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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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ARTIC. VI. SECTIO XV.
SECTIO XV.
Von einem der Englisches gesicht vorgegeben/ und
wie mit der zauberey beschuldigten zu verfahren.

DEn casum wegen des knechts anlangend (dergleichen dannoch mehr
vorgegangen/ und vor fast 50 jahren ein sonst fommer weingärtner in
dem Wirtenbergischen Hans Keyl das gantze land mit vorgebung Eng-
lischer erscheinung und zeichen rege gemacht/ auch viele weiber ihren pracht ab-
zulegen bewogen/ der doch endlich seinen betrug bekennen müssen) in argwohn
zu ziehen traue ich nicht/ hingegen sehe wenig in der erzehlung/ qvod majestatem
divinam referret.
So stehet dahin/ ob schon die hoffarth/ auch eine straff-
bare sünde ist/ ob sie wol die schwehrste und am meisten zu bestraffen wür-
dige sünde in der gemeinde möge gewesen seyn/ daß der Prediger dieselbe
bestraffung sonderlichst hätte treiben sollen/ und er von den vermeinten En-
gel vor allen andern deswegen zuerinnern gewesen wäre. Weiß also nicht mit
einer gewißheit von der sache zu urtheilen. Den andern casum anlangend/
achte ich/ der Prediger habe die der zauberey beschuldigte person auffs ernst-
lichste in geheim vorzunehmen/ ihr die gefahr der unwürdigen niessung vorzu-
stellen/ und die bekäntnüs ihrer sünde/ mit verspruch (der auch gehalten wer-
den muß) solches niemand zusagen/ auch versicherung/ daß sie zu gnaden von
GOTT auff wahre buß angenommen werden könne und werde/ von ihr zu-
fordern. Bekennet sie ihre sünde/ so ist an ihrer buß mit allem fleiß/ aber
auch vorsichtigkeit/ daß die sache nicht daraus vor die Obrigkeit komme (dero
amt über diejenige gehet/ dero mißhandlung ihnen sonsten kund wird 2. Kön.
6/ 22. und alsdenn von uns auch nicht zuhemmen ist) zu arbeiten/ und sie an-
zunehmen. Beharret sie aber auff ihrer unschuld/ kan sie nicht ausgeschlossen
werden/ indem ein zeuge nicht gnug ist/ und der teuffel seine zauberer also blen-
det/ daß sie offt wahrhafftig meynen/ diese und jene personen auff ihren täntzen
zusehen und mit ihnen umzugehen/ die doch nicht da sind/ sondern des teuffels
gauckelwerck damit verknüpffet ist. So gehören die sünden/ die nicht erwiesen
werden können/ nachdem man gnug gewarnet/ unter die peccata occulta, de
quibus Ecclesia non judicat. Der HERR gebe darinnen die
nöhtige weißheit/ und führe die verstockte zu
wahrer buß. 1696.

SECTIO
g g 3
ARTIC. VI. SECTIO XV.
SECTIO XV.
Von einem der Engliſches geſicht vorgegeben/ und
wie mit der zauberey beſchuldigten zu verfahren.

DEn caſum wegen des knechts anlangend (dergleichen dannoch mehr
vorgegangen/ und vor faſt 50 jahren ein ſonſt fommer weingaͤrtner in
dem Wirtenbergiſchen Hans Keyl das gantze land mit vorgebung Eng-
liſcher erſcheinung und zeichen rege gemacht/ auch viele weiber ihren pracht ab-
zulegen bewogen/ der doch endlich ſeinen betrug bekennen muͤſſen) in argwohn
zu ziehen traue ich nicht/ hingegen ſehe wenig in der erzehlung/ qvod majeſtatem
divinam referret.
So ſtehet dahin/ ob ſchon die hoffarth/ auch eine ſtraff-
bare ſuͤnde iſt/ ob ſie wol die ſchwehrſte und am meiſten zu beſtraffen wuͤr-
dige ſuͤnde in der gemeinde moͤge geweſen ſeyn/ daß der Prediger dieſelbe
beſtraffung ſonderlichſt haͤtte treiben ſollen/ und er von den vermeinten En-
gel vor allen andern deswegen zuerinnern geweſen waͤre. Weiß alſo nicht mit
einer gewißheit von der ſache zu urtheilen. Den andern caſum anlangend/
achte ich/ der Prediger habe die der zauberey beſchuldigte perſon auffs ernſt-
lichſte in geheim vorzunehmen/ ihr die gefahr der unwuͤrdigen nieſſung vorzu-
ſtellen/ und die bekaͤntnuͤs ihrer ſuͤnde/ mit verſpruch (der auch gehalten wer-
den muß) ſolches niemand zuſagen/ auch verſicherung/ daß ſie zu gnaden von
GOTT auff wahre buß angenommen werden koͤnne und werde/ von ihr zu-
fordern. Bekennet ſie ihre ſuͤnde/ ſo iſt an ihrer buß mit allem fleiß/ aber
auch vorſichtigkeit/ daß die ſache nicht daraus vor die Obrigkeit komme (dero
amt uͤber diejenige gehet/ dero mißhandlung ihnen ſonſten kund wird 2. Koͤn.
6/ 22. und alsdenn von uns auch nicht zuhemmen iſt) zu arbeiten/ und ſie an-
zunehmen. Beharret ſie aber auff ihrer unſchuld/ kan ſie nicht ausgeſchloſſen
werden/ indem ein zeuge nicht gnug iſt/ und der teuffel ſeine zauberer alſo blen-
det/ daß ſie offt wahrhafftig meynen/ dieſe und jene perſonen auff ihren taͤntzen
zuſehen und mit ihnen umzugehen/ die doch nicht da ſind/ ſondern des teuffels
gauckelwerck damit verknuͤpffet iſt. So gehoͤren die ſuͤnden/ die nicht erwieſen
werden koͤnnen/ nachdem man gnug gewarnet/ unter die peccata occulta, de
quibus Eccleſia non judicat. Der HERR gebe darinnen die
noͤhtige weißheit/ und fuͤhre die verſtockte zu
wahrer buß. 1696.

SECTIO
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[237/1037] ARTIC. VI. SECTIO XV. SECTIO XV. Von einem der Engliſches geſicht vorgegeben/ und wie mit der zauberey beſchuldigten zu verfahren. DEn caſum wegen des knechts anlangend (dergleichen dannoch mehr vorgegangen/ und vor faſt 50 jahren ein ſonſt fommer weingaͤrtner in dem Wirtenbergiſchen Hans Keyl das gantze land mit vorgebung Eng- liſcher erſcheinung und zeichen rege gemacht/ auch viele weiber ihren pracht ab- zulegen bewogen/ der doch endlich ſeinen betrug bekennen muͤſſen) in argwohn zu ziehen traue ich nicht/ hingegen ſehe wenig in der erzehlung/ qvod majeſtatem divinam referret. So ſtehet dahin/ ob ſchon die hoffarth/ auch eine ſtraff- bare ſuͤnde iſt/ ob ſie wol die ſchwehrſte und am meiſten zu beſtraffen wuͤr- dige ſuͤnde in der gemeinde moͤge geweſen ſeyn/ daß der Prediger dieſelbe beſtraffung ſonderlichſt haͤtte treiben ſollen/ und er von den vermeinten En- gel vor allen andern deswegen zuerinnern geweſen waͤre. Weiß alſo nicht mit einer gewißheit von der ſache zu urtheilen. Den andern caſum anlangend/ achte ich/ der Prediger habe die der zauberey beſchuldigte perſon auffs ernſt- lichſte in geheim vorzunehmen/ ihr die gefahr der unwuͤrdigen nieſſung vorzu- ſtellen/ und die bekaͤntnuͤs ihrer ſuͤnde/ mit verſpruch (der auch gehalten wer- den muß) ſolches niemand zuſagen/ auch verſicherung/ daß ſie zu gnaden von GOTT auff wahre buß angenommen werden koͤnne und werde/ von ihr zu- fordern. Bekennet ſie ihre ſuͤnde/ ſo iſt an ihrer buß mit allem fleiß/ aber auch vorſichtigkeit/ daß die ſache nicht daraus vor die Obrigkeit komme (dero amt uͤber diejenige gehet/ dero mißhandlung ihnen ſonſten kund wird 2. Koͤn. 6/ 22. und alsdenn von uns auch nicht zuhemmen iſt) zu arbeiten/ und ſie an- zunehmen. Beharret ſie aber auff ihrer unſchuld/ kan ſie nicht ausgeſchloſſen werden/ indem ein zeuge nicht gnug iſt/ und der teuffel ſeine zauberer alſo blen- det/ daß ſie offt wahrhafftig meynen/ dieſe und jene perſonen auff ihren taͤntzen zuſehen und mit ihnen umzugehen/ die doch nicht da ſind/ ſondern des teuffels gauckelwerck damit verknuͤpffet iſt. So gehoͤren die ſuͤnden/ die nicht erwieſen werden koͤnnen/ nachdem man gnug gewarnet/ unter die peccata occulta, de quibus Eccleſia non judicat. Der HERR gebe darinnen die noͤhtige weißheit/ und fuͤhre die verſtockte zu wahrer buß. 1696. SECTIO g g 3

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/1037>, abgerufen am 28.03.2024.