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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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ARTIC. II. SECTIO III.
ren/ und die andre anzunehmen bestellen solte: da dann endlich/ was der Herr
also aus uns nicht bekanten ursachen geschehen lässet/ auch als sein wille mit
gehorsam auffzunehmen/ und die verantwortung denen jenigen/ welchen
wir gehorsamen müßen/ zu überlässen wäre. Dieses sind meine Christliche
gedancken über das gantze geschäfft/ wie ich es nach meinem gewissen ansehe/
daher auch bitte/ dasselbe in der forcht und mit anruffung GOttes reifflich
zu überlegen/ und alsdenn getrost zuschliessen/ wohin der HERR selbs sein
hertz lencken wird. Wie ich dann weder von demselben noch jemand anders
jemahlen erfordere meinem gutachten weiter zufolgen/ als dessen eigenes ü-
berlegen eine überzeugung in dem gemüthe gibet. Der liebste Vater/ der al-
le unsre wege nach seiner väterlichen güte und weißheit richtet/ richte auch
selbs diesen seinen weg/ gebe ihm so wohl selbs als andern/ die mit dem werck
zu thun haben/ seinen willen klährlich einzusehen/ und alsdenn demselben wil-
lig nachzugehen: so dann erfülle er auch sein amt/ er verordne nun ein länge-
res aushalten in jetziger stelle/ oder führe ihn zu einer andern/ mit täglichem
und reichesten segen zu lauter früchten der ewigkeit. 1693.

SECTIO IV.
Als ein Pastor einer statt zu einer Königin
Hoff-prediger beruffen wurde.
Göttliche gnade/ krafft/ liecht und freude von GOtt unserm
himmlischen Vater durch unsern treusten Erlöser JEsum
Christum in dem heiligen Geist.

ES sind heut acht tage/ daß ich dessen werthes durch die gethane A-
dreße
über Leizpig/ wohl empfangen habe/ daher ob schon sonsten fast
alle brieffe in gegenwärtigem meinem zustand biß auff die messe müssen
ausgesetzt verbleiben/ so bald nach möglichkeit beantworten sollen. Aber
ach daß ich vermöchte/ also den willen des HErrn zu erkennen zu geben/ wie
die wichtigkeit dieses wercks/ welches ich noch von mehrerem gewicht und wei-
terem aussehen achte/ als es wohl erstlich das ansehen gewinnet/ erfordert/
und mein viel geliebter bruder eine rechte beruhigung seiner seelen und gewis-
sens davon finden möge. Nachdem ich aber so wohl mit einigen treuen mei-
nen Collegis aus der sach getreulich communiciret/ auch mit andern lieben
hertzen GOtt eyfferig um seine gnade/ daß er aller hertzen/ die einigerley
massen darmit zu thun haben/ dahin leiten wolte/ seinen willen in solchem
werck recht zu erkennen/ und dessen eine beruhigende gewißheit bey sich zu fin-
den/ als will ich in dem brüderlichen vertrauen zwischen uns hiemit meine ge-
dancken offenhertzig mittheilen/ desselben gottseligen fernerer überlegung über-

las-
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ARTIC. II. SECTIO III.
ren/ und die andre anzunehmen beſtellen ſolte: da dann endlich/ was der Herr
alſo aus uns nicht bekanten urſachen geſchehen laͤſſet/ auch als ſein wille mit
gehorſam auffzunehmen/ und die verantwortung denen jenigen/ welchen
wir gehorſamen muͤßen/ zu uͤberlaͤſſen waͤre. Dieſes ſind meine Chriſtliche
gedancken uͤber das gantze geſchaͤfft/ wie ich es nach meinem gewiſſen anſehe/
daher auch bitte/ daſſelbe in der forcht und mit anruffung GOttes reifflich
zu uͤberlegen/ und alsdenn getroſt zuſchlieſſen/ wohin der HERR ſelbs ſein
hertz lencken wird. Wie ich dann weder von demſelben noch jemand anders
jemahlen erfordere meinem gutachten weiter zufolgen/ als deſſen eigenes uͤ-
berlegen eine uͤberzeugung in dem gemuͤthe gibet. Der liebſte Vater/ der al-
le unſre wege nach ſeiner vaͤterlichen guͤte und weißheit richtet/ richte auch
ſelbs dieſen ſeinen weg/ gebe ihm ſo wohl ſelbs als andern/ die mit dem werck
zu thun haben/ ſeinen willen klaͤhrlich einzuſehen/ und alsdenn demſelben wil-
lig nachzugehen: ſo dann erfuͤlle er auch ſein amt/ er verordne nun ein laͤnge-
res aushalten in jetziger ſtelle/ oder fuͤhre ihn zu einer andern/ mit taͤglichem
und reicheſten ſegen zu lauter fruͤchten der ewigkeit. 1693.

SECTIO IV.
Als ein Paſtor einer ſtatt zu einer Koͤnigin
Hoff-prediger beruffen wurde.
Goͤttliche gnade/ krafft/ liecht und freude von GOtt unſerm
himmliſchen Vater durch unſern treuſten Erloͤſer JEſum
Chriſtum in dem heiligen Geiſt.

ES ſind heut acht tage/ daß ich deſſen werthes durch die gethane A-
dreße
uͤber Leizpig/ wohl empfangen habe/ daher ob ſchon ſonſten faſt
alle brieffe in gegenwaͤrtigem meinem zuſtand biß auff die meſſe muͤſſen
ausgeſetzt verbleiben/ ſo bald nach moͤglichkeit beantworten ſollen. Aber
ach daß ich vermoͤchte/ alſo den willen des HErrn zu erkennen zu geben/ wie
die wichtigkeit dieſes wercks/ welches ich noch von mehrerem gewicht und wei-
terem ausſehen achte/ als es wohl erſtlich das anſehen gewinnet/ erfordert/
und mein viel geliebter bruder eine rechte beruhigung ſeiner ſeelen und gewiſ-
ſens davon finden moͤge. Nachdem ich aber ſo wohl mit einigen treuen mei-
nen Collegis aus der ſach getreulich communiciret/ auch mit andern lieben
hertzen GOtt eyfferig um ſeine gnade/ daß er aller hertzen/ die einigerley
maſſen darmit zu thun haben/ dahin leiten wolte/ ſeinen willen in ſolchem
werck recht zu erkennen/ und deſſen eine beruhigende gewißheit bey ſich zu fin-
den/ als will ich in dem bruͤderlichen vertrauen zwiſchen uns hiemit meine ge-
dancken offenhertzig mittheilen/ deſſelben gottſeligẽ fernerer uͤberlegung uͤber-

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[453/0469] ARTIC. II. SECTIO III. ren/ und die andre anzunehmen beſtellen ſolte: da dann endlich/ was der Herr alſo aus uns nicht bekanten urſachen geſchehen laͤſſet/ auch als ſein wille mit gehorſam auffzunehmen/ und die verantwortung denen jenigen/ welchen wir gehorſamen muͤßen/ zu uͤberlaͤſſen waͤre. Dieſes ſind meine Chriſtliche gedancken uͤber das gantze geſchaͤfft/ wie ich es nach meinem gewiſſen anſehe/ daher auch bitte/ daſſelbe in der forcht und mit anruffung GOttes reifflich zu uͤberlegen/ und alsdenn getroſt zuſchlieſſen/ wohin der HERR ſelbs ſein hertz lencken wird. Wie ich dann weder von demſelben noch jemand anders jemahlen erfordere meinem gutachten weiter zufolgen/ als deſſen eigenes uͤ- berlegen eine uͤberzeugung in dem gemuͤthe gibet. Der liebſte Vater/ der al- le unſre wege nach ſeiner vaͤterlichen guͤte und weißheit richtet/ richte auch ſelbs dieſen ſeinen weg/ gebe ihm ſo wohl ſelbs als andern/ die mit dem werck zu thun haben/ ſeinen willen klaͤhrlich einzuſehen/ und alsdenn demſelben wil- lig nachzugehen: ſo dann erfuͤlle er auch ſein amt/ er verordne nun ein laͤnge- res aushalten in jetziger ſtelle/ oder fuͤhre ihn zu einer andern/ mit taͤglichem und reicheſten ſegen zu lauter fruͤchten der ewigkeit. 1693. SECTIO IV. Als ein Paſtor einer ſtatt zu einer Koͤnigin Hoff-prediger beruffen wurde. Goͤttliche gnade/ krafft/ liecht und freude von GOtt unſerm himmliſchen Vater durch unſern treuſten Erloͤſer JEſum Chriſtum in dem heiligen Geiſt. ES ſind heut acht tage/ daß ich deſſen werthes durch die gethane A- dreße uͤber Leizpig/ wohl empfangen habe/ daher ob ſchon ſonſten faſt alle brieffe in gegenwaͤrtigem meinem zuſtand biß auff die meſſe muͤſſen ausgeſetzt verbleiben/ ſo bald nach moͤglichkeit beantworten ſollen. Aber ach daß ich vermoͤchte/ alſo den willen des HErrn zu erkennen zu geben/ wie die wichtigkeit dieſes wercks/ welches ich noch von mehrerem gewicht und wei- terem ausſehen achte/ als es wohl erſtlich das anſehen gewinnet/ erfordert/ und mein viel geliebter bruder eine rechte beruhigung ſeiner ſeelen und gewiſ- ſens davon finden moͤge. Nachdem ich aber ſo wohl mit einigen treuen mei- nen Collegis aus der ſach getreulich communiciret/ auch mit andern lieben hertzen GOtt eyfferig um ſeine gnade/ daß er aller hertzen/ die einigerley maſſen darmit zu thun haben/ dahin leiten wolte/ ſeinen willen in ſolchem werck recht zu erkennen/ und deſſen eine beruhigende gewißheit bey ſich zu fin- den/ als will ich in dem bruͤderlichen vertrauen zwiſchen uns hiemit meine ge- dancken offenhertzig mittheilen/ deſſelben gottſeligẽ fernerer uͤberlegung uͤber- laſ- L l l 3

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/469>, abgerufen am 19.04.2024.