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Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

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Familie: Pleuronectae.

Artcharakter: Seitenlinie fast gerade, durch dornige Warzen-
Reihen rauh eingefasst, auch die Basis der Rücken- und
Afterflosse mit dornigen Höckern besetzt. Die Augen-Seite
(meistens die rechte Seite) olivengrün oder bräunlich, zu-
weilen gelb gefleckt.

D. 57, P. 10, V. 6, A. 38--42, C. 18.

Dieser in der Ost- und Nordsee sehr gemeine Fisch, welcher eine Länge
von 8 bis 10 Zoll erreicht, steigt oft weit in die Flüsse hinauf, so dass der-
selbe in England und Belgien schon mehrere Male viele Meilen weit vom Meere
entfernt im süssen Wasser gefangen worden ist. So berichtet Donovan 1), dass
in vielen britischen Seen und Flüssen Flundern in grosser Anzahl gefangen
werden, und Yarrell 2) giebt ganz bestimmt an, dass im Avon mehrere Meilen
oberhalb Bath, und in der Themse einige Meilen oberhalb London sehr häufig
Flundern vorkommen. Von Selys-Longchamps (a. a. O.) wird mitgetheilt, dass
die Flunder aus der Schelde in die Nethe bis nach Waterloo und aus der
Maas in die Ourthe bis über Lüttich hinauf gelangt sei. Nach Holandre's
Beobachtung (a. a. O.) ist ein Exemplar dieses Fisches im August des Jahres
1818 in der Mosel bei Metz vorgekommen. Auch M. Schaeffer (a. a. O.) er-
zählt, dass die Flunder manchmal bis nach Trier und weiter die Mosel herauf
steige und er im October des Jahres 1842 auf dem Fischmarkte zu Trier zwei
lebende Exemplare dieses Fisches, welche in der Mosel gefangen waren, ge-
sehen habe.

Dass die Flunder sich noch weiter hinauf im Flussgebiet des Rheins ver-
steigen, und sogar bis zum Mittelrhein sich verirren kann, dies beweisen fol-
gende Angaben. Der Stadtfischer Hänlein in Mainz, dessen Aussagen man
wohl Glauben schenken darf, gab mir die mündliche Versicherung, dass ihm
erst einmal in seinem Leben eine Flunder aus dem Rhein bei Mainz vorgekom-
men sei. Durch Dr. Braun 3) erfahren wir, dass während seines 18 Jahre lang
dauernden Aufenthalts in Klingenberg (am Main in Unterfranken) von 1815
bis 1833 ihm einmal von den Fischern daselbst ein ihnen unbekannter son-
derbar gestalteter Fisch gebracht worden sei, den er bei Untersuchung und
Vergleichung mit Abbildungen als eine Pleuronectes erkannt habe. Es ist
diese Eigenschaft der Flunder, in süssem Wasser auszudauern, schon den
älteren Ichthyologen bekannt, und Veranlassung gewesen, diesem Fische den
Namen Passer fluviatilis zu verschaffen 4).


1) S. dessen: Natural history of british fishes. Vol. IV. London, 1806. Plate 94.
2) Vergl. dessen: History of british fishes. Vol. II. London, 1841. pag. 304.
3) Vergl. Correspondenz-Blatt des zoologisch-mineralogischen Vereines in Regensburg.
VIII. Jahrg. 1854. pag. 112.
4) Vergl. Bellonii de aquatilibus libri duo. Parisiis, 1553. pag. 144. Passer fluviatilis
Familie: Pleuronectae.

Artcharakter: Seitenlinie fast gerade, durch dornige Warzen-
Reihen rauh eingefasst, auch die Basis der Rücken- und
Afterflosse mit dornigen Höckern besetzt. Die Augen-Seite
(meistens die rechte Seite) olivengrün oder bräunlich, zu-
weilen gelb gefleckt.

D. 57, P. 10, V. 6, A. 38—42, C. 18.

Dieser in der Ost- und Nordsee sehr gemeine Fisch, welcher eine Länge
von 8 bis 10 Zoll erreicht, steigt oft weit in die Flüsse hinauf, so dass der-
selbe in England und Belgien schon mehrere Male viele Meilen weit vom Meere
entfernt im süssen Wasser gefangen worden ist. So berichtet Donovan 1), dass
in vielen britischen Seen und Flüssen Flundern in grosser Anzahl gefangen
werden, und Yarrell 2) giebt ganz bestimmt an, dass im Avon mehrere Meilen
oberhalb Bath, und in der Themse einige Meilen oberhalb London sehr häufig
Flundern vorkommen. Von Selys-Longchamps (a. a. O.) wird mitgetheilt, dass
die Flunder aus der Schelde in die Nethe bis nach Waterloo und aus der
Maas in die Ourthe bis über Lüttich hinauf gelangt sei. Nach Holandre’s
Beobachtung (a. a. O.) ist ein Exemplar dieses Fisches im August des Jahres
1818 in der Mosel bei Metz vorgekommen. Auch M. Schaeffer (a. a. O.) er-
zählt, dass die Flunder manchmal bis nach Trier und weiter die Mosel herauf
steige und er im October des Jahres 1842 auf dem Fischmarkte zu Trier zwei
lebende Exemplare dieses Fisches, welche in der Mosel gefangen waren, ge-
sehen habe.

Dass die Flunder sich noch weiter hinauf im Flussgebiet des Rheins ver-
steigen, und sogar bis zum Mittelrhein sich verirren kann, dies beweisen fol-
gende Angaben. Der Stadtfischer Hänlein in Mainz, dessen Aussagen man
wohl Glauben schenken darf, gab mir die mündliche Versicherung, dass ihm
erst einmal in seinem Leben eine Flunder aus dem Rhein bei Mainz vorgekom-
men sei. Durch Dr. Braun 3) erfahren wir, dass während seines 18 Jahre lang
dauernden Aufenthalts in Klingenberg (am Main in Unterfranken) von 1815
bis 1833 ihm einmal von den Fischern daselbst ein ihnen unbekannter son-
derbar gestalteter Fisch gebracht worden sei, den er bei Untersuchung und
Vergleichung mit Abbildungen als eine Pleuronectes erkannt habe. Es ist
diese Eigenschaft der Flunder, in süssem Wasser auszudauern, schon den
älteren Ichthyologen bekannt, und Veranlassung gewesen, diesem Fische den
Namen Passer fluviatilis zu verschaffen 4).


1) S. dessen: Natural history of british fishes. Vol. IV. London, 1806. Plate 94.
2) Vergl. dessen: History of british fishes. Vol. II. London, 1841. pag. 304.
3) Vergl. Correspondenz-Blatt des zoologisch-mineralogischen Vereines in Regensburg.
VIII. Jahrg. 1854. pag. 112.
4) Vergl. Bellonii de aquatilibus libri duo. Parisiis, 1553. pag. 144. Passer fluviatilis
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[78/0091] Familie: Pleuronectae. Artcharakter: Seitenlinie fast gerade, durch dornige Warzen- Reihen rauh eingefasst, auch die Basis der Rücken- und Afterflosse mit dornigen Höckern besetzt. Die Augen-Seite (meistens die rechte Seite) olivengrün oder bräunlich, zu- weilen gelb gefleckt. D. 57, P. 10, V. 6, A. 38—42, C. 18. Dieser in der Ost- und Nordsee sehr gemeine Fisch, welcher eine Länge von 8 bis 10 Zoll erreicht, steigt oft weit in die Flüsse hinauf, so dass der- selbe in England und Belgien schon mehrere Male viele Meilen weit vom Meere entfernt im süssen Wasser gefangen worden ist. So berichtet Donovan 1), dass in vielen britischen Seen und Flüssen Flundern in grosser Anzahl gefangen werden, und Yarrell 2) giebt ganz bestimmt an, dass im Avon mehrere Meilen oberhalb Bath, und in der Themse einige Meilen oberhalb London sehr häufig Flundern vorkommen. Von Selys-Longchamps (a. a. O.) wird mitgetheilt, dass die Flunder aus der Schelde in die Nethe bis nach Waterloo und aus der Maas in die Ourthe bis über Lüttich hinauf gelangt sei. Nach Holandre’s Beobachtung (a. a. O.) ist ein Exemplar dieses Fisches im August des Jahres 1818 in der Mosel bei Metz vorgekommen. Auch M. Schaeffer (a. a. O.) er- zählt, dass die Flunder manchmal bis nach Trier und weiter die Mosel herauf steige und er im October des Jahres 1842 auf dem Fischmarkte zu Trier zwei lebende Exemplare dieses Fisches, welche in der Mosel gefangen waren, ge- sehen habe. Dass die Flunder sich noch weiter hinauf im Flussgebiet des Rheins ver- steigen, und sogar bis zum Mittelrhein sich verirren kann, dies beweisen fol- gende Angaben. Der Stadtfischer Hänlein in Mainz, dessen Aussagen man wohl Glauben schenken darf, gab mir die mündliche Versicherung, dass ihm erst einmal in seinem Leben eine Flunder aus dem Rhein bei Mainz vorgekom- men sei. Durch Dr. Braun 3) erfahren wir, dass während seines 18 Jahre lang dauernden Aufenthalts in Klingenberg (am Main in Unterfranken) von 1815 bis 1833 ihm einmal von den Fischern daselbst ein ihnen unbekannter son- derbar gestalteter Fisch gebracht worden sei, den er bei Untersuchung und Vergleichung mit Abbildungen als eine Pleuronectes erkannt habe. Es ist diese Eigenschaft der Flunder, in süssem Wasser auszudauern, schon den älteren Ichthyologen bekannt, und Veranlassung gewesen, diesem Fische den Namen Passer fluviatilis zu verschaffen 4). 1) S. dessen: Natural history of british fishes. Vol. IV. London, 1806. Plate 94. 2) Vergl. dessen: History of british fishes. Vol. II. London, 1841. pag. 304. 3) Vergl. Correspondenz-Blatt des zoologisch-mineralogischen Vereines in Regensburg. VIII. Jahrg. 1854. pag. 112. 4) Vergl. Bellonii de aquatilibus libri duo. Parisiis, 1553. pag. 144. Passer fluviatilis

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Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/91>, abgerufen am 28.03.2024.