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Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690.

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des vorgegangenen Unterrichts.
innere Mutter-Mund von den gewaltigen Wehen und dem zwie-
fachen Kinde eher/ als wenn das Kind mit den Füßlein zuvor
kommt. Und dis ist eben die Ursache/ daß ich die Geburt mit
dem Steuß vor sicherer halte/ als die mit den Füßlein/ in dem
das zwiefache Kind den Mutter-Mund zu gnungsamer Oeffnung
zwinget/ daß das Kind gleich durchgehen kan. Wenn es nur
wol in acht genommen wird/ so schadets dem Kinde nichts/ wie
auch der Mutter.
XLVI. Fr.
Just. Seyn denn über diese erzehlete übele Ge-
burten/ nicht auch übele Geburten/ da sich von dem Kinde
nichts vor den Leib zeiget?
Christ. Es sind zweyerley Arthen der Geburt/ da sich
nichts vor die Geburt zeiget. Die eine: wenn das Kind qvär
mit dem Rücken über die Geburt lieget/ so zeiget sich nichts vor/
wie auch in die Geburt. Die andere ist: wenn das Kind qvär
über mit der Seiten lieget/ da ist nichts vor der Geburt zuse-
hen/ und die Geburt ist wegen der weichen Seite gantz voll. Es
kan aber keines ohne die Wendung gebohren werden.
XLVII. Fr.
Just. Wie erkennet man diese Geburten gegen
einander?
Christ. Die erste Geburt ist zu erkennen/ weil sie mit den
Fingern nicht zu erreichen ist/ denn der Rückgrad des Kindes
kan sich nicht geben/ bis er gebrochen; Als muß die gantze Hand/
so bald es möglich/ wegen der innern Oeffnung gebrauchet wer-
den/ da denn der Rückgrad an denen Knörpeln zu fühlen ist.
Hingegen kan man die andere Geburt mit den Fingern errei-
chen/ weil die Seite des Kindes sich ergiebet/ und ist das Kind
dahero/ wenn nur nicht Wehen sind/ gar weich und schlüpffe-
rig zu fühlen.
XLVIII. Fr.
Just. Wie ist denn diesen zweyen Geburten zu
helffen?
Christ. Die erste Geburt ist schlimmer als die andere zu
erken-
des vorgegangenen Unterrichts.
innere Mutter-Mund von den gewaltigen Wehen und dem zwie-
fachen Kinde eher/ als wenn das Kind mit den Fuͤßlein zuvor
kommt. Und dis iſt eben die Urſache/ daß ich die Geburt mit
dem Steuß vor ſicherer halte/ als die mit den Fuͤßlein/ in dem
das zwiefache Kind den Mutter-Mund zu gnungſamer Oeffnung
zwinget/ daß das Kind gleich durchgehen kan. Wenn es nur
wol in acht genommen wird/ ſo ſchadets dem Kinde nichts/ wie
auch der Mutter.
XLVI. Fr.
Juſt. Seyn denn uͤber dieſe erzehlete uͤbele Ge-
burten/ nicht auch uͤbele Geburten/ da ſich von dem Kinde
nichts vor den Leib zeiget?
Chriſt. Es ſind zweyerley Arthen der Geburt/ da ſich
nichts vor die Geburt zeiget. Die eine: wenn das Kind qvaͤr
mit dem Ruͤcken uͤber die Geburt lieget/ ſo zeiget ſich nichts vor/
wie auch in die Geburt. Die andere iſt: wenn das Kind qvaͤr
uͤber mit der Seiten lieget/ da iſt nichts vor der Geburt zuſe-
hen/ und die Geburt iſt wegen der weichen Seite gantz voll. Es
kan aber keines ohne die Wendung gebohren werden.
XLVII. Fr.
Juſt. Wie erkennet man dieſe Geburten gegen
einander?
Chriſt. Die erſte Geburt iſt zu erkennen/ weil ſie mit den
Fingern nicht zu erreichen iſt/ denn der Ruͤckgrad des Kindes
kan ſich nicht geben/ bis er gebrochen; Als muß die gantze Hand/
ſo bald es moͤglich/ wegen der innern Oeffnung gebrauchet wer-
den/ da denn der Ruͤckgrad an denen Knoͤrpeln zu fuͤhlen iſt.
Hingegen kan man die andere Geburt mit den Fingern errei-
chen/ weil die Seite des Kindes ſich ergiebet/ und iſt das Kind
dahero/ wenn nur nicht Wehen ſind/ gar weich und ſchluͤpffe-
rig zu fuͤhlen.
XLVIII. Fr.
Juſt. Wie iſt denn dieſen zweyen Geburten zu
helffen?
Chriſt. Die erſte Geburt iſt ſchlimmer als die andere zu
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[241/0368] des vorgegangenen Unterrichts. innere Mutter-Mund von den gewaltigen Wehen und dem zwie- fachen Kinde eher/ als wenn das Kind mit den Fuͤßlein zuvor kommt. Und dis iſt eben die Urſache/ daß ich die Geburt mit dem Steuß vor ſicherer halte/ als die mit den Fuͤßlein/ in dem das zwiefache Kind den Mutter-Mund zu gnungſamer Oeffnung zwinget/ daß das Kind gleich durchgehen kan. Wenn es nur wol in acht genommen wird/ ſo ſchadets dem Kinde nichts/ wie auch der Mutter. XLVI. Fr. Juſt. Seyn denn uͤber dieſe erzehlete uͤbele Ge- burten/ nicht auch uͤbele Geburten/ da ſich von dem Kinde nichts vor den Leib zeiget? Chriſt. Es ſind zweyerley Arthen der Geburt/ da ſich nichts vor die Geburt zeiget. Die eine: wenn das Kind qvaͤr mit dem Ruͤcken uͤber die Geburt lieget/ ſo zeiget ſich nichts vor/ wie auch in die Geburt. Die andere iſt: wenn das Kind qvaͤr uͤber mit der Seiten lieget/ da iſt nichts vor der Geburt zuſe- hen/ und die Geburt iſt wegen der weichen Seite gantz voll. Es kan aber keines ohne die Wendung gebohren werden. XLVII. Fr. Juſt. Wie erkennet man dieſe Geburten gegen einander? Chriſt. Die erſte Geburt iſt zu erkennen/ weil ſie mit den Fingern nicht zu erreichen iſt/ denn der Ruͤckgrad des Kindes kan ſich nicht geben/ bis er gebrochen; Als muß die gantze Hand/ ſo bald es moͤglich/ wegen der innern Oeffnung gebrauchet wer- den/ da denn der Ruͤckgrad an denen Knoͤrpeln zu fuͤhlen iſt. Hingegen kan man die andere Geburt mit den Fingern errei- chen/ weil die Seite des Kindes ſich ergiebet/ und iſt das Kind dahero/ wenn nur nicht Wehen ſind/ gar weich und ſchluͤpffe- rig zu fuͤhlen. XLVIII. Fr. Juſt. Wie iſt denn dieſen zweyen Geburten zu helffen? Chriſt. Die erſte Geburt iſt ſchlimmer als die andere zu erken-

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Zitationshilfe: Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690/368>, abgerufen am 23.04.2024.