogenannten todten Arme desselben auf, wo er sich bei länger anhaltendem Hochwasser zuweilen ausserordentlich vermehrt. Die Fähigkeit einer zeitweise ungeheuren Vermehrung tritt jedoch an diesem Fische im nördlichen Europa häufiger und auffallender hervor als an 1) Vergl. Heckel und Kner Nr. 13: pag. 38. 2) S. deren Skandinaviens Fiskar. Stockholm, 1836. 1. Hft. pag. 9 des latein. Textes. Pl. 4. Fig. 1 a (im Winterkleid), Fig. 1 b (im Sommerkleid). 3) S. dessen Natural history of british fishes. Vol. I. London, 1802. Pl. XI. 4) A. a. O. Taf. 53. Fig. 3. 5) S. dessen Danmarks Fiske. I. Bd. Kjøbenhavn, 1838. pag. 169. 6) Vergl. Mémoires de l’academie des sciences. Savants Etrangers. Tom. X. Paris, 1848. 7) Vergl. The Magazine of natural history. Vol. III. 1830. pag. 524. 5*

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Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/80>, abgerufen am 25.04.2024.