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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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Das andere Capitel.
lassen werde/ so von einigem momento ist: da wohl der eine theil an solchem
umstand nicht eben etwas sonderliches gelegen zu seyn meynet/ und also nicht
betrüglich denselben auslässet/ der andere theil aber mag etwa auff denselben
sonderlich sehen/ und auch in der that viel daran gelegen seyn/ welches je-
ner als von seinem rechten eingenommen nicht gleichermassen erkennet: so
nicht zu sorgen ist/ wo eine species facti von beyden seiten einmüthig abgefas-
set und eingeschicket wird. Jedennoch habe ich mich nicht wollen der freund-
lichen anfrage völlig entziehen/ sondern hiemit meine Christliche gedancken
mittheilen/ wiewohl mit dieser austrücklichen verwahrung/ daß ich gegen-
theil/ wo derselbe in der relation/ wie sie mir geschicket worden/ etwas zu
desideriren/ von oder abzuthun und zu ändern hätte/ mit diesem meinem
responso, welches auff jene relation blosserdinges sich referiret/ nicht zu
graviren gemeinet seye. Also/ daß es vielmehr meinen hoch-geehrten
Herrn und den jenigen/ welche gleicher meinung wären/ zu bekräfftigung
dienen möchte/ als gegen die andre seiten als einigerley massen ein decisum
angeführet werden solle. Wenn ich mich denn zu den vorgelegten fragen
wende/ so lautet die erste also:

I.
Ob einig membrum consistorii, wenn es sich wegen eines began-
genen
scandali durch einen Pastorem oder ander mitglied im
Consistorio gehörter massen eussert/ und sein advis darüber
suo ordine fürträget/ deßwegen für parthey zu halten/ und
von dem
consistorio austreten muß/ wenn von derselben
sache gehandelt wird/ ja selbst bey verantwortung und er-
klärung des jenen/ der das
scandalum gegeben/ nicht mag
praesent seyn.

HJerauff ist meine meynung/ daß ein solches glied durch sein gegebenes
votum, ob wohl solches auch gegen den andern hart möchte gefallen seyn/
um solcher ursach willen aus dem consessu nicht ausgeschlossen werden kön-
ne. Jndem 1. die vota in allen versammlungen frey bleiben müssen/ und al-
so einem jeglichen mitglied nicht gewehret werden kan/ nach seinem gewissen
zu votiren/ ob es auch schon einen Collegam betrifft/ dessen actiones er nicht
billigen kan. Ja es ist dieses das jus aller collegiorum, und wo von einem

ge-

Das andere Capitel.
laſſen werde/ ſo von einigem momento iſt: da wohl der eine theil an ſolchem
umſtand nicht eben etwas ſonderliches gelegen zu ſeyn meynet/ und alſo nicht
betruͤglich denſelben auslaͤſſet/ der andere theil aber mag etwa auff denſelben
ſonderlich ſehen/ und auch in der that viel daran gelegen ſeyn/ welches je-
ner als von ſeinem rechten eingenommen nicht gleichermaſſen erkennet: ſo
nicht zu ſorgen iſt/ wo eine ſpecies facti von beyden ſeiten einmuͤthig abgefaſ-
ſet und eingeſchicket wird. Jedennoch habe ich mich nicht wollen der freund-
lichen anfrage voͤllig entziehen/ ſondern hiemit meine Chriſtliche gedancken
mittheilen/ wiewohl mit dieſer austruͤcklichen verwahrung/ daß ich gegen-
theil/ wo derſelbe in der relation/ wie ſie mir geſchicket worden/ etwas zu
deſideriren/ von oder abzuthun und zu aͤndern haͤtte/ mit dieſem meinem
reſponſo, welches auff jene relation bloſſerdinges ſich referiret/ nicht zu
graviren gemeinet ſeye. Alſo/ daß es vielmehr meinen hoch-geehrten
Herrn und den jenigen/ welche gleicher meinung waͤren/ zu bekraͤfftigung
dienen moͤchte/ als gegen die andre ſeiten als einigerley maſſen ein deciſum
angefuͤhret werden ſolle. Wenn ich mich denn zu den vorgelegten fragen
wende/ ſo lautet die erſte alſo:

I.
Ob einig membrum conſiſtorii, wenn es ſich wegen eines began-
genen
ſcandali durch einen Paſtorem oder ander mitglied im
Conſiſtorio gehoͤrter maſſen euſſert/ und ſein advis daruͤber
ſuo ordine fuͤrtraͤget/ deßwegen fuͤr parthey zu halten/ und
von dem
conſiſtorio austreten muß/ wenn von derſelben
ſache gehandelt wird/ ja ſelbſt bey verantwortung und er-
klaͤrung des jenen/ der das
ſcandalum gegeben/ nicht mag
præſent ſeyn.

HJerauff iſt meine meynung/ daß ein ſolches glied durch ſein gegebenes
votum, ob wohl ſolches auch gegen den andern hart moͤchte gefallen ſeyn/
um ſolcher urſach willen aus dem conſeſſu nicht ausgeſchloſſen werden koͤn-
ne. Jndem 1. die vota in allen verſammlungen frey bleiben muͤſſen/ und al-
ſo einem jeglichen mitglied nicht gewehret werden kan/ nach ſeinem gewiſſen
zu votiren/ ob es auch ſchon einen Collegam betrifft/ deſſen actiones er nicht
billigen kan. Ja es iſt dieſes das jus aller collegiorum, und wo von einem

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[294/1094] Das andere Capitel. laſſen werde/ ſo von einigem momento iſt: da wohl der eine theil an ſolchem umſtand nicht eben etwas ſonderliches gelegen zu ſeyn meynet/ und alſo nicht betruͤglich denſelben auslaͤſſet/ der andere theil aber mag etwa auff denſelben ſonderlich ſehen/ und auch in der that viel daran gelegen ſeyn/ welches je- ner als von ſeinem rechten eingenommen nicht gleichermaſſen erkennet: ſo nicht zu ſorgen iſt/ wo eine ſpecies facti von beyden ſeiten einmuͤthig abgefaſ- ſet und eingeſchicket wird. Jedennoch habe ich mich nicht wollen der freund- lichen anfrage voͤllig entziehen/ ſondern hiemit meine Chriſtliche gedancken mittheilen/ wiewohl mit dieſer austruͤcklichen verwahrung/ daß ich gegen- theil/ wo derſelbe in der relation/ wie ſie mir geſchicket worden/ etwas zu deſideriren/ von oder abzuthun und zu aͤndern haͤtte/ mit dieſem meinem reſponſo, welches auff jene relation bloſſerdinges ſich referiret/ nicht zu graviren gemeinet ſeye. Alſo/ daß es vielmehr meinen hoch-geehrten Herrn und den jenigen/ welche gleicher meinung waͤren/ zu bekraͤfftigung dienen moͤchte/ als gegen die andre ſeiten als einigerley maſſen ein deciſum angefuͤhret werden ſolle. Wenn ich mich denn zu den vorgelegten fragen wende/ ſo lautet die erſte alſo: I. Ob einig membrum conſiſtorii, wenn es ſich wegen eines began- genen ſcandali durch einen Paſtorem oder ander mitglied im Conſiſtorio gehoͤrter maſſen euſſert/ und ſein advis daruͤber ſuo ordine fuͤrtraͤget/ deßwegen fuͤr parthey zu halten/ und von dem conſiſtorio austreten muß/ wenn von derſelben ſache gehandelt wird/ ja ſelbſt bey verantwortung und er- klaͤrung des jenen/ der das ſcandalum gegeben/ nicht mag præſent ſeyn. HJerauff iſt meine meynung/ daß ein ſolches glied durch ſein gegebenes votum, ob wohl ſolches auch gegen den andern hart moͤchte gefallen ſeyn/ um ſolcher urſach willen aus dem conſeſſu nicht ausgeſchloſſen werden koͤn- ne. Jndem 1. die vota in allen verſammlungen frey bleiben muͤſſen/ und al- ſo einem jeglichen mitglied nicht gewehret werden kan/ nach ſeinem gewiſſen zu votiren/ ob es auch ſchon einen Collegam betrifft/ deſſen actiones er nicht billigen kan. Ja es iſt dieſes das jus aller collegiorum, und wo von einem ge-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/1094>, abgerufen am 24.04.2024.