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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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Das erste Capitel.
SECTIO XLIX.
Ob der satan und zauberer auch frommen
menschen schaden mögen.

MAs anlangt/ ob von zauberey und dem satan können auch from-
men leuten zuweilen einige schaden zugefüget werden/ bekenne ich/ daß
ich solches insgemein bejahen muß. Wir haben nicht nur das berühmte
exempel Hiobs/ was gegen denselben GOTT seinem feinde zugelassen habe/
sondern auch wann dorten Luc. 13/ 11. von dem geist der kranckheit stehet/
wie auch aus andern orten lässet sich fast abnehmen/ daß die bösen geister
bey denen kranckheiten offt mehr macht haben/ als man insgemein gedencket.
Sonderlich wolle geliebter bruder unsers seligen Lutheri predigt lesen in der
hauß-postill auf Michaelis, da er in den meinsten ungelücken der menschen da-
vor hält/ daß jener mörder seine hand auch dabey habe. Jedoch was die
zauberer anlangt/ meyne ich nicht/ daß dieselbe anders als durch wirckliche
beybringung gewissen giffts/ es sey nun in den leib/ oder mit eusserlicher
applicirung/ nicht aber mit blossem anwünschen schaden zu thun vermö-
gen. Jndessen bleibet kindern Gottes nichts destoweniger ihr fester trost/ da sie
auff ihren wegen gehen/ daß der HErr seinen engeln über sie befehl gethan ha-
be/ sie gegen den satan zu beschützen/ daher dieser keine gewalt an ihnen hat/ es
wäre denn sache/ daß er aus sonderlichen ursachen zu seiner ehr und ihrer prü-
fung dergleichen nothwendig erkennete. Damit bleiben sie in ihrem kindli-
chen getrosten vertrauen/ und doch auch geziemender vorsichtigkeit/ in ihrem
leben sich also zu halten/ und auf ihren wegen zu bleiben/ daß sie ihrem stäts
um sie herumgehenden feind nicht selbst den zugang gegen sich mehr öffnen/
und den schutz der engel von sich stossen: sondern mit stäter nüchterkeit/ glau-
benund gebet gegen solchen feind gerüstet bleiben. etc. 1687.

SECTIO L.
Trost-gründe aus betrachtung göttlichen willens.

ES ist freylich also göttlicher ordnung und der natur der liebe gemäß/
daß freunde welchen einiges leid und traurigkeit zustosset/ solches nicht
allein bey sich allein behalten/ sondern vielmehr in hertzlichem vertrauen
in anderer guter freunde schooß ausschütten/ u. aus deroselben munde das wort
des HErrn an sich/ zuhören begierig sind. Wie auch der HErr solche seine ord-
nung nicht ungesegnet lässet/ sondern offt durch den einfältigsten zuspruch ei-
nes liebreichen freundes einen sonsten begabten aber dißmahl niedergeschla-
genen bruder zimlicher massen aufrichtet. Da nun mein werthester bruder/

wie
Das erſte Capitel.
SECTIO XLIX.
Ob der ſatan und zauberer auch frommen
menſchen ſchaden moͤgen.

MAs anlangt/ ob von zauberey und dem ſatan koͤnnen auch from-
men leuten zuweilen einige ſchaden zugefuͤget werden/ bekeñe ich/ daß
ich ſolches insgemein bejahen muß. Wir habẽ nicht nur das beꝛuͤhmte
exempel Hiobs/ was gegen denſelben GOTT ſeinem feinde zugelaſſen habe/
ſondern auch wann dorten Luc. 13/ 11. von dem geiſt der kranckheit ſtehet/
wie auch aus andern orten laͤſſet ſich faſt abnehmen/ daß die boͤſen geiſter
bey denen kranckheiten offt mehr macht haben/ als man insgemein gedencket.
Sonderlich wolle geliebter bruder unſers ſeligen Lutheri predigt leſen in der
hauß-poſtill auf Michaelis, da er in den meinſten ungeluͤcken der menſchen da-
vor haͤlt/ daß jener moͤrder ſeine hand auch dabey habe. Jedoch was die
zauberer anlangt/ meyne ich nicht/ daß dieſelbe anders als durch wirckliche
beybringung gewiſſen giffts/ es ſey nun in den leib/ oder mit euſſerlicher
applicirung/ nicht aber mit bloſſem anwuͤnſchen ſchaden zu thun vermoͤ-
gen. Jndeſſen bleibet kindern Gottes nichts deſtoweniger ihꝛ feſter troſt/ da ſie
auff ihren wegen gehen/ daß der HErr ſeinen engeln uͤber ſie befehl gethan ha-
be/ ſie gegen den ſatan zu beſchuͤtzen/ daher dieſer keine gewalt an ihnen hat/ es
waͤre denn ſache/ daß er aus ſonderlichen urſachen zu ſeiner ehr und ihrer pruͤ-
fung dergleichen nothwendig erkennete. Damit bleiben ſie in ihrem kindli-
chen getroſten vertrauen/ und doch auch geziemender vorſichtigkeit/ in ihrem
leben ſich alſo zu halten/ und auf ihren wegen zu bleiben/ daß ſie ihrem ſtaͤts
um ſie herumgehenden feind nicht ſelbſt den zugang gegen ſich mehr oͤffnen/
und den ſchutz der engel von ſich ſtoſſen: ſondern mit ſtaͤter nuͤchterkeit/ glau-
benund gebet gegen ſolchen feind geruͤſtet bleiben. ꝛc. 1687.

SECTIO L.
Troſt-gruͤnde aus betrachtung goͤttlichen willens.

ES iſt freylich alſo goͤttlicher ordnung und der natur der liebe gemaͤß/
daß freunde welchen einiges leid und traurigkeit zuſtoſſet/ ſolches nicht
allein bey ſich allein behalten/ ſondern vielmehꝛ in heꝛtzlichem vertrauen
in andereꝛ guter freunde ſchooß ausſchuͤtten/ u. aus deꝛoſelbẽ munde das woꝛt
des HErrn an ſich/ zuhoͤren begierig ſind. Wie auch der HErr ſolche ſeine ord-
nung nicht ungeſegnet laͤſſet/ ſondern offt durch den einfaͤltigſten zuſpruch ei-
nes liebreichen freundes einen ſonſten begabten aber dißmahl niedergeſchla-
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[238/0254] Das erſte Capitel. SECTIO XLIX. Ob der ſatan und zauberer auch frommen menſchen ſchaden moͤgen. MAs anlangt/ ob von zauberey und dem ſatan koͤnnen auch from- men leuten zuweilen einige ſchaden zugefuͤget werden/ bekeñe ich/ daß ich ſolches insgemein bejahen muß. Wir habẽ nicht nur das beꝛuͤhmte exempel Hiobs/ was gegen denſelben GOTT ſeinem feinde zugelaſſen habe/ ſondern auch wann dorten Luc. 13/ 11. von dem geiſt der kranckheit ſtehet/ wie auch aus andern orten laͤſſet ſich faſt abnehmen/ daß die boͤſen geiſter bey denen kranckheiten offt mehr macht haben/ als man insgemein gedencket. Sonderlich wolle geliebter bruder unſers ſeligen Lutheri predigt leſen in der hauß-poſtill auf Michaelis, da er in den meinſten ungeluͤcken der menſchen da- vor haͤlt/ daß jener moͤrder ſeine hand auch dabey habe. Jedoch was die zauberer anlangt/ meyne ich nicht/ daß dieſelbe anders als durch wirckliche beybringung gewiſſen giffts/ es ſey nun in den leib/ oder mit euſſerlicher applicirung/ nicht aber mit bloſſem anwuͤnſchen ſchaden zu thun vermoͤ- gen. Jndeſſen bleibet kindern Gottes nichts deſtoweniger ihꝛ feſter troſt/ da ſie auff ihren wegen gehen/ daß der HErr ſeinen engeln uͤber ſie befehl gethan ha- be/ ſie gegen den ſatan zu beſchuͤtzen/ daher dieſer keine gewalt an ihnen hat/ es waͤre denn ſache/ daß er aus ſonderlichen urſachen zu ſeiner ehr und ihrer pruͤ- fung dergleichen nothwendig erkennete. Damit bleiben ſie in ihrem kindli- chen getroſten vertrauen/ und doch auch geziemender vorſichtigkeit/ in ihrem leben ſich alſo zu halten/ und auf ihren wegen zu bleiben/ daß ſie ihrem ſtaͤts um ſie herumgehenden feind nicht ſelbſt den zugang gegen ſich mehr oͤffnen/ und den ſchutz der engel von ſich ſtoſſen: ſondern mit ſtaͤter nuͤchterkeit/ glau- benund gebet gegen ſolchen feind geruͤſtet bleiben. ꝛc. 1687. SECTIO L. Troſt-gruͤnde aus betrachtung goͤttlichen willens. ES iſt freylich alſo goͤttlicher ordnung und der natur der liebe gemaͤß/ daß freunde welchen einiges leid und traurigkeit zuſtoſſet/ ſolches nicht allein bey ſich allein behalten/ ſondern vielmehꝛ in heꝛtzlichem vertrauen in andereꝛ guter freunde ſchooß ausſchuͤtten/ u. aus deꝛoſelbẽ munde das woꝛt des HErrn an ſich/ zuhoͤren begierig ſind. Wie auch der HErr ſolche ſeine ord- nung nicht ungeſegnet laͤſſet/ ſondern offt durch den einfaͤltigſten zuſpruch ei- nes liebreichen freundes einen ſonſten begabten aber dißmahl niedergeſchla- genen bruder zimlicher maſſen aufrichtet. Da nun mein wertheſter bruder/ wie

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/254>, abgerufen am 18.04.2024.