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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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ARTIC. VI. SECTIO XXVI.
ten/ sie nicht zu dieser ihrer schuldigkeit angehalten werden dörfften: und su-
chet hierinnen die beleidigte gemeinde/ was auch sonsten ein ander privatus
ohne unterscheid der religion von seinem beleidiger zu fordern macht hat/
und zu fordern pfleget. 4. So muß auch billich das sonsten von andern
in seiner verschonung nehmende ärgernüß damit verhütet werden. Aber
hierbey achte nachmahl nöthig/ daß in der absolution (dero formulae etwa
nicht aller orten einerley/ und mir wenigstens bekant sind) wohl acht gegeben
werde/ daß man nicht denjenigen die absolution in Gottes nahmen ertheile/
die dieselbe nicht erkennen/ und welche wir etwa selbst deroselben nicht fähig
achten/ sondern daß es bloß bleibe bey einer absolution in dem nahmen der
kirchen/ daß dieselbe die beleidigung/ die ihr zugefügt worden/ den abbitten-
den/ so viel an ihr ist/ nachlasse/ und sie nicht weiter ahnden/ hingegen ihm
ferner gnade von GOTT zu erbitten trachten wolle. Weiter aber sehe
ich nicht/ daß man gehen könte. Dieses wären meine einfältige gedancken/ über
die vorgelegte frage: dabey noch endlich anfüge/ daß wir in hiesiger stadt
die kirchen-buß nicht haben/ aber an statt derselben müssen die in offentlich
ausgebrochenem ärgernüß betretene personen bey unserm kirchen-conventu
auf erforderen erscheinen/ ihre correction anhören/ und nechst der deprecation
den verspruch der besserung abstatten. Hiezu erfordern wir nun keine Pa-
pistische/ weil dieselbe ihr öffentlich religions-exercitium hier haben/ und
uns ihre vorforderung als ein eingriff in gegentheils jura würde ausgedeu-
tet/ auch keine parition geleistet werden. Was aber die Reformirte an-
langt/ weil sie kein öffentlich exercitium religionis allhier haben/ daher mit
auffbieten/ copulationen/ tauffe/ und dergleichen an unsere gemeinde gehal-
ten sind/ werden in solchen fällen von uns erfordert. Jedoch sind unterschied-
liche weder erschienen/ noch haben sich durch weltlichen arm dazu bringen
lassen. Der HErr gebe auch hierinnen aller orten/ was seiner gemeinde das
aufferbaulichste seyn mag. 1684.

SECTIO XXVII.
Von der kirchen-buß
Q. I.
Ob die in unsern kirchen übliche also genannte kirchen-buß gegen
erlegung einer gewißen summa gelds könne nachgelassen
werden?

VOn dieser und folgenden fragen wäre etwa so gar schwehr nicht zu ant-
worten/ wo es mit der kirchenbuß in dem alten stande wäre/ wie es in

der
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ARTIC. VI. SECTIO XXVI.
ten/ ſie nicht zu dieſer ihrer ſchuldigkeit angehalten werden doͤrfften: und ſu-
chet hierinnen die beleidigte gemeinde/ was auch ſonſten ein ander privatus
ohne unterſcheid der religion von ſeinem beleidiger zu fordern macht hat/
und zu fordern pfleget. 4. So muß auch billich das ſonſten von andern
in ſeiner verſchonung nehmende aͤrgernuͤß damit verhuͤtet werden. Aber
hierbey achte nachmahl noͤthig/ daß in der abſolution (dero formulæ etwa
nicht aller orten einerley/ und mir wenigſtens bekant ſind) wohl acht gegeben
werde/ daß man nicht denjenigen die abſolution in Gottes nahmen ertheile/
die dieſelbe nicht erkennen/ und welche wir etwa ſelbſt deroſelben nicht faͤhig
achten/ ſondern daß es bloß bleibe bey einer abſolution in dem nahmen der
kirchen/ daß dieſelbe die beleidigung/ die ihr zugefuͤgt worden/ den abbitten-
den/ ſo viel an ihr iſt/ nachlaſſe/ und ſie nicht weiter ahnden/ hingegen ihm
ferner gnade von GOTT zu erbitten trachten wolle. Weiter aber ſehe
ich nicht/ daß man gehen koͤnte. Dieſes waͤren meine einfaͤltige gedancken/ uͤber
die vorgelegte frage: dabey noch endlich anfuͤge/ daß wir in hieſiger ſtadt
die kirchen-buß nicht haben/ aber an ſtatt derſelben muͤſſen die in offentlich
ausgebrochenem aͤrgernuͤß betretene perſonen bey unſerm kirchen-conventu
auf erforderen erſcheinen/ ihre correction anhoͤren/ und nechſt der deprecation
den verſpruch der beſſerung abſtatten. Hiezu erfordern wir nun keine Pa-
piſtiſche/ weil dieſelbe ihr oͤffentlich religions-exercitium hier haben/ und
uns ihre vorforderung als ein eingriff in gegentheils jura wuͤrde ausgedeu-
tet/ auch keine parition geleiſtet werden. Was aber die Reformirte an-
langt/ weil ſie kein oͤffentlich exercitium religionis allhier haben/ daher mit
auffbieten/ copulationen/ tauffe/ und dergleichen an unſere gemeinde gehal-
ten ſind/ werden in ſolchen faͤllen von uns erfordert. Jedoch ſind unterſchied-
liche weder erſchienen/ noch haben ſich durch weltlichen arm dazu bringen
laſſen. Der HErr gebe auch hierinnen aller orten/ was ſeiner gemeinde das
aufferbaulichſte ſeyn mag. 1684.

SECTIO XXVII.
Von der kirchen-buß
Q. I.
Ob die in unſern kirchen uͤbliche alſo genannte kirchen-buß gegen
erlegung einer gewißen ſumma gelds koͤnne nachgelaſſen
werden?

VOn dieſer und folgenden fragen waͤre etwa ſo gar ſchwehr nicht zu ant-
worten/ wo es mit der kirchenbuß in dem alten ſtande waͤre/ wie es in

der
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[285/1085] ARTIC. VI. SECTIO XXVI. ten/ ſie nicht zu dieſer ihrer ſchuldigkeit angehalten werden doͤrfften: und ſu- chet hierinnen die beleidigte gemeinde/ was auch ſonſten ein ander privatus ohne unterſcheid der religion von ſeinem beleidiger zu fordern macht hat/ und zu fordern pfleget. 4. So muß auch billich das ſonſten von andern in ſeiner verſchonung nehmende aͤrgernuͤß damit verhuͤtet werden. Aber hierbey achte nachmahl noͤthig/ daß in der abſolution (dero formulæ etwa nicht aller orten einerley/ und mir wenigſtens bekant ſind) wohl acht gegeben werde/ daß man nicht denjenigen die abſolution in Gottes nahmen ertheile/ die dieſelbe nicht erkennen/ und welche wir etwa ſelbſt deroſelben nicht faͤhig achten/ ſondern daß es bloß bleibe bey einer abſolution in dem nahmen der kirchen/ daß dieſelbe die beleidigung/ die ihr zugefuͤgt worden/ den abbitten- den/ ſo viel an ihr iſt/ nachlaſſe/ und ſie nicht weiter anden/ hingegen ihm ferner gnade von GOTT zu erbitten trachten wolle. Weiter aber ſehe ich nicht/ daß man gehen koͤnte. Dieſes waͤren meine einfaͤltige gedancken/ uͤber die vorgelegte frage: dabey noch endlich anfuͤge/ daß wir in hieſiger ſtadt die kirchen-buß nicht haben/ aber an ſtatt derſelben muͤſſen die in offentlich ausgebrochenem aͤrgernuͤß betretene perſonen bey unſerm kirchen-conventu auf erforderen erſcheinen/ ihre correction anhoͤren/ und nechſt der deprecation den verſpruch der beſſerung abſtatten. Hiezu erfordern wir nun keine Pa- piſtiſche/ weil dieſelbe ihr oͤffentlich religions-exercitium hier haben/ und uns ihre vorforderung als ein eingriff in gegentheils jura wuͤrde ausgedeu- tet/ auch keine parition geleiſtet werden. Was aber die Reformirte an- langt/ weil ſie kein oͤffentlich exercitium religionis allhier haben/ daher mit auffbieten/ copulationen/ tauffe/ und dergleichen an unſere gemeinde gehal- ten ſind/ werden in ſolchen faͤllen von uns erfordert. Jedoch ſind unterſchied- liche weder erſchienen/ noch haben ſich durch weltlichen arm dazu bringen laſſen. Der HErr gebe auch hierinnen aller orten/ was ſeiner gemeinde das aufferbaulichſte ſeyn mag. 1684. SECTIO XXVII. Von der kirchen-buß Q. I. Ob die in unſern kirchen uͤbliche alſo genannte kirchen-buß gegen erlegung einer gewißen ſumma gelds koͤnne nachgelaſſen werden? VOn dieſer und folgenden fragen waͤre etwa ſo gar ſchwehr nicht zu ant- worten/ wo es mit der kirchenbuß in dem alten ſtande waͤre/ wie es in der n n 3

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/1085>, abgerufen am 28.03.2024.