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Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657.

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Johannis Angeli
283. Warumb Gott ruh un Freude hat.
Weil GOtt Dreyeinig ist/ so hat Er ruh und Lust:
Ruh komt von Einheit her/ Lust von der Dreyheit
Brust.
284. GOtt komt eh du jhn begehrest.
Wenn dich nach GOtt verlangt/ und wüntschst sein
Kind zu sein:
Jst Er schon vor in dir/ und giebt dir solches ein.
285. Die Geistliche Turteltaube.
Jch bin die Turteltaub/ die Welt ist meine Wüste/
Gott mein Gemahl ist weg: drumb sitz ich ohn geniste.
286. Die Einfalt muß witzig sein.
Die Einfalt schätz' ich hoth/ der Gott hat Witz be-
schehrt:
Die aber den nicht hat/ ist nicht deß Nahmens wehrt.
287. Der Einfalt Eigenschafft.
Der Einfalt eigenschafft ist nichts von Schalkheit wissen/
Aufs gutte Bloß allein in Demutt sein beflissen.
288. Der Weltlichen und Göttlichen
Liebe Natur.
Die Welt-Lieb hat die Art daß sie sich abwerts neigt:
Der Göttlichen Natur ist daß sie aufwerts steigt.
289. Die Tugend ohne Liebe gilt nichts.
Die Tugend nakt und bloß kan nicht für Gott bestehn:
Sie muß mit Liebe sein geschmükt/ Dann ist sie schön.
290. Die Liebe ist Feuer und Wasser.
Die Lieb ist Flutt und Glutt: kan sie dein Hertz emp-
finden/(Sünden.
So löscht sie GOttes Zorn/ und brennt hinweg die
291. Die Würdigkeit kombt von Liebe.
Ach lauf doch nicht nach witz und Weißheit über Meer:
Der Seelen Würdigkeit kombt bloß von Liebe her.
292. Die
Johannis Angeli
283. Warumb Gott ruh un Freude hat.
Weil GOtt Dreyeinig iſt/ ſo hat Er ruh und Luſt:
Ruh komt von Einheit her/ Luſt von der Dreyheit
Bruſt.
284. GOtt komt eh du jhn begehreſt.
Wenn dich nach GOtt verlangt/ und wuͤntſchſt ſein
Kind zu ſein:
Jſt Er ſchon vor in dir/ und giebt dir ſolches ein.
285. Die Geiſtliche Turteltaube.
Jch bin die Turteltaub/ die Welt iſt meine Wuͤſte/
Gott mein Gemahl iſt weg: drumb ſitz ich ohn geniſte.
286. Die Einfalt muß witzig ſein.
Die Einfalt ſchaͤtz’ ich hoth/ der Gott hat Witz be-
ſchehrt:
Die aber den nicht hat/ iſt nicht deß Nahmens wehrt.
287. Der Einfalt Eigenſchafft.
Der Einfalt eigenſchafft iſt nichts vō Schalkheit wiſſẽ/
Aufs gutte Bloß allein in Demutt ſein befliſſen.
288. Der Weltlichen und Goͤttlichen
Liebe Natur.
Die Welt-Lieb hat die Art daß ſie ſich abwerts neigt:
Der Goͤttlichen Natur iſt daß ſie aufwerts ſteigt.
289. Die Tugend ohne Liebe gilt nichts.
Die Tugend nakt und bloß kan nicht fuͤr Gott beſtehn:
Sie muß mit Liebe ſein geſchmuͤkt/ Dann iſt ſie ſchoͤn.
290. Die Liebe iſt Feuer und Waſſer.
Die Lieb iſt Flutt und Glutt: kan ſie dein Hertz emp-
finden/(Suͤnden.
So loͤſcht ſie GOttes Zorn/ und brennt hinweg die
291. Die Wuͤrdigkeit kombt von Liebe.
Ach lauf doch nicht nach witz uñ Weißheit uͤber Meer:
Der Seelen Wuͤrdigkeit kombt bloß von Liebe her.
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[182[179]/0186] Johannis Angeli 283. Warumb Gott ruh un Freude hat. Weil GOtt Dreyeinig iſt/ ſo hat Er ruh und Luſt: Ruh komt von Einheit her/ Luſt von der Dreyheit Bruſt. 284. GOtt komt eh du jhn begehreſt. Wenn dich nach GOtt verlangt/ und wuͤntſchſt ſein Kind zu ſein: Jſt Er ſchon vor in dir/ und giebt dir ſolches ein. 285. Die Geiſtliche Turteltaube. Jch bin die Turteltaub/ die Welt iſt meine Wuͤſte/ Gott mein Gemahl iſt weg: drumb ſitz ich ohn geniſte. 286. Die Einfalt muß witzig ſein. Die Einfalt ſchaͤtz’ ich hoth/ der Gott hat Witz be- ſchehrt: Die aber den nicht hat/ iſt nicht deß Nahmens wehrt. 287. Der Einfalt Eigenſchafft. Der Einfalt eigenſchafft iſt nichts vō Schalkheit wiſſẽ/ Aufs gutte Bloß allein in Demutt ſein befliſſen. 288. Der Weltlichen und Goͤttlichen Liebe Natur. Die Welt-Lieb hat die Art daß ſie ſich abwerts neigt: Der Goͤttlichen Natur iſt daß ſie aufwerts ſteigt. 289. Die Tugend ohne Liebe gilt nichts. Die Tugend nakt und bloß kan nicht fuͤr Gott beſtehn: Sie muß mit Liebe ſein geſchmuͤkt/ Dann iſt ſie ſchoͤn. 290. Die Liebe iſt Feuer und Waſſer. Die Lieb iſt Flutt und Glutt: kan ſie dein Hertz emp- finden/(Suͤnden. So loͤſcht ſie GOttes Zorn/ und brennt hinweg die 291. Die Wuͤrdigkeit kombt von Liebe. Ach lauf doch nicht nach witz uñ Weißheit uͤber Meer: Der Seelen Wuͤrdigkeit kombt bloß von Liebe her. 292. Die

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657, S. 182[179]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657/186>, abgerufen am 28.03.2024.