Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

Das erste Capitel.
worts/ gelegen ist. Wo dieses wol erwogen wird/ hoffe ich/ daß viele schweh-
rigkeiten/ die manche gute seele ängstigen/ von selbsten hinfallen werden: Der
HErr aber gebe uns selbs seinen willen in allem mit einer gewißheit und ü-
berzeugung des hertzens zu erkennen. 1696.

SECTIO XXXVII.
Ob die absolution in einer blossen verkündigung
der vergebung der sünden oder wircklichen ver-
gebung bestehe?

WO man die beyde einander entgegen setzt/ welches das darzu gesetzte
wort bloß andeuten mag/ so wird die frage billig verneinet/ ob ich
wol wahrhafftig auch sagen kan/ von der art der absolution, daß sie
in der verkündigung geschehe/ und also es einerley seye/ der prediger ver-
gibt die sünde/
und er verkündiget die vergebung. Deswegen auch ei-
niger orten die öffentliche formul nicht anders lautet: als zum exempel zu
Franckfurt am Mayn/ da in der allgemeinen absolution die wort also gefasset
sind: Die haben aus GOttes wort die tröstliche zusagung und ver-
heissung/ daß ihnen alle ihre sünde verziehen und vergeben sind/ und
ich verkündige ihnen solches als ein ordentlicher diener Christi und
seiner kirchen/ im nahmen und befehl GOTTES/ des Vaters/ des
Sohnes und des Heiligen Geistes Amen.
Dergleichen werden auch
in Straßburg und anderer orten in dem Reich gebrauchet. So haben auch
unsre Theologi kein bedencken/ also zu reden. Also schreibet Brochmandus
Syst. Part. 2, art. 31. c. 4. s. 3. p. 377. Clavis solvens seu absolutio est, quia mini-
ster verbi autoritate divina peccatori resipiscenti remissionem peccatorum
annunciat.
Dergleichen s. 4. p. 378. in der völligen definition wiederhohlet
und nichts weiter darzu gesetzt wird. Und so spricht auch unser Chemnitius
Ex. Concil. Trid. de Confess. p. 393. Nihil vero aliud est absolutio, quam vox
Evangelii annunciantis remissionem peccatorum propter meritum Christi.

Dergleichen mehrere stellen werden wir hin und wieder finden.

Wo wir also die sache recht erwegen/ so sind beyde redens-arten in rech-
tem verstande genommen einerley/ und erklähret eine die andere/ wie wir sie
beyde in der schrifft finden/ da der HErr seinen jüngern auffträget/ die sünde
zu vergeben/ Joh.
20/ 23. und zu predigen buß und vergebung der
sünden Luc.
24/ 47. Nemlich sie solten also die vergebung predigen/ daß
durch die predigt die vergebung geschehe/ und also vergeben/ daß dieses in ei-
ner verkündigung bestehe. Da wir also wissen müssen. 1. GOtt ist allein

der

Das erſte Capitel.
worts/ gelegen iſt. Wo dieſes wol erwogen wird/ hoffe ich/ daß viele ſchweh-
rigkeiten/ die manche gute ſeele aͤngſtigen/ von ſelbſten hinfallen werden: Der
HErr aber gebe uns ſelbs ſeinen willen in allem mit einer gewißheit und uͤ-
berzeugung des hertzens zu erkennen. 1696.

SECTIO XXXVII.
Ob die abſolution in einer bloſſen verkuͤndigung
der vergebung der ſuͤnden oder wircklichen ver-
gebung beſtehe?

WO man die beyde einander entgegen ſetzt/ welches das darzu geſetzte
wort bloß andeuten mag/ ſo wird die frage billig verneinet/ ob ich
wol wahrhafftig auch ſagen kan/ von der art der abſolution, daß ſie
in der verkuͤndigung geſchehe/ und alſo es einerley ſeye/ der prediger ver-
gibt die ſuͤnde/
und er verkuͤndiget die vergebung. Deswegen auch ei-
niger orten die oͤffentliche formul nicht anders lautet: als zum exempel zu
Franckfurt am Mayn/ da in der allgemeinen abſolution die wort alſo gefaſſet
ſind: Die haben aus GOttes wort die troͤſtliche zuſagung und ver-
heiſſung/ daß ihnen alle ihre ſuͤnde verziehen und vergeben ſind/ und
ich verkuͤndige ihnen ſolches als ein ordentlicher diener Chriſti und
ſeiner kirchen/ im nahmen und befehl GOTTES/ des Vaters/ des
Sohnes und des Heiligen Geiſtes Amen.
Dergleichen werden auch
in Straßburg und anderer orten in dem Reich gebrauchet. So haben auch
unſre Theologi kein bedencken/ alſo zu reden. Alſo ſchreibet Brochmandus
Syſt. Part. 2, art. 31. c. 4. ſ. 3. p. 377. Clavis ſolvens ſeu abſolutio eſt, quia mini-
ſter verbi autoritate divina peccatori reſipiſcenti remiſſionem peccatorum
annunciat.
Dergleichen ſ. 4. p. 378. in der voͤlligen definition wiederhohlet
und nichts weiter darzu geſetzt wird. Und ſo ſpricht auch unſer Chemnitius
Ex. Concil. Trid. de Confeſſ. p. 393. Nihil verò aliud eſt abſolutio, quam vox
Evangelii annunciantis remiſſionem peccatorum propter meritum Chriſti.

Dergleichen mehrere ſtellen werden wir hin und wieder finden.

Wo wir alſo die ſache recht erwegen/ ſo ſind beyde redens-arten in rech-
tem verſtande genommen einerley/ und erklaͤhret eine die andere/ wie wir ſie
beyde in der ſchrifft finden/ da der HErr ſeinen juͤngern aufftraͤget/ die ſuͤnde
zu vergeben/ Joh.
20/ 23. und zu predigen buß und vergebung der
ſuͤnden Luc.
24/ 47. Nemlich ſie ſolten alſo die vergebung predigen/ daß
durch die predigt die vergebung geſchehe/ und alſo vergeben/ daß dieſes in ei-
ner verkuͤndigung beſtehe. Da wir alſo wiſſen muͤſſen. 1. GOtt iſt allein

der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0218" n="202"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das er&#x017F;te Capitel.</hi></fw><lb/>
worts/ gelegen i&#x017F;t. Wo die&#x017F;es wol erwogen wird/ hoffe ich/ daß viele &#x017F;chweh-<lb/>
rigkeiten/ die manche gute &#x017F;eele a&#x0364;ng&#x017F;tigen/ von &#x017F;elb&#x017F;ten hinfallen werden: Der<lb/>
HErr aber gebe uns &#x017F;elbs &#x017F;einen willen in allem mit einer gewißheit und u&#x0364;-<lb/>
berzeugung des hertzens zu erkennen. 1696.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">SECTIO XXXVII.</hi></hi><lb/>
Ob die <hi rendition="#aq">ab&#x017F;olution</hi> in einer blo&#x017F;&#x017F;en verku&#x0364;ndigung<lb/>
der vergebung der &#x017F;u&#x0364;nden oder wircklichen ver-<lb/>
gebung be&#x017F;tehe?</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">W</hi>O man die beyde einander entgegen &#x017F;etzt/ welches das darzu ge&#x017F;etzte<lb/>
wort <hi rendition="#fr">bloß</hi> andeuten mag/ &#x017F;o wird die frage billig verneinet/ ob ich<lb/>
wol wahrhafftig auch &#x017F;agen kan/ von der art der <hi rendition="#aq">ab&#x017F;olution,</hi> daß &#x017F;ie<lb/>
in der verku&#x0364;ndigung ge&#x017F;chehe/ und al&#x017F;o es einerley &#x017F;eye/ <hi rendition="#fr">der prediger ver-<lb/>
gibt die &#x017F;u&#x0364;nde/</hi> und <hi rendition="#fr">er verku&#x0364;ndiget die vergebung.</hi> Deswegen auch ei-<lb/>
niger orten die o&#x0364;ffentliche formul nicht anders lautet: als zum exempel zu<lb/>
Franckfurt am Mayn/ da in der allgemeinen <hi rendition="#aq">ab&#x017F;olution</hi> die wort al&#x017F;o gefa&#x017F;&#x017F;et<lb/>
&#x017F;ind: <hi rendition="#fr">Die haben aus GOttes wort die tro&#x0364;&#x017F;tliche zu&#x017F;agung und ver-<lb/>
hei&#x017F;&#x017F;ung/ daß ihnen alle ihre &#x017F;u&#x0364;nde verziehen und vergeben &#x017F;ind/ und<lb/>
ich verku&#x0364;ndige ihnen &#x017F;olches als ein ordentlicher diener Chri&#x017F;ti und<lb/>
&#x017F;einer kirchen/ im nahmen und befehl GOTTES/ des Vaters/ des<lb/>
Sohnes und des Heiligen Gei&#x017F;tes Amen.</hi> Dergleichen werden auch<lb/>
in Straßburg und anderer orten in dem Reich gebrauchet. So haben auch<lb/>
un&#x017F;re <hi rendition="#aq">Theologi</hi> kein bedencken/ al&#x017F;o zu reden. Al&#x017F;o &#x017F;chreibet <hi rendition="#aq">Brochmandus<lb/>
Sy&#x017F;t. Part. 2, art. 31. c. 4. &#x017F;. 3. p. 377. Clavis &#x017F;olvens &#x017F;eu ab&#x017F;olutio e&#x017F;t, quia mini-<lb/>
&#x017F;ter verbi autoritate divina peccatori re&#x017F;ipi&#x017F;centi remi&#x017F;&#x017F;ionem peccatorum<lb/>
annunciat.</hi> Dergleichen <hi rendition="#aq">&#x017F;. 4. p.</hi> 378. in der vo&#x0364;lligen <hi rendition="#aq">definition</hi> wiederhohlet<lb/>
und nichts weiter darzu ge&#x017F;etzt wird. Und &#x017F;o &#x017F;pricht auch un&#x017F;er <hi rendition="#aq">Chemnitius<lb/>
Ex. Concil. Trid. de Confe&#x017F;&#x017F;. p. 393. Nihil verò aliud e&#x017F;t ab&#x017F;olutio, quam vox<lb/>
Evangelii annunciantis remi&#x017F;&#x017F;ionem peccatorum propter meritum Chri&#x017F;ti.</hi><lb/>
Dergleichen mehrere &#x017F;tellen werden wir hin und wieder finden.</p><lb/>
          <p>Wo wir al&#x017F;o die &#x017F;ache recht erwegen/ &#x017F;o &#x017F;ind beyde redens-arten in rech-<lb/>
tem ver&#x017F;tande genommen einerley/ und erkla&#x0364;hret eine die andere/ wie wir &#x017F;ie<lb/>
beyde in der &#x017F;chrifft finden/ da der HErr &#x017F;einen ju&#x0364;ngern aufftra&#x0364;get/ <hi rendition="#fr">die &#x017F;u&#x0364;nde<lb/>
zu vergeben/ Joh.</hi> 20/ 23. und <hi rendition="#fr">zu predigen buß und vergebung der<lb/>
&#x017F;u&#x0364;nden Luc.</hi> 24/ 47. Nemlich &#x017F;ie &#x017F;olten al&#x017F;o die vergebung predigen/ daß<lb/>
durch die predigt die vergebung ge&#x017F;chehe/ und al&#x017F;o vergeben/ daß die&#x017F;es in ei-<lb/>
ner verku&#x0364;ndigung be&#x017F;tehe. Da wir al&#x017F;o wi&#x017F;&#x017F;en mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. 1. GOtt i&#x017F;t allein<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[202/0218] Das erſte Capitel. worts/ gelegen iſt. Wo dieſes wol erwogen wird/ hoffe ich/ daß viele ſchweh- rigkeiten/ die manche gute ſeele aͤngſtigen/ von ſelbſten hinfallen werden: Der HErr aber gebe uns ſelbs ſeinen willen in allem mit einer gewißheit und uͤ- berzeugung des hertzens zu erkennen. 1696. SECTIO XXXVII. Ob die abſolution in einer bloſſen verkuͤndigung der vergebung der ſuͤnden oder wircklichen ver- gebung beſtehe? WO man die beyde einander entgegen ſetzt/ welches das darzu geſetzte wort bloß andeuten mag/ ſo wird die frage billig verneinet/ ob ich wol wahrhafftig auch ſagen kan/ von der art der abſolution, daß ſie in der verkuͤndigung geſchehe/ und alſo es einerley ſeye/ der prediger ver- gibt die ſuͤnde/ und er verkuͤndiget die vergebung. Deswegen auch ei- niger orten die oͤffentliche formul nicht anders lautet: als zum exempel zu Franckfurt am Mayn/ da in der allgemeinen abſolution die wort alſo gefaſſet ſind: Die haben aus GOttes wort die troͤſtliche zuſagung und ver- heiſſung/ daß ihnen alle ihre ſuͤnde verziehen und vergeben ſind/ und ich verkuͤndige ihnen ſolches als ein ordentlicher diener Chriſti und ſeiner kirchen/ im nahmen und befehl GOTTES/ des Vaters/ des Sohnes und des Heiligen Geiſtes Amen. Dergleichen werden auch in Straßburg und anderer orten in dem Reich gebrauchet. So haben auch unſre Theologi kein bedencken/ alſo zu reden. Alſo ſchreibet Brochmandus Syſt. Part. 2, art. 31. c. 4. ſ. 3. p. 377. Clavis ſolvens ſeu abſolutio eſt, quia mini- ſter verbi autoritate divina peccatori reſipiſcenti remiſſionem peccatorum annunciat. Dergleichen ſ. 4. p. 378. in der voͤlligen definition wiederhohlet und nichts weiter darzu geſetzt wird. Und ſo ſpricht auch unſer Chemnitius Ex. Concil. Trid. de Confeſſ. p. 393. Nihil verò aliud eſt abſolutio, quam vox Evangelii annunciantis remiſſionem peccatorum propter meritum Chriſti. Dergleichen mehrere ſtellen werden wir hin und wieder finden. Wo wir alſo die ſache recht erwegen/ ſo ſind beyde redens-arten in rech- tem verſtande genommen einerley/ und erklaͤhret eine die andere/ wie wir ſie beyde in der ſchrifft finden/ da der HErr ſeinen juͤngern aufftraͤget/ die ſuͤnde zu vergeben/ Joh. 20/ 23. und zu predigen buß und vergebung der ſuͤnden Luc. 24/ 47. Nemlich ſie ſolten alſo die vergebung predigen/ daß durch die predigt die vergebung geſchehe/ und alſo vergeben/ daß dieſes in ei- ner verkuͤndigung beſtehe. Da wir alſo wiſſen muͤſſen. 1. GOtt iſt allein der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/218
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/218>, abgerufen am 24.04.2024.