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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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ARTIC. I. SECTIO VIII.
dazu derselbe mich selbs animiret und sie von mir vor die hand genommen
zu werden verlangt hat. Jch konte auch/ ob wohl sonsten sehr ungern sehe/
daß dergleichen streite in unserer kirchen seyn/ nicht wohl auff solche provoca-
ti
on stillschweigen/ ich wolte dann mit eigener schuld den jenigen verdacht/
welcher bey vielen von einiger zeit steckt/ bekräfftigen/ es müste gleich wohl
mit mir nicht richtig seyn/ sondern ich etwas heimliches in meinem hertzen in
dieser materie verborgen haben/ welches ich an tag zu geben nicht getrauete.
Da ich hingegen jetzo hoffe/ daß alle/ bey denen einige Christliche liebe und
billigkeit übrig ist/ mit meiner erklährung zu frieden zu seyn ursach haben wer-
den. Gibt Gott noch ferner segen zu einiger/ sonderlich Studiosorum, unterricht
oder doch nur antrieb der gantzen sache reiflicher nach zu dencken/ da sie gewiß
finden werden/ es müsste eine gantz andere sache seyn/ als sie sich offt insge-
mein einbilden/ so habe ich ihm auch vor sothane gnade so viel hertzlicher zu
dancken/ und es vor eine frucht zuhalten des lieben gebets vieler gottseli-
gen hertzen/ die auch vor segnung dieses werckleins zu dem HErren geseufftzet
und gebeten haben. etc. 1680.

SECTIO IX.
An einen Christlichen Studiosum rath wegen
einrichtung der
studiorum.

JCh zweiffle nicht/ er werde nunmehr die art des Academischen lebens
ziemlich eingesehen/ aber sich auch in der resolution befestiget haben
das jenige zu meiden/ was er göttlicher regel und dem Christen-
thum widrig zu seyn erkennet/ obs auch von den jenigen geschehe/ dero pflicht
wäre/ mit besserem exempel/ als ältere den jüngern vor zuleuchten: hingegen
aller gelegenheit zu dem guten/ die er daselbs finden wird/ mit sorgfältigem
fleiß zu gebrauchen/ damit er dem HErrn HErrn vor die auff der Universi-
tät zubringende zeit dermahleins möge rechenschafft geben können. Hiezu
wird also tägliches/ ja stündliches/ gebet nothwendig erfordert werden/ um
die so nöthige gnad des heiligen Geistes/ ohne welchen und dessen liecht/ aller
unser fleiß umsonst ist/ und die erlangende erudition allein eine todte erkänt-
nüß bleiben/ und uns gar nichts/ andern aber nicht viel an uns/ nützen wür-
de. Massen das gebet auch bey den studiis ein haupt-mittel/ und von un-
serm lieben Luthero mit recht in dem methodo studii Theologici, oratio, me-
ditatio, tentatio,
fornen an gesetzet wird. Sonderlich aber bete er GOTT
nicht nur um den segen zu einer gründlichen erudition, sondern auch daß er
ihn und diese an ihm nachdrücklich heiligen/ und ihn also nicht nur zu einem
gelehrten mann/ sondern heilsamen gefäß seiner gnaden/ machen wolle. Die

stu-

ARTIC. I. SECTIO VIII.
dazu derſelbe mich ſelbs animiret und ſie von mir vor die hand genommen
zu werden verlangt hat. Jch konte auch/ ob wohl ſonſten ſehr ungern ſehe/
daß dergleichen ſtreite in unſerer kirchen ſeyn/ nicht wohl auff ſolche provoca-
ti
on ſtillſchweigen/ ich wolte dann mit eigener ſchuld den jenigen verdacht/
welcher bey vielen von einiger zeit ſteckt/ bekraͤfftigen/ es muͤſte gleich wohl
mit mir nicht richtig ſeyn/ ſondern ich etwas heimliches in meinem hertzen in
dieſer materie verborgen haben/ welches ich an tag zu geben nicht getrauete.
Da ich hingegen jetzo hoffe/ daß alle/ bey denen einige Chriſtliche liebe und
billigkeit uͤbrig iſt/ mit meiner erklaͤhrung zu frieden zu ſeyn urſach haben wer-
den. Gibt Gott noch feꝛner ſegen zu einiger/ ſonderlich Studioſorum, unterricht
oder doch nur antrieb der gantzen ſache reiflicher nach zu dencken/ da ſie gewiß
finden werden/ es muͤſſte eine gantz andere ſache ſeyn/ als ſie ſich offt insge-
mein einbilden/ ſo habe ich ihm auch vor ſothane gnade ſo viel hertzlicher zu
dancken/ und es vor eine frucht zuhalten des lieben gebets vieler gottſeli-
gen hertzen/ die auch vor ſegnung dieſes werckleins zu dem HErren geſeufftzet
und gebeten haben. ꝛc. 1680.

SECTIO IX.
An einen Chriſtlichen Studioſum rath wegen
einrichtung der
ſtudiorum.

JCh zweiffle nicht/ er werde nunmehr die art des Academiſchen lebens
ziemlich eingeſehen/ aber ſich auch in der reſolution befeſtiget haben
das jenige zu meiden/ was er goͤttlicher regel und dem Chriſten-
thum widrig zu ſeyn erkennet/ obs auch von den jenigen geſchehe/ dero pflicht
waͤre/ mit beſſerem exempel/ als aͤltere den juͤngern vor zuleuchten: hingegen
aller gelegenheit zu dem guten/ die er daſelbs finden wird/ mit ſorgfaͤltigem
fleiß zu gebrauchen/ damit er dem HErrn HErrn vor die auff der Univerſi-
taͤt zubringende zeit dermahleins moͤge rechenſchafft geben koͤnnen. Hiezu
wird alſo taͤgliches/ ja ſtuͤndliches/ gebet nothwendig erfordert werden/ um
die ſo noͤthige gnad des heiligen Geiſtes/ ohne welchen und deſſen liecht/ aller
unſer fleiß umſonſt iſt/ und die erlangende erudition allein eine todte erkaͤnt-
nuͤß bleiben/ und uns gar nichts/ andern aber nicht viel an uns/ nuͤtzen wuͤr-
de. Maſſen das gebet auch bey den ſtudiis ein haupt-mittel/ und von un-
ſerm lieben Luthero mit recht in dem methodo ſtudii Theologici, oratio, me-
ditatio, tentatio,
fornen an geſetzet wird. Sonderlich aber bete er GOTT
nicht nur um den ſegen zu einer gruͤndlichen erudition, ſondern auch daß er
ihn und dieſe an ihm nachdruͤcklich heiligen/ und ihn alſo nicht nur zu einem
gelehrten mann/ ſondern heilſamen gefaͤß ſeiner gnaden/ machen wolle. Die

ſtu-
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[415/0431] ARTIC. I. SECTIO VIII. dazu derſelbe mich ſelbs animiret und ſie von mir vor die hand genommen zu werden verlangt hat. Jch konte auch/ ob wohl ſonſten ſehr ungern ſehe/ daß dergleichen ſtreite in unſerer kirchen ſeyn/ nicht wohl auff ſolche provoca- tion ſtillſchweigen/ ich wolte dann mit eigener ſchuld den jenigen verdacht/ welcher bey vielen von einiger zeit ſteckt/ bekraͤfftigen/ es muͤſte gleich wohl mit mir nicht richtig ſeyn/ ſondern ich etwas heimliches in meinem hertzen in dieſer materie verborgen haben/ welches ich an tag zu geben nicht getrauete. Da ich hingegen jetzo hoffe/ daß alle/ bey denen einige Chriſtliche liebe und billigkeit uͤbrig iſt/ mit meiner erklaͤhrung zu frieden zu ſeyn urſach haben wer- den. Gibt Gott noch feꝛner ſegen zu einiger/ ſonderlich Studioſorum, unterricht oder doch nur antrieb der gantzen ſache reiflicher nach zu dencken/ da ſie gewiß finden werden/ es muͤſſte eine gantz andere ſache ſeyn/ als ſie ſich offt insge- mein einbilden/ ſo habe ich ihm auch vor ſothane gnade ſo viel hertzlicher zu dancken/ und es vor eine frucht zuhalten des lieben gebets vieler gottſeli- gen hertzen/ die auch vor ſegnung dieſes werckleins zu dem HErren geſeufftzet und gebeten haben. ꝛc. 1680. SECTIO IX. An einen Chriſtlichen Studioſum rath wegen einrichtung der ſtudiorum. JCh zweiffle nicht/ er werde nunmehr die art des Academiſchen lebens ziemlich eingeſehen/ aber ſich auch in der reſolution befeſtiget haben das jenige zu meiden/ was er goͤttlicher regel und dem Chriſten- thum widrig zu ſeyn erkennet/ obs auch von den jenigen geſchehe/ dero pflicht waͤre/ mit beſſerem exempel/ als aͤltere den juͤngern vor zuleuchten: hingegen aller gelegenheit zu dem guten/ die er daſelbs finden wird/ mit ſorgfaͤltigem fleiß zu gebrauchen/ damit er dem HErrn HErrn vor die auff der Univerſi- taͤt zubringende zeit dermahleins moͤge rechenſchafft geben koͤnnen. Hiezu wird alſo taͤgliches/ ja ſtuͤndliches/ gebet nothwendig erfordert werden/ um die ſo noͤthige gnad des heiligen Geiſtes/ ohne welchen und deſſen liecht/ aller unſer fleiß umſonſt iſt/ und die erlangende erudition allein eine todte erkaͤnt- nuͤß bleiben/ und uns gar nichts/ andern aber nicht viel an uns/ nuͤtzen wuͤr- de. Maſſen das gebet auch bey den ſtudiis ein haupt-mittel/ und von un- ſerm lieben Luthero mit recht in dem methodo ſtudii Theologici, oratio, me- ditatio, tentatio, fornen an geſetzet wird. Sonderlich aber bete er GOTT nicht nur um den ſegen zu einer gruͤndlichen erudition, ſondern auch daß er ihn und dieſe an ihm nachdruͤcklich heiligen/ und ihn alſo nicht nur zu einem gelehrten mann/ ſondern heilſamen gefaͤß ſeiner gnaden/ machen wolle. Die ſtu-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/431>, abgerufen am 19.04.2024.