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Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690.

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wegen Heb-Ammen Sachen.
durch die Gebährung der schwangern Frauen zu befördern/ damit
sie/ weil sie an viel hohe Oerter geholet wird/ alles bestreiten könne/
und nicht etwa ein- oder andere Person versäumen dürffe.
II. Pflege sie auch vor der Zeit ante ruptionem Amnii
ordinarie solitam
das Wasser zu sprengen/ und sich also ge-
schwindere Arbeit zu machen/ um so bald ihr nur beliebete/ da-
von zu kommen/ und die Geburt zu beschleunigen. Dann
III. Welches das aller unverantwortlichste und gefährlich-
ste wäre/ so pflegte sie durch allzufrühzeitige Abschälung der Se-
cundin
en auch wohl schon im Achten Monat oder nach Gelegen-
heit langsamer/ dem Anfange und Fortgange des Gebährens
nach ihrem eigenem Willen und Gefallen dermassen zuhelffen/
daß sie/ wenn und wie sie nur wolte/ von einer schwangern
Frauen zur andern ab- und fortkommen/ und also die Weiber
ohne langes Auffhalten entbinden könte.

Gleich wie aber die Heb Amme Titia solche von dem Sem-
pronio
wider sie denunciirte Beschuldigungen/ welche in denen
bereits deshalben ergangenen acten mit mehrerm zu befinden/
vor nichts anders als atrocissimas injurias aufgenommen: Also
vermeinet sie auch/ daß diese Denunciation aus bloßem schmähsich-
tigem Gemüthe des angemaßten Denuncianten herrühre/ da-
durch zu behaupten/ dieweil alle dasjenige/ was obberührter
massen wider sie an- und auf die Bahn gebracht/ eines Theils
gantz unmöglich/ andern Theils auch wider alle principia ana-
tomica
und die tägliche Erfahrung der Heb-Ammen-Kunst wä-
re/ denn da giebt sie

Qvoad (I.) vor/ daß/ ob zwar die fordern Adern/ wodurch
die Monatliche Reinigung bey denen Weibes-Personen ins ge-
mein zu geschehen pfleget/ nicht zuverleugnen/ selbige auch gesetz-
ten Falls/ sich jezuweilen bey oder auch ohne die Zuwartung er-
öffneten/ jedoch eine Wehe-Mutter/ wenn sie gleich wegen sol-
cher angetroffenen offenen Adern gefärbte Hände zurücke bräch-
te/
wegen Heb-Ammen Sachen.
durch die Gebaͤhrung der ſchwangern Frauen zu befoͤrdern/ damit
ſie/ weil ſie an viel hohe Oerter geholet wird/ alles beſtreiten koͤnne/
und nicht etwa ein- oder andere Perſon verſaͤumen duͤrffe.
II. Pflege ſie auch vor der Zeit ante ruptionem Amnii
ordinariè ſolitam
das Waſſer zu ſprengen/ und ſich alſo ge-
ſchwindere Arbeit zu machen/ um ſo bald ihr nur beliebete/ da-
von zu kommen/ und die Geburt zu beſchleunigen. Dann
III. Welches das aller unverantwortlichſte und gefaͤhrlich-
ſte waͤre/ ſo pflegte ſie durch allzufruͤhzeitige Abſchaͤlung der Se-
cundin
en auch wohl ſchon im Achten Monat oder nach Gelegen-
heit langſamer/ dem Anfange und Fortgange des Gebaͤhrens
nach ihrem eigenem Willen und Gefallen dermaſſen zuhelffen/
daß ſie/ wenn und wie ſie nur wolte/ von einer ſchwangern
Frauen zur andern ab- und fortkommen/ und alſo die Weiber
ohne langes Auffhalten entbinden koͤnte.

Gleich wie aber die Heb Amme Titia ſolche von dem Sem-
pronio
wider ſie denunciirte Beſchuldigungen/ welche in denen
bereits deshalben ergangenen acten mit mehrerm zu befinden/
vor nichts anders als atrociſſimas injurias aufgenommen: Alſo
vermeinet ſie auch/ daß dieſe Denunciation aus bloßem ſchmaͤhſich-
tigem Gemuͤthe des angemaßten Denuncianten herruͤhre/ da-
durch zu behaupten/ dieweil alle dasjenige/ was obberuͤhrter
maſſen wider ſie an- und auf die Bahn gebracht/ eines Theils
gantz unmoͤglich/ andern Theils auch wider alle principia ana-
tomica
und die taͤgliche Erfahrung der Heb-Ammen-Kunſt waͤ-
re/ denn da giebt ſie

Qvoad (I.) vor/ daß/ ob zwar die fordern Adern/ wodurch
die Monatliche Reinigung bey denen Weibes-Perſonen ins ge-
mein zu geſchehen pfleget/ nicht zuverleugnen/ ſelbige auch geſetz-
ten Falls/ ſich jezuweilen bey oder auch ohne die Zuwartung er-
oͤffneten/ jedoch eine Wehe-Mutter/ wenn ſie gleich wegen ſol-
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[199/0326] wegen Heb-Ammen Sachen. durch die Gebaͤhrung der ſchwangern Frauen zu befoͤrdern/ damit ſie/ weil ſie an viel hohe Oerter geholet wird/ alles beſtreiten koͤnne/ und nicht etwa ein- oder andere Perſon verſaͤumen duͤrffe. II. Pflege ſie auch vor der Zeit ante ruptionem Amnii ordinariè ſolitam das Waſſer zu ſprengen/ und ſich alſo ge- ſchwindere Arbeit zu machen/ um ſo bald ihr nur beliebete/ da- von zu kommen/ und die Geburt zu beſchleunigen. Dann III. Welches das aller unverantwortlichſte und gefaͤhrlich- ſte waͤre/ ſo pflegte ſie durch allzufruͤhzeitige Abſchaͤlung der Se- cundinen auch wohl ſchon im Achten Monat oder nach Gelegen- heit langſamer/ dem Anfange und Fortgange des Gebaͤhrens nach ihrem eigenem Willen und Gefallen dermaſſen zuhelffen/ daß ſie/ wenn und wie ſie nur wolte/ von einer ſchwangern Frauen zur andern ab- und fortkommen/ und alſo die Weiber ohne langes Auffhalten entbinden koͤnte. Gleich wie aber die Heb Amme Titia ſolche von dem Sem- pronio wider ſie denunciirte Beſchuldigungen/ welche in denen bereits deshalben ergangenen acten mit mehrerm zu befinden/ vor nichts anders als atrociſſimas injurias aufgenommen: Alſo vermeinet ſie auch/ daß dieſe Denunciation aus bloßem ſchmaͤhſich- tigem Gemuͤthe des angemaßten Denuncianten herruͤhre/ da- durch zu behaupten/ dieweil alle dasjenige/ was obberuͤhrter maſſen wider ſie an- und auf die Bahn gebracht/ eines Theils gantz unmoͤglich/ andern Theils auch wider alle principia ana- tomica und die taͤgliche Erfahrung der Heb-Ammen-Kunſt waͤ- re/ denn da giebt ſie Qvoad (I.) vor/ daß/ ob zwar die fordern Adern/ wodurch die Monatliche Reinigung bey denen Weibes-Perſonen ins ge- mein zu geſchehen pfleget/ nicht zuverleugnen/ ſelbige auch geſetz- ten Falls/ ſich jezuweilen bey oder auch ohne die Zuwartung er- oͤffneten/ jedoch eine Wehe-Mutter/ wenn ſie gleich wegen ſol- cher angetroffenen offenen Adern gefaͤrbte Haͤnde zuruͤcke braͤch- te/

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Zitationshilfe: Siegemund, Justine: Königliche Preußische und Chur-Brandenburgische Hof-Wehe-Mutter. Cölln (Spree), 1690, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siegemund_unterricht_1690/326>, abgerufen am 29.03.2024.