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Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657.

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Johannis Angeli
60. Der weg zum Himmel.
Wenn du mein Pilger wilt in Himmel dich erhöhen/
So mustu nahe zu/ grad übern Kreutzweg gehen.
61. Alles ist vollkommen.
Mensch nichts ist unvollkommn: der Kieß gleicht dem
Rubin:
Der Frosch ist ja so schön alß Engel Seraphin.
92. Deß Menschen gröster Schatz.
Der gröste Schatz nach Gott ist gutter will' auf erden:
Jst alles gleich verlorn: Durch jhn kans wider werden.
63. Bey Gott sind keine Jahre.
Für Gott sind tausend Jahr wie ein vergangner Tag.
Darumb ist gar kein Jahr bey jhm/ wers fassen mag.
64. Wir dienen uns/ nicht Gott.
Mensch/ Gott ist nichts gedient/ mit fasten/ bethen
wachen:
Du dienst mehr dir damit/ weils dich kan heilig
machen.
65. GOtt kan sich nicht verbergen.
GOtt kan sich nimmermehr verbergen wie du sprichst:
Es sey dann daß du auch für jhn ein Loch erdichst.
66. GOtt ist in unß selbst.
GOtt ist so nah bey dir mit seiner Gnad und Gütte/
Er schwebt dir wesentlich im Hertzen und Gemütte.
67. Wie weit der Weg in Himmel.
Christ schätze dir die Reiß: in Himmel nicht so weit:
Der gantze Weg hinein ist keines Schrittes breit:
68. Der Weise begehrt nicht in Himmel.
Der Weise wann er stirbt/ begehrt in Himmel nicht:
Er ist zuvor darinn eh jhm das Hertze bricht.
69. Deß
Johannis Angeli
60. Der weg zum Himmel.
Wenn du mein Pilger wilt in Himmel dich erhoͤhen/
So muſtu nahe zu/ grad uͤbern Kreutzweg gehen.
61. Alles iſt vollkommen.
Menſch nichts iſt unvollkommn: der Kieß gleicht dem
Rubin:
Der Froſch iſt ja ſo ſchoͤn alß Engel Seraphin.
92. Deß Menſchen groͤſter Schatz.
Der groͤſte Schatz nach Gott iſt gutter will’ auf erden:
Jſt alles gleich verlorn: Durch jhn kans wider werdẽ.
63. Bey Gott ſind keine Jahre.
Fuͤr Gott ſind tauſend Jahr wie ein vergangner Tag.
Darumb iſt gar kein Jahr bey jhm/ wers faſſen mag.
64. Wir dienen uns/ nicht Gott.
Menſch/ Gott iſt nichts gedient/ mit faſten/ bethen
wachen:
Du dienſt mehr dir damit/ weils dich kan heilig
machen.
65. GOtt kan ſich nicht verbergen.
GOtt kan ſich nim̃ermehr verbergen wie du ſprichſt:
Es ſey dann daß du auch fuͤr jhn ein Loch erdichſt.
66. GOtt iſt in unß ſelbſt.
GOtt iſt ſo nah bey dir mit ſeiner Gnad und Guͤtte/
Er ſchwebt dir weſentlich im Hertzen und Gemuͤtte.
67. Wie weit der Weg in Himmel.
Chriſt ſchaͤtze dir die Reiß: in Himmel nicht ſo weit:
Der gantze Weg hinein iſt keines Schrittes breit:
68. Der Weiſe begehrt nicht in Him̃el.
Der Weiſe wann er ſtirbt/ begehrt in Himmel nicht:
Er iſt zuvor darinn eh jhm das Hertze bricht.
69. Deß
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[156[154]/0160] Johannis Angeli 60. Der weg zum Himmel. Wenn du mein Pilger wilt in Himmel dich erhoͤhen/ So muſtu nahe zu/ grad uͤbern Kreutzweg gehen. 61. Alles iſt vollkommen. Menſch nichts iſt unvollkommn: der Kieß gleicht dem Rubin: Der Froſch iſt ja ſo ſchoͤn alß Engel Seraphin. 92. Deß Menſchen groͤſter Schatz. Der groͤſte Schatz nach Gott iſt gutter will’ auf erden: Jſt alles gleich verlorn: Durch jhn kans wider werdẽ. 63. Bey Gott ſind keine Jahre. Fuͤr Gott ſind tauſend Jahr wie ein vergangner Tag. Darumb iſt gar kein Jahr bey jhm/ wers faſſen mag. 64. Wir dienen uns/ nicht Gott. Menſch/ Gott iſt nichts gedient/ mit faſten/ bethen wachen: Du dienſt mehr dir damit/ weils dich kan heilig machen. 65. GOtt kan ſich nicht verbergen. GOtt kan ſich nim̃ermehr verbergen wie du ſprichſt: Es ſey dann daß du auch fuͤr jhn ein Loch erdichſt. 66. GOtt iſt in unß ſelbſt. GOtt iſt ſo nah bey dir mit ſeiner Gnad und Guͤtte/ Er ſchwebt dir weſentlich im Hertzen und Gemuͤtte. 67. Wie weit der Weg in Himmel. Chriſt ſchaͤtze dir die Reiß: in Himmel nicht ſo weit: Der gantze Weg hinein iſt keines Schrittes breit: 68. Der Weiſe begehrt nicht in Him̃el. Der Weiſe wann er ſtirbt/ begehrt in Himmel nicht: Er iſt zuvor darinn eh jhm das Hertze bricht. 69. Deß

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657, S. 156[154]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657/160>, abgerufen am 29.03.2024.