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Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675.

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Geistr. Sinn- und schlußr.
369. Die Seele ausser jhrem Vrsprung/
Ein fünklein aussrem Feur/ ein tropffen aussrem Meer:
Was bistu doch O Mensch ohn deinen wiederkehr?
370. Jn GOtt ist alles.
Was deine Seel begehrt/ bekommt sie alls in GOtt:
Nimbt sie es ausser Jhm/ so wird es jhr zum Tod.
371. Wen GOtt nicht loß kan bitten.
Mensch stirbstu ohne GOtt: es kan nicht anders seyn/
Bäth' auch GOtt selbst für dich/ du must in Pful hinein.
372. Die Braut sol wie der Bräutgamm
seyn.
Jch muß verwundet seyn. Warumb? weil voller
Wunden.
Mein ewger Bräutigam der Heyland wird gefunden:
Was Nutzen bringt es dir? Es stehet gar nicht feyn:
Wenn Braut und Bräutigam einander ungleich seyn.
373. Daß allerseeligste Hertze.
Ein reines Hertz schaut Gott/ ein heilges schmäket Jhn:
Jn ein Verliebetes wil er zu Wohnen ziehn.
Wie seelig ist der Mensch der sich befleist und übt/
Daß Jhm sein Hertze wird rein Heilig und verliebt!
374. Man überkömt mit meiden.
Freund meide was dir Lieb/ fleuch was dein Sinn begehrt.
Du wirst sonst nimmermehr gesättigt vnd gewehrt.
Viel wären zum Genuß der ewgen Wollust kommen/
Wenn sie mit Zeittlicher sich hier nicht übernommen.


Sech-
Geiſtr. Sinn- und ſchlußr.
369. Die Seele auſſer jhrem Vrſprung/
Ein fuͤnklein auſſrem Feur/ ein tropffen auſſrem Meer:
Was biſtu doch O Menſch ohn deinen wiederkehr?
370. Jn GOtt iſt alles.
Was deine Seel begehrt/ bekommt ſie alls in GOtt:
Nimbt ſie es auſſer Jhm/ ſo wird es jhr zum Tod.
371. Wen GOtt nicht loß kan bitten.
Menſch ſtirbſtu ohne GOtt: es kan nicht anders ſeyn/
Baͤth’ auch GOtt ſelbſt fuͤr dich/ du muſt in Pful hinein.
372. Die Braut ſol wie der Braͤutgam̄
ſeyn.
Jch muß verwundet ſeyn. Warumb? weil voller
Wunden.
Mein ewger Braͤutigam der Heyland wird gefunden:
Was Nutzen bringt es dir? Es ſtehet gar nicht feyn:
Wenn Braut und Braͤutigam einander ungleich ſeyn.
373. Daß allerſeeligſte Hertze.
Ein reines Hertz ſchaut Gott/ ein heilges ſchmaͤket Jhn:
Jn ein Verliebetes wil er zu Wohnen ziehn.
Wie ſeelig iſt der Menſch der ſich befleiſt und uͤbt/
Daß Jhm ſein Hertze wird rein Heilig und verliebt!
374. Man uͤberkoͤmt mit meiden.
Freund meide was dir Lieb/ fleuch was dein Sin̄ begehrt.
Du wirſt ſonſt nimmermehr geſaͤttigt vnd gewehrt.
Viel waͤren zum Genuß der ewgen Wolluſt kommen/
Wenn ſie mit Zeittlicher ſich hier nicht uͤbernommen.


Sech-
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[226[211]/0217] Geiſtr. Sinn- und ſchlußr. 369. Die Seele auſſer jhrem Vrſprung/ Ein fuͤnklein auſſrem Feur/ ein tropffen auſſrem Meer: Was biſtu doch O Menſch ohn deinen wiederkehr? 370. Jn GOtt iſt alles. Was deine Seel begehrt/ bekommt ſie alls in GOtt: Nimbt ſie es auſſer Jhm/ ſo wird es jhr zum Tod. 371. Wen GOtt nicht loß kan bitten. Menſch ſtirbſtu ohne GOtt: es kan nicht anders ſeyn/ Baͤth’ auch GOtt ſelbſt fuͤr dich/ du muſt in Pful hinein. 372. Die Braut ſol wie der Braͤutgam̄ ſeyn. Jch muß verwundet ſeyn. Warumb? weil voller Wunden. Mein ewger Braͤutigam der Heyland wird gefunden: Was Nutzen bringt es dir? Es ſtehet gar nicht feyn: Wenn Braut und Braͤutigam einander ungleich ſeyn. 373. Daß allerſeeligſte Hertze. Ein reines Hertz ſchaut Gott/ ein heilges ſchmaͤket Jhn: Jn ein Verliebetes wil er zu Wohnen ziehn. Wie ſeelig iſt der Menſch der ſich befleiſt und uͤbt/ Daß Jhm ſein Hertze wird rein Heilig und verliebt! 374. Man uͤberkoͤmt mit meiden. Freund meide was dir Lieb/ fleuch was dein Sin̄ begehrt. Du wirſt ſonſt nimmermehr geſaͤttigt vnd gewehrt. Viel waͤren zum Genuß der ewgen Wolluſt kommen/ Wenn ſie mit Zeittlicher ſich hier nicht uͤbernommen. Sech-

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Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675, S. 226[211]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675/217>, abgerufen am 25.04.2024.