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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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SECTIO II.
se meinung findet sich unter den alten bey Augustino und Cypriano, unter
den mittel-alten bey dem autore Histor. scholasticae, Hugone, Rickelio, so
dann auch einigen andern neueren. Dieser habe ich auch lieber beypflichten
wollen/ weil 2. Mos. 34/ 28. es allzu hart lautet/ den Text also zu zerreissen/
daß man den worten/ er schrieb/ so mit einem und an die vorige gehenget
werden/ ein ander subjectum, dessen directe vorher nicht meldung geschehen/
und ohne dessen anzeige in dem text/ weiter herholen wolte; so ists auch hart
den v. 27. und 28. von zweyerley worten zu verstehen/ da doch wie v. 28.
[fremdsprachliches Material - 9 Zeichen fehlen] die wort des bundes/ so geschrieben solten werden/ austrücklich
die zehen wort genennet werden/ also v. 27. die wort die Moses schreiben solte/
auch die jenige heissen/ auff welche der bund gegründet werden sollen. Da
hingegen die erklährung/ so man den stellen/ die vor die gegenmeinung ge-
führt werden/ appliciren kan/ weniger zwang hat/ und in der schrifft nichts
ungemeines ist/ daß einem zugeschrieben wird/ was er durch einen andern
thut. Jedoch dringe auch solche meinung niemand auff/ und thut weder die-
ses noch jenes dem glauben an sich selbs eintrag: daher es nicht nöthig ist/
wann etliche es also conciliiren wollen/ Moses habe aus GOttes befehl
die hand zu schreiben/ oder einzugraben/ angelegt/ aber da seyen alsobald
durch ein wunderwerck die buchstaben alle formiret worden/ daß also GOtt
und er gleichsam miteinander geschrieben hätten.

Der HErr schreibe selbs mit seinem finger und lebendigen buchstaben
sein gesetz in unsre hertzenstaffeln/ so solle uns genügen!

SECTIO III.
Natur und gnade. M. Borels schrifften. Sonder-
lich rettung des spruchs Apost. Gesch. 13/ 48. Wie
viel ihr zum ewigen leben verordnet waren.

DAß das tractätlein von natur und gnade meiner geliebten Jung-
frauen wohlgefallen/ ist mir angenehm. Jch habe bereits dergleichen
zeugniß von einigen andern guten seelen bekommen/ die davon gehal-
ten/ daß sie dadurch erbauet worden wären. Dem Herrn Herrn seye danck/
der seines schwachen dieners arbeit nicht ungesegnet gelaßen/ sondern krafft
in einige seelen durch zutringen gegeben hat: Derselbige wolle ferner von o-
ben herab zu allem pflantzen und begiessen dasjenige gedeyen geben/ damit
sein wort zu wirckung des glaubens und aller seiner früchte bey allen
fruchtbar werden möge: sonderlich wircke er durch seine gnade al-
so in uns/ daß wir mehr und mehr in eigner erfahrung/ was natur und gna-
de/ erde und himmel seye/ zu unterscheiden lernen. Es ist mir auch lieb/ daß

M. Bo-
B

SECTIO II.
ſe meinung findet ſich unter den alten bey Auguſtino und Cypriano, unter
den mittel-alten bey dem autore Hiſtor. ſcholaſticæ, Hugone, Rickelio, ſo
dann auch einigen andern neueren. Dieſer habe ich auch lieber beypflichten
wollen/ weil 2. Moſ. 34/ 28. es allzu hart lautet/ den Text alſo zu zerreiſſen/
daß man den worten/ er ſchrieb/ ſo mit einem und an die vorige gehenget
werden/ ein ander ſubjectum, deſſen directe vorher nicht meldung geſchehen/
und ohne deſſen anzeige in dem text/ weiter herholen wolte; ſo iſts auch hart
den v. 27. und 28. von zweyerley worten zu verſtehen/ da doch wie v. 28.
[fremdsprachliches Material – 9 Zeichen fehlen] die wort des bundes/ ſo geſchrieben ſolten werden/ austruͤcklich
die zehen wort genennet werden/ alſo v. 27. die wort die Moſes ſchreiben ſolte/
auch die jenige heiſſen/ auff welche der bund gegruͤndet werden ſollen. Da
hingegen die erklaͤhrung/ ſo man den ſtellen/ die vor die gegenmeinung ge-
fuͤhrt werden/ appliciren kan/ weniger zwang hat/ und in der ſchrifft nichts
ungemeines iſt/ daß einem zugeſchrieben wird/ was er durch einen andern
thut. Jedoch dringe auch ſolche meinung niemand auff/ und thut weder die-
ſes noch jenes dem glauben an ſich ſelbs eintrag: daher es nicht noͤthig iſt/
wann etliche es alſo conciliiren wollen/ Moſes habe aus GOttes befehl
die hand zu ſchreiben/ oder einzugraben/ angelegt/ aber da ſeyen alſobald
durch ein wunderwerck die buchſtaben alle formiret worden/ daß alſo GOtt
und er gleichſam miteinander geſchrieben haͤtten.

Der HErr ſchreibe ſelbs mit ſeinem finger und lebendigen buchſtaben
ſein geſetz in unſre hertzenstaffeln/ ſo ſolle uns genuͤgen!

SECTIO III.
Natur und gnade. M. Borels ſchrifften. Sonder-
lich rettung des ſpruchs Apoſt. Geſch. 13/ 48. Wie
viel ihr zum ewigen leben verordnet waren.

DAß das tractaͤtlein von natur und gnade meiner geliebten Jung-
frauen wohlgefallen/ iſt mir angenehm. Jch habe bereits dergleichen
zeugniß von einigen andern guten ſeelen bekommen/ die davon gehal-
ten/ daß ſie dadurch erbauet worden waͤren. Dem Herrn Herrn ſeye danck/
der ſeines ſchwachen dieners arbeit nicht ungeſegnet gelaßen/ ſondern krafft
in einige ſeelen durch zutringen gegeben hat: Derſelbige wolle ferner von o-
ben herab zu allem pflantzen und begieſſen dasjenige gedeyen geben/ damit
ſein wort zu wirckung des glaubens und aller ſeiner fruͤchte bey allen
fruchtbar werden moͤge: ſonderlich wircke er durch ſeine gnade al-
ſo in uns/ daß wir mehr und mehr in eigner erfahrung/ was natur und gna-
de/ erde und himmel ſeye/ zu unterſcheiden lernen. Es iſt mir auch lieb/ daß

M. Bo-
B
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[9/0025] SECTIO II. ſe meinung findet ſich unter den alten bey Auguſtino und Cypriano, unter den mittel-alten bey dem autore Hiſtor. ſcholaſticæ, Hugone, Rickelio, ſo dann auch einigen andern neueren. Dieſer habe ich auch lieber beypflichten wollen/ weil 2. Moſ. 34/ 28. es allzu hart lautet/ den Text alſo zu zerreiſſen/ daß man den worten/ er ſchrieb/ ſo mit einem und an die vorige gehenget werden/ ein ander ſubjectum, deſſen directe vorher nicht meldung geſchehen/ und ohne deſſen anzeige in dem text/ weiter herholen wolte; ſo iſts auch hart den v. 27. und 28. von zweyerley worten zu verſtehen/ da doch wie v. 28. _________ die wort des bundes/ ſo geſchrieben ſolten werden/ austruͤcklich die zehen wort genennet werden/ alſo v. 27. die wort die Moſes ſchreiben ſolte/ auch die jenige heiſſen/ auff welche der bund gegruͤndet werden ſollen. Da hingegen die erklaͤhrung/ ſo man den ſtellen/ die vor die gegenmeinung ge- fuͤhrt werden/ appliciren kan/ weniger zwang hat/ und in der ſchrifft nichts ungemeines iſt/ daß einem zugeſchrieben wird/ was er durch einen andern thut. Jedoch dringe auch ſolche meinung niemand auff/ und thut weder die- ſes noch jenes dem glauben an ſich ſelbs eintrag: daher es nicht noͤthig iſt/ wann etliche es alſo conciliiren wollen/ Moſes habe aus GOttes befehl die hand zu ſchreiben/ oder einzugraben/ angelegt/ aber da ſeyen alſobald durch ein wunderwerck die buchſtaben alle formiret worden/ daß alſo GOtt und er gleichſam miteinander geſchrieben haͤtten. Der HErr ſchreibe ſelbs mit ſeinem finger und lebendigen buchſtaben ſein geſetz in unſre hertzenstaffeln/ ſo ſolle uns genuͤgen! SECTIO III. Natur und gnade. M. Borels ſchrifften. Sonder- lich rettung des ſpruchs Apoſt. Geſch. 13/ 48. Wie viel ihr zum ewigen leben verordnet waren. DAß das tractaͤtlein von natur und gnade meiner geliebten Jung- frauen wohlgefallen/ iſt mir angenehm. Jch habe bereits dergleichen zeugniß von einigen andern guten ſeelen bekommen/ die davon gehal- ten/ daß ſie dadurch erbauet worden waͤren. Dem Herrn Herrn ſeye danck/ der ſeines ſchwachen dieners arbeit nicht ungeſegnet gelaßen/ ſondern krafft in einige ſeelen durch zutringen gegeben hat: Derſelbige wolle ferner von o- ben herab zu allem pflantzen und begieſſen dasjenige gedeyen geben/ damit ſein wort zu wirckung des glaubens und aller ſeiner fruͤchte bey allen fruchtbar werden moͤge: ſonderlich wircke er durch ſeine gnade al- ſo in uns/ daß wir mehr und mehr in eigner erfahrung/ was natur und gna- de/ erde und himmel ſeye/ zu unterſcheiden lernen. Es iſt mir auch lieb/ daß M. Bo- B

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/25>, abgerufen am 29.03.2024.