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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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SECTIO VI.
JEsu Christi/ daß er seine schwachheit stärcke/ vorsichtigkeit und krafft gegen
alle geistliche feinde verleihe/ und in ermanglung der menschlichen exempel
(die leider aller orten allzu rar sind/ aber dadurch auch so viel gutes zurücke
bleibet) das exempel JEsu Christi und der in der schrifft vorgestellter seiner
wahren Jünger ihm ohne unterlaß vor augen schweben lasse. Dieses solle
die stäte meinung meines gebets seyn/ so offt ich seinen nahmen vor das an-
gesicht des HErrn bringe. Der HErr HErr gebe uns allezeit/ so offt wir
vor einander unsre hände auffheben werden (wie ich mich denn dessen versehe/
daß derselbe seines orts auch meiner und meines amts nicht vergessen/ son-
dern mir dasjenige/ was mir zu dem zweck/ wozu ich verordnet/ nöthig ist/
treulich erbitten helffen werde) den dazu nöthigen Geist der gnaden und des
gebets/ damit unsre opffer vor ihm tügen/ und um unsers Hohenpriesters
JEsu Christi willen angenommen werden. Er lasse uns auch unter so vielen
falschen oder auffs wenigste zweiffelhafften oder auch fleischlichen lehrern/
dem einigen wahren lehrer/ seinem liebsten Sohn unserm Heyland/ und des-
sen werthesten Geist/ uns dermassen übergeben/ daß wir uns allein von sol-
chem lehren/ leiten und führen lassen. So wird uns wol seyn in zeit und e-
wigkeit. Amen. 1689.

SECTIO VII
Uber den ort 1. Petr. 4/ 8. ob darinn enthalten/ daß
die liebe die sünde auch vor GOtt bedecke. Auch
von dem spruch Luc. 7/ 47.

JCh habe die zugestellte theses und den Petrinischen ort 1. Petr. 4/ 8. in
der furcht des HErrn reiflich erwogen. So kan geliebter Bruder aus der
liebe/ wie denselben liebe/ sich versichert halten/ daß mir eine mehrere
freude seyn würde/ wo ich mit demselben auch in dieser sache einstimmig seyn/
und zum schutz gegen andere mit beytreten könte. Nachdem ich aber auff-
richtig wie ich dieselbe finde bekennen solle/ so kan nicht anders sagen/ als daß
die vorgebrachte erklährung der Apostolischen wort deroselben eigentliche
absicht nicht seye/ und daher/ wo ein harter widersacher solte aufftreten/
nicht behauptet werden könte. Dann 1. redet Petrus offenbahrlich allein
von der liebe des nechsten/ vor allen dingen aber habt untereinander
eine brünstige liebe/ denn die liebe decket auch der sünden menge.

Wo wir sehen/ es werde austrücklich geredet von der liebe/ welche die brüder
untereinander haben sollen/ und von eben derselben liebe bezeuget/ daß sie
der sünden menge decke. Da wir also diese liebe nicht ursach haben weiter
auszudähnen/ als der verstand derselben in dem ersten stück des verses gelau-

tet
C

SECTIO VI.
JEſu Chriſti/ daß er ſeine ſchwachheit ſtaͤrcke/ vorſichtigkeit und krafft gegen
alle geiſtliche feinde verleihe/ und in ermanglung der menſchlichen exempel
(die leider aller orten allzu rar ſind/ aber dadurch auch ſo viel gutes zuruͤcke
bleibet) das exempel JEſu Chriſti und der in der ſchrifft vorgeſtellter ſeiner
wahren Juͤnger ihm ohne unterlaß vor augen ſchweben laſſe. Dieſes ſolle
die ſtaͤte meinung meines gebets ſeyn/ ſo offt ich ſeinen nahmen vor das an-
geſicht des HErrn bringe. Der HErr HErr gebe uns allezeit/ ſo offt wir
vor einander unſre haͤnde auffheben werden (wie ich mich denn deſſen verſehe/
daß derſelbe ſeines orts auch meiner und meines amts nicht vergeſſen/ ſon-
dern mir dasjenige/ was mir zu dem zweck/ wozu ich verordnet/ noͤthig iſt/
treulich erbitten helffen werde) den dazu noͤthigen Geiſt der gnaden und des
gebets/ damit unſre opffer vor ihm tuͤgen/ und um unſers Hohenprieſters
JEſu Chriſti willen angenommen werden. Er laſſe uns auch unter ſo vielen
falſchen oder auffs wenigſte zweiffelhafften oder auch fleiſchlichen lehrern/
dem einigen wahren lehrer/ ſeinem liebſten Sohn unſerm Heyland/ und deſ-
ſen wertheſten Geiſt/ uns dermaſſen uͤbergeben/ daß wir uns allein von ſol-
chem lehren/ leiten und fuͤhren laſſen. So wird uns wol ſeyn in zeit und e-
wigkeit. Amen. 1689.

SECTIO VII
Uber den ort 1. Petr. 4/ 8. ob darinn enthalten/ daß
die liebe die ſuͤnde auch vor GOtt bedecke. Auch
von dem ſpruch Luc. 7/ 47.

JCh habe die zugeſtellte theſes und den Petriniſchen ort 1. Petr. 4/ 8. in
der furcht des HErrn reiflich erwogen. So kan geliebter Bruder aus der
liebe/ wie denſelben liebe/ ſich verſichert halten/ daß mir eine mehrere
freude ſeyn wuͤrde/ wo ich mit demſelben auch in dieſer ſache einſtimmig ſeyn/
und zum ſchutz gegen andere mit beytreten koͤnte. Nachdem ich aber auff-
richtig wie ich dieſelbe finde bekennen ſolle/ ſo kan nicht anders ſagen/ als daß
die vorgebrachte erklaͤhrung der Apoſtoliſchen wort deroſelben eigentliche
abſicht nicht ſeye/ und daher/ wo ein harter widerſacher ſolte aufftreten/
nicht behauptet werden koͤnte. Dann 1. redet Petrus offenbahrlich allein
von der liebe des nechſten/ vor allen dingen aber habt untereinander
eine bruͤnſtige liebe/ denn die liebe decket auch der ſuͤnden menge.

Wo wir ſehen/ es werde austruͤcklich geredet von der liebe/ welche die bruͤder
untereinander haben ſollen/ und von eben derſelben liebe bezeuget/ daß ſie
der ſuͤnden menge decke. Da wir alſo dieſe liebe nicht urſach haben weiter
auszudaͤhnen/ als der verſtand derſelben in dem erſten ſtuͤck des verſes gelau-

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[17/0033] SECTIO VI. JEſu Chriſti/ daß er ſeine ſchwachheit ſtaͤrcke/ vorſichtigkeit und krafft gegen alle geiſtliche feinde verleihe/ und in ermanglung der menſchlichen exempel (die leider aller orten allzu rar ſind/ aber dadurch auch ſo viel gutes zuruͤcke bleibet) das exempel JEſu Chriſti und der in der ſchrifft vorgeſtellter ſeiner wahren Juͤnger ihm ohne unterlaß vor augen ſchweben laſſe. Dieſes ſolle die ſtaͤte meinung meines gebets ſeyn/ ſo offt ich ſeinen nahmen vor das an- geſicht des HErrn bringe. Der HErr HErr gebe uns allezeit/ ſo offt wir vor einander unſre haͤnde auffheben werden (wie ich mich denn deſſen verſehe/ daß derſelbe ſeines orts auch meiner und meines amts nicht vergeſſen/ ſon- dern mir dasjenige/ was mir zu dem zweck/ wozu ich verordnet/ noͤthig iſt/ treulich erbitten helffen werde) den dazu noͤthigen Geiſt der gnaden und des gebets/ damit unſre opffer vor ihm tuͤgen/ und um unſers Hohenprieſters JEſu Chriſti willen angenommen werden. Er laſſe uns auch unter ſo vielen falſchen oder auffs wenigſte zweiffelhafften oder auch fleiſchlichen lehrern/ dem einigen wahren lehrer/ ſeinem liebſten Sohn unſerm Heyland/ und deſ- ſen wertheſten Geiſt/ uns dermaſſen uͤbergeben/ daß wir uns allein von ſol- chem lehren/ leiten und fuͤhren laſſen. So wird uns wol ſeyn in zeit und e- wigkeit. Amen. 1689. SECTIO VII Uber den ort 1. Petr. 4/ 8. ob darinn enthalten/ daß die liebe die ſuͤnde auch vor GOtt bedecke. Auch von dem ſpruch Luc. 7/ 47. JCh habe die zugeſtellte theſes und den Petriniſchen ort 1. Petr. 4/ 8. in der furcht des HErrn reiflich erwogen. So kan geliebter Bruder aus der liebe/ wie denſelben liebe/ ſich verſichert halten/ daß mir eine mehrere freude ſeyn wuͤrde/ wo ich mit demſelben auch in dieſer ſache einſtimmig ſeyn/ und zum ſchutz gegen andere mit beytreten koͤnte. Nachdem ich aber auff- richtig wie ich dieſelbe finde bekennen ſolle/ ſo kan nicht anders ſagen/ als daß die vorgebrachte erklaͤhrung der Apoſtoliſchen wort deroſelben eigentliche abſicht nicht ſeye/ und daher/ wo ein harter widerſacher ſolte aufftreten/ nicht behauptet werden koͤnte. Dann 1. redet Petrus offenbahrlich allein von der liebe des nechſten/ vor allen dingen aber habt untereinander eine bruͤnſtige liebe/ denn die liebe decket auch der ſuͤnden menge. Wo wir ſehen/ es werde austruͤcklich geredet von der liebe/ welche die bruͤder untereinander haben ſollen/ und von eben derſelben liebe bezeuget/ daß ſie der ſuͤnden menge decke. Da wir alſo dieſe liebe nicht urſach haben weiter auszudaͤhnen/ als der verſtand derſelben in dem erſten ſtuͤck des verſes gelau- tet C

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/33>, abgerufen am 28.03.2024.