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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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Das erste Capitel.
Von den Sacramenten.

HJe wünschte ich/ der Autor bliebe nicht bey seiner resolution, sich des
worts allerdings zu enthalten/ sondern lieber mit der gantzen kirchen zu
reden. Denn obwol/ wo das wort nicht so allgemein und so lang eingefüh-
ret/ sich etwa disputiren liesse/ ob es nicht nützlicher unterbliebe/ so hats nun-
mehr ein ander bewandnüß/ da dasselbe durchgehends eingeführet/ und der
general concept, was man dadurch meine/ bey allen bekant ist. Da möchte
ich wol sagen: Nemo pacificus contra Ecclesiam: und wie wir der kirchen
durchaus keine macht zu gestatten haben/ etwas in der lehr selbs zu setzen/ o-
der zu ändern/ so können wir dannoch derselben nicht so gar alle gewalt ab-
sprechen/ was formuln/ redens-arten und wort betrifft/ deroselben gebrauch/
wie sie die göttliche wahrheit am bequemsten vorgestellet zu werden davor
hält/ etlicher massen zu reguliren: da wir uns gleichwol (indem wir ja auch
sonsten den schwachen uns zu bequemen haben) billig in den dingen/ welche
göttlicher wahrheit nicht praejudiciren/ nach deroselben richten/ und jeder-
man allerley werden solten. Daher autorem bitte/ in der furcht des HErrn
wol zu überlegen/ ob der vortheil/ den er von der unterlassung des worts hof-
fet/ und einigen difficultäten zu entgehen meinet/ von so vieler wichtigkeit
seye/ deswegen eine allgemeine und auffs wenigste untadeliche redens-art
abzulegen: weil gewißlich das ärgernüß/ da es das ansehen gewinnet/ sich
von der gantzen kirchen zu trennen/ billig wol zu gemüth zu ziehen/ und ich da-
vor halte/ daß sichs bald zeigen werde/ es seye dasselbe schwehrer/ als daß der
nutzen solches überwige. Die angeführte ursachen werden schwerlich so viel
kraft haben/ daß sie uns ein an sich unschuldig wort gantz aus den händen reis-
sen/ ob sie wol so viel ausmachen/ daß es an sich selbs nicht bloß nöthig gewe-
sen/ und seine schwehrigkeit hat. Jndessenkan auch nicht gesagt werden/ daß das
wort so gar undeutlich seye/ und wo man tauff und abendmal also nenne/ die-
se dadurch nichts erklähret würden. Denn wo man einmal das gefast hat/
welches ich weiß/ von einfältigen und kindern gefast seyn zu worden/ daß ein
Sacrament eine solche göttliche handlung seye/ da mit etwas irrdisches et-
was himmtlisches und göttliche gnade gegeben und zugeeignet werde/ so ists
alsdenn nicht unverständlich/ wo man tauff und abendmal also nennet/
sondern solches wort erklähret so bald in etwas derselben art und beschaf-
fenheit.

Von der tauff.

HJevon ists abermal eine göttliche wahrheit/ daß uns die tauff/ wo dero
krafft verläugnet wird/ nicht selig mache: und solches in doppeltem ver-
stande. 1. Wo ein erwachsener erst getaufft wird/ so will GOtt in seiner

ord-
Das erſte Capitel.
Von den Sacramenten.

HJe wuͤnſchte ich/ der Autor bliebe nicht bey ſeiner reſolution, ſich des
worts allerdings zu enthalten/ ſondern lieber mit der gantzen kirchen zu
reden. Denn obwol/ wo das wort nicht ſo allgemein und ſo lang eingefuͤh-
ret/ ſich etwa diſputiren lieſſe/ ob es nicht nuͤtzlicher unterbliebe/ ſo hats nun-
mehr ein ander bewandnuͤß/ da daſſelbe durchgehends eingefuͤhret/ und der
general concept, was man dadurch meine/ bey allen bekant iſt. Da moͤchte
ich wol ſagen: Nemo pacificus contra Eccleſiam: und wie wir der kirchen
durchaus keine macht zu geſtatten haben/ etwas in der lehr ſelbs zu ſetzen/ o-
der zu aͤndern/ ſo koͤnnen wir dannoch derſelben nicht ſo gar alle gewalt ab-
ſprechen/ was formuln/ redens-arten und wort betrifft/ deroſelben gebrauch/
wie ſie die goͤttliche wahrheit am bequemſten vorgeſtellet zu werden davor
haͤlt/ etlicher maſſen zu reguliren: da wir uns gleichwol (indem wir ja auch
ſonſten den ſchwachen uns zu bequemen haben) billig in den dingen/ welche
goͤttlicher wahrheit nicht præjudiciren/ nach deroſelben richten/ und jeder-
man allerley werden ſolten. Daher autorem bitte/ in der furcht des HErrn
wol zu uͤberlegen/ ob der vortheil/ den er von der unterlaſſung des worts hof-
fet/ und einigen difficultaͤten zu entgehen meinet/ von ſo vieler wichtigkeit
ſeye/ deswegen eine allgemeine und auffs wenigſte untadeliche redens-art
abzulegen: weil gewißlich das aͤrgernuͤß/ da es das anſehen gewinnet/ ſich
von der gantzen kirchen zu trennen/ billig wol zu gemuͤth zu ziehen/ und ich da-
vor halte/ daß ſichs bald zeigen werde/ es ſeye daſſelbe ſchwehrer/ als daß der
nutzen ſolches uͤberwige. Die angefuͤhrte urſachen werden ſchwerlich ſo viel
kraft haben/ daß ſie uns ein an ſich unſchuldig woꝛt gantz aus den haͤnden reiſ-
ſen/ ob ſie wol ſo viel ausmachen/ daß es an ſich ſelbs nicht bloß noͤthig gewe-
ſen/ und ſeine ſchwehrigkeit hat. Jndeſſenkan auch nicht geſagt werdẽ/ daß das
wort ſo gar undeutlich ſeye/ und wo man tauff und abendmal alſo nenne/ die-
ſe dadurch nichts erklaͤhret wuͤrden. Denn wo man einmal das gefaſt hat/
welches ich weiß/ von einfaͤltigen und kindern gefaſt ſeyn zu worden/ daß ein
Sacrament eine ſolche goͤttliche handlung ſeye/ da mit etwas irrdiſches et-
was himmtliſches und goͤttliche gnade gegeben und zugeeignet werde/ ſo iſts
alsdenn nicht unverſtaͤndlich/ wo man tauff und abendmal alſo nennet/
ſondern ſolches wort erklaͤhret ſo bald in etwas derſelben art und beſchaf-
fenheit.

Von der tauff.

HJevon iſts abermal eine goͤttliche wahrheit/ daß uns die tauff/ wo dero
krafft verlaͤugnet wird/ nicht ſelig mache: und ſolches in doppeltem ver-
ſtande. 1. Wo ein erwachſener erſt getaufft wird/ ſo will GOtt in ſeiner

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[92/0108] Das erſte Capitel. Von den Sacramenten. HJe wuͤnſchte ich/ der Autor bliebe nicht bey ſeiner reſolution, ſich des worts allerdings zu enthalten/ ſondern lieber mit der gantzen kirchen zu reden. Denn obwol/ wo das wort nicht ſo allgemein und ſo lang eingefuͤh- ret/ ſich etwa diſputiren lieſſe/ ob es nicht nuͤtzlicher unterbliebe/ ſo hats nun- mehr ein ander bewandnuͤß/ da daſſelbe durchgehends eingefuͤhret/ und der general concept, was man dadurch meine/ bey allen bekant iſt. Da moͤchte ich wol ſagen: Nemo pacificus contra Eccleſiam: und wie wir der kirchen durchaus keine macht zu geſtatten haben/ etwas in der lehr ſelbs zu ſetzen/ o- der zu aͤndern/ ſo koͤnnen wir dannoch derſelben nicht ſo gar alle gewalt ab- ſprechen/ was formuln/ redens-arten und wort betrifft/ deroſelben gebrauch/ wie ſie die goͤttliche wahrheit am bequemſten vorgeſtellet zu werden davor haͤlt/ etlicher maſſen zu reguliren: da wir uns gleichwol (indem wir ja auch ſonſten den ſchwachen uns zu bequemen haben) billig in den dingen/ welche goͤttlicher wahrheit nicht præjudiciren/ nach deroſelben richten/ und jeder- man allerley werden ſolten. Daher autorem bitte/ in der furcht des HErrn wol zu uͤberlegen/ ob der vortheil/ den er von der unterlaſſung des worts hof- fet/ und einigen difficultaͤten zu entgehen meinet/ von ſo vieler wichtigkeit ſeye/ deswegen eine allgemeine und auffs wenigſte untadeliche redens-art abzulegen: weil gewißlich das aͤrgernuͤß/ da es das anſehen gewinnet/ ſich von der gantzen kirchen zu trennen/ billig wol zu gemuͤth zu ziehen/ und ich da- vor halte/ daß ſichs bald zeigen werde/ es ſeye daſſelbe ſchwehrer/ als daß der nutzen ſolches uͤberwige. Die angefuͤhrte urſachen werden ſchwerlich ſo viel kraft haben/ daß ſie uns ein an ſich unſchuldig woꝛt gantz aus den haͤnden reiſ- ſen/ ob ſie wol ſo viel ausmachen/ daß es an ſich ſelbs nicht bloß noͤthig gewe- ſen/ und ſeine ſchwehrigkeit hat. Jndeſſenkan auch nicht geſagt werdẽ/ daß das wort ſo gar undeutlich ſeye/ und wo man tauff und abendmal alſo nenne/ die- ſe dadurch nichts erklaͤhret wuͤrden. Denn wo man einmal das gefaſt hat/ welches ich weiß/ von einfaͤltigen und kindern gefaſt ſeyn zu worden/ daß ein Sacrament eine ſolche goͤttliche handlung ſeye/ da mit etwas irrdiſches et- was himmtliſches und goͤttliche gnade gegeben und zugeeignet werde/ ſo iſts alsdenn nicht unverſtaͤndlich/ wo man tauff und abendmal alſo nennet/ ſondern ſolches wort erklaͤhret ſo bald in etwas derſelben art und beſchaf- fenheit. Von der tauff. HJevon iſts abermal eine goͤttliche wahrheit/ daß uns die tauff/ wo dero krafft verlaͤugnet wird/ nicht ſelig mache: und ſolches in doppeltem ver- ſtande. 1. Wo ein erwachſener erſt getaufft wird/ ſo will GOtt in ſeiner ord-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/108>, abgerufen am 28.03.2024.