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Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690.

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vorgegangenen Unterrichts.
LVIII. Fr.
Just. Wenn seyn die Wehen nöthig zu stär-
cken oder zu treiben/ und wenn ists schädlich?
Christ. Die Wehen sind nöthig und verantwortlich zu
treiben/ wenn die Kinder auf zuvor-erzehlte Arthen zur Geburt
liegen/ da sie die Natur zwingen kan; Liegen sie aber/ wie auch
schon gemeldet/ untüchtig/ so ists höchst schädlich die Wehen zu
treiben/ denn es bringet Mütter und Kinder ums Leben.
LIX. Fr.
Just. Wenn aber ein Kindso gar übel zur Ge-
burt läge/ da es unmöglich zu gebähren wäre/ solle man
nicht zu den Wehen eingeben/ und Warum?
Christ. Darum muß man zu den Wehen nicht eingeben/
weil die übel-liegende Kinder auf eine solche Arth nicht können
gebohren werden/ denn die Wehen treiben es zu strenge in ein-
ander/ daß die Wendung hernach desto schwerer wird. So
werden auch durch solch unnöthiges Antreiben der Kreißnerin
alle Kräffte benommen/ da sie sich sonst noch länger halten kan/
wenn nicht getrieben wird/ und kan auch die Wendung desto bes-
ser ausstehen/ wenn zum Wenden jemand möglich zu bekom-
men ist.
LX. Fr.
Just. Wo ist die Wendung am besten vorzuneh-
men/ im Stehen/ im Sitzen/ oder Liegen?
Christ. Im Liegen ist am besten die Wendung vorzuneh-
men/ weil sich dabey das Kind kan zurück bringen lassen. Der
Leib ist auch geraumer im Liegen/ als im Stehen oder Sitzen/
dahero folget auch die Wendung leichter vor Mutter und Kind.
LXI. Fr.
Just. Was ist einer Frauen im Kreisten am
besten/ das Gehen oder Stehen?
Christ. Das Gehen und Stehen bey angehender Geburt
ist nicht zu verwerffen/ so lange die Oeffnung des innern Mut-
ter-Mundes sich nicht ergiebet oder ergeben kan; So bald sich
aber die Oeffnung giebt/ so ist das Gehen schädlich/ weil durch
das Gehen die Frucht nicht eindringen kan/ sonderlich/ wenn
das
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vorgegangenen Unterrichts.
LVIII. Fr.
Juſt. Wenn ſeyn die Wehen noͤthig zu ſtaͤr-
cken oder zu treiben/ und wenn iſts ſchaͤdlich?
Chriſt. Die Wehen ſind noͤthig und verantwortlich zu
treiben/ wenn die Kinder auf zuvor-erzehlte Arthen zur Geburt
liegen/ da ſie die Natur zwingen kan; Liegen ſie aber/ wie auch
ſchon gemeldet/ untuͤchtig/ ſo iſts hoͤchſt ſchaͤdlich die Wehen zu
treiben/ denn es bringet Muͤtter und Kinder ums Leben.
LIX. Fr.
Juſt. Wenn aber ein Kindſo gar uͤbel zur Ge-
burt laͤge/ da es unmoͤglich zu gebaͤhren waͤre/ ſolle man
nicht zu den Wehen eingeben/ und Warum?
Chriſt. Darum muß man zu den Wehen nicht eingeben/
weil die uͤbel-liegende Kinder auf eine ſolche Arth nicht koͤnnen
gebohren werden/ denn die Wehen treiben es zu ſtrenge in ein-
ander/ daß die Wendung hernach deſto ſchwerer wird. So
werden auch durch ſolch unnoͤthiges Antreiben der Kreißnerin
alle Kraͤffte benommen/ da ſie ſich ſonſt noch laͤnger halten kan/
wenn nicht getrieben wird/ und kan auch die Wendung deſto beſ-
ſer ausſtehen/ wenn zum Wenden jemand moͤglich zu bekom-
men iſt.
LX. Fr.
Juſt. Wo iſt die Wendung am beſten vorzuneh-
men/ im Stehen/ im Sitzen/ oder Liegen?
Chriſt. Im Liegen iſt am beſten die Wendung vorzuneh-
men/ weil ſich dabey das Kind kan zuruͤck bringen laſſen. Der
Leib iſt auch geraumer im Liegen/ als im Stehen oder Sitzen/
dahero folget auch die Wendung leichter vor Mutter und Kind.
LXI. Fr.
Juſt. Was iſt einer Frauen im Kreiſten am
beſten/ das Gehen oder Stehen?
Chriſt. Das Gehen und Stehen bey angehender Geburt
iſt nicht zu verwerffen/ ſo lange die Oeffnung des innern Mut-
ter-Mundes ſich nicht ergiebet oder ergeben kan; So bald ſich
aber die Oeffnung giebt/ ſo iſt das Gehen ſchaͤdlich/ weil durch
das Gehen die Frucht nicht eindringen kan/ ſonderlich/ wenn
das
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[247/0374] vorgegangenen Unterrichts. LVIII. Fr. Juſt. Wenn ſeyn die Wehen noͤthig zu ſtaͤr- cken oder zu treiben/ und wenn iſts ſchaͤdlich? Chriſt. Die Wehen ſind noͤthig und verantwortlich zu treiben/ wenn die Kinder auf zuvor-erzehlte Arthen zur Geburt liegen/ da ſie die Natur zwingen kan; Liegen ſie aber/ wie auch ſchon gemeldet/ untuͤchtig/ ſo iſts hoͤchſt ſchaͤdlich die Wehen zu treiben/ denn es bringet Muͤtter und Kinder ums Leben. LIX. Fr. Juſt. Wenn aber ein Kindſo gar uͤbel zur Ge- burt laͤge/ da es unmoͤglich zu gebaͤhren waͤre/ ſolle man nicht zu den Wehen eingeben/ und Warum? Chriſt. Darum muß man zu den Wehen nicht eingeben/ weil die uͤbel-liegende Kinder auf eine ſolche Arth nicht koͤnnen gebohren werden/ denn die Wehen treiben es zu ſtrenge in ein- ander/ daß die Wendung hernach deſto ſchwerer wird. So werden auch durch ſolch unnoͤthiges Antreiben der Kreißnerin alle Kraͤffte benommen/ da ſie ſich ſonſt noch laͤnger halten kan/ wenn nicht getrieben wird/ und kan auch die Wendung deſto beſ- ſer ausſtehen/ wenn zum Wenden jemand moͤglich zu bekom- men iſt. LX. Fr. Juſt. Wo iſt die Wendung am beſten vorzuneh- men/ im Stehen/ im Sitzen/ oder Liegen? Chriſt. Im Liegen iſt am beſten die Wendung vorzuneh- men/ weil ſich dabey das Kind kan zuruͤck bringen laſſen. Der Leib iſt auch geraumer im Liegen/ als im Stehen oder Sitzen/ dahero folget auch die Wendung leichter vor Mutter und Kind. LXI. Fr. Juſt. Was iſt einer Frauen im Kreiſten am beſten/ das Gehen oder Stehen? Chriſt. Das Gehen und Stehen bey angehender Geburt iſt nicht zu verwerffen/ ſo lange die Oeffnung des innern Mut- ter-Mundes ſich nicht ergiebet oder ergeben kan; So bald ſich aber die Oeffnung giebt/ ſo iſt das Gehen ſchaͤdlich/ weil durch das Gehen die Frucht nicht eindringen kan/ ſonderlich/ wenn das H h 3

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Zitationshilfe: Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690/374>, abgerufen am 16.04.2024.