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Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675.

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Joh: Angeli drittes Buch
6. Die GOttes gewürdigte Einfalt.
Denkt doch/ was Demut ist! seht doch was Einfalt kan!
Die Hirten schauen GOtt am allerersten an.
Der siht GOtt nimmermehr/ noch dort noch hier auf Erden/
Der nicht gantz jnniglich begehrt ein Hirt zu werden.
7. Das wohlbethaute Heu.
Kein Vieh hat besser Heu/ weil Graß wächst/ je genossen!
Als was mein Jesulein der ärmste hat begossen
Mit seiner Aüglein thau: Jch dächte mich/ allein
Durch diese Kost gerecht und Ewig satt zu seyn.
8. Die seelige Nachtstille.
Merk/ in der stillen Nacht wird GOtt ein Kind gebohrn/
Und widerumh ersetzt was Adam hat verlohrn:
Jst deine Seele still und dem Geschöpffe Nacht/
So wird GOtt in dir Mensch/ und alles wiederbracht.
9. An die Hirten.
Gieb Antwort liebes Volk/ was hastu doch gesungen
Als du inn Stall eingingst mit den erbebten Zungen/
Und GOtt ein Kind gesehn? Daß auch mein Jesulein
Mit einem Hirten Lied von mir gepreist kan seyn.
10. Das Unerhörte Wunder.
Schaut doch jhr lieben schaut/ die Jungfrau säugt ein
Kind/
Von welchem ich und sie/ und jhr/ gesäuget sind.
11. Der eingemenschte GOtt.
GOtt trinkt der Menschheit Milch/ läst seiner GOtt-
heit Wein:
Wie solt' er dann numehr nicht gar durch Menschet seyn?
12. Es
Joh: Angeli drittes Buch
6. Die GOttes gewuͤrdigte Einfalt.
Denkt doch/ was Demut iſt! ſeht doch was Einfalt kan!
Die Hirten ſchauen GOtt am allererſten an.
Der ſiht GOtt nim̄ermehr/ noch dort noch hier auf Erdẽ/
Der nicht gantz jnniglich begehrt ein Hirt zu werden.
7. Das wohlbethaute Heu.
Kein Vieh hat beſſer Heu/ weil Graß waͤchſt/ je genoſſen!
Als was mein Jeſulein der aͤrmſte hat begoſſen
Mit ſeiner Auͤglein thau: Jch daͤchte mich/ allein
Durch dieſe Koſt gerecht und Ewig ſatt zu ſeyn.
8. Die ſeelige Nachtſtille.
Merk/ in der ſtillen Nacht wird GOtt ein Kind gebohrn/
Und widerumh erſetzt was Adam hat verlohrn:
Jſt deine Seele ſtill und dem Geſchoͤpffe Nacht/
So wird GOtt in dir Menſch/ und alles wiederbracht.
9. An die Hirten.
Gieb Antwort liebes Volk/ was haſtu doch geſungen
Als du inn Stall eingingſt mit den erbebten Zungen/
Und GOtt ein Kind geſehn? Daß auch mein Jeſulein
Mit einem Hirten Lied von mir gepreiſt kan ſeyn.
10. Das Unerhoͤrte Wunder.
Schaut doch jhr lieben ſchaut/ die Jungfrau ſaͤugt ein
Kind/
Von welchem ich und ſie/ und jhr/ geſaͤuget ſind.
11. Der eingemenſchte GOtt.
GOtt trinkt der Menſchheit Milch/ laͤſt ſeiner GOtt-
heit Wein:
Wie ſolt’ er dan̄ numehr nicht gar durch Menſchet ſeyn?
12. Es
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[95[96]/0102] Joh: Angeli drittes Buch 6. Die GOttes gewuͤrdigte Einfalt. Denkt doch/ was Demut iſt! ſeht doch was Einfalt kan! Die Hirten ſchauen GOtt am allererſten an. Der ſiht GOtt nim̄ermehr/ noch dort noch hier auf Erdẽ/ Der nicht gantz jnniglich begehrt ein Hirt zu werden. 7. Das wohlbethaute Heu. Kein Vieh hat beſſer Heu/ weil Graß waͤchſt/ je genoſſen! Als was mein Jeſulein der aͤrmſte hat begoſſen Mit ſeiner Auͤglein thau: Jch daͤchte mich/ allein Durch dieſe Koſt gerecht und Ewig ſatt zu ſeyn. 8. Die ſeelige Nachtſtille. Merk/ in der ſtillen Nacht wird GOtt ein Kind gebohrn/ Und widerumh erſetzt was Adam hat verlohrn: Jſt deine Seele ſtill und dem Geſchoͤpffe Nacht/ So wird GOtt in dir Menſch/ und alles wiederbracht. 9. An die Hirten. Gieb Antwort liebes Volk/ was haſtu doch geſungen Als du inn Stall eingingſt mit den erbebten Zungen/ Und GOtt ein Kind geſehn? Daß auch mein Jeſulein Mit einem Hirten Lied von mir gepreiſt kan ſeyn. 10. Das Unerhoͤrte Wunder. Schaut doch jhr lieben ſchaut/ die Jungfrau ſaͤugt ein Kind/ Von welchem ich und ſie/ und jhr/ geſaͤuget ſind. 11. Der eingemenſchte GOtt. GOtt trinkt der Menſchheit Milch/ laͤſt ſeiner GOtt- heit Wein: Wie ſolt’ er dan̄ numehr nicht gar durch Menſchet ſeyn? 12. Es

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Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675, S. 95[96]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675/102>, abgerufen am 18.04.2024.