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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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Das andere Capitel.
da sie etwa auch stehen/ zu suchen/ und ihnen dann zeigte/ wie jeglicher solcher
versicul zu gebrauchen/ was vor eigentliche lehren des glaubens und wie sie
daraus fliessen/ was vor lebens-regeln und dergleichen sich daraus ziehen las-
sen: So dann sie nachmahl auff die prüfung ihrer selbs nach denselben leitete.
Jch bin gewiß/ ein studiosus, der ein oder ander buch oder epistel also erkläh-
rengehört/ und fleiß angewendet/ weil es ihm zum modell dienete/ wie er
auch mit allen andern orten der schrifft umzugehen hätte/ solte mehr nutzen
davon haben/ als von vielen andern jetzo gewöhnlichen collegiis. Und ge-
wiß/ welche in der schrifft mächtig sind/ die haben den rechten grund aller ü-
brigen studiorum Theologicorum, massen auch in polemicis sich alle macht
endlich auff die schrifft/ daraus alles zu erweisen stehet/ ziehet. So hoffte
auch/ daß solches stäthe umgehen mit dem lebendigen kräfftigen wort GOt-
tes solte noch ferner viele herrliche wirckungen in den hertzen der studiosorum
zeigen und also seine krafft in ihnen ereignen. Nun der HErr gebe uns in al-
len ständen die jenige weißheit/ daß wir erkennen/ was das beste zu seinen
ehren seye/ und die treue/ solches ohne absichten auf andere menschliche dinge/
allemahl redlich in das werck zu setzen. Sehr betrübt aber ists wo man hö-
ren muß/ wie derselbe in seinem beruff klaget/ daß die gute und zur erbauung
gerichte intentiones offtmahl von den jenigen am meisten hintertrieben wer-
den/ die sie amts halben befördern solten. Lasset uns darüber seufftzen/ se-
hen wie wir sie mit liebe/ sanfft- und demuth gewinnen/ und mit gedult auch
einigen widerstand leiden. Jch habe selbs auch nicht nur einmahl gemerckt/
daß unter den so genannten politicis unterschiedliche sind/ bey welchen sich
ein auffrichtigerer eiffer vor das gute findet/ als bey manchen Theologis: Ach
daß wir uns von den jenigen so von unserm exempel billicher solten auffge-
muntert werden/ anreitzen lassen/ so viel treulicher das werck des HERRN
zu treiben/ damit nicht aus den ersten allerdings die letzten werden mögen.
1685.

SECTIO V.
Was auff Universitäten sonderlich zu tractiren.

Jst es/ daß er bey der Universität bleibet/ so versichere denselben/ daß
von dessen arbeit vermittelst göttlichen segens ein grosses mich versehe.
Und sind die beyde bedeutete fehler die jenige/ so das grösseste der frucht
der Universitäten verderben 1. wo die liebe Bibel nicht das erste und haupt-
werck ist in dem Studio Theologico, und also die Studiosi zu der Exegesi ge-
führet werden/ ists unmüglich/ daß diese auch nur in theoreticis zu der rechten
gründlichen erkäntnüß gelangen. Jch sehe leider die traurige früchten die-

ses

Das andere Capitel.
da ſie etwa auch ſtehen/ zu ſuchen/ und ihnen dann zeigte/ wie jeglicher ſolcher
verſicul zu gebrauchen/ was vor eigentliche lehren des glaubens und wie ſie
daraus flieſſen/ was vor lebens-regeln und dergleichen ſich daraus ziehen laſ-
ſen: So dann ſie nachmahl auff die pruͤfung ihrer ſelbs nach denſelben leitete.
Jch bin gewiß/ ein ſtudioſus, der ein oder ander buch oder epiſtel alſo erklaͤh-
rengehoͤrt/ und fleiß angewendet/ weil es ihm zum modell dienete/ wie er
auch mit allen andern orten der ſchrifft umzugehen haͤtte/ ſolte mehr nutzen
davon haben/ als von vielen andern jetzo gewoͤhnlichen collegiis. Und ge-
wiß/ welche in der ſchrifft maͤchtig ſind/ die haben den rechten grund aller uͤ-
brigen ſtudiorum Theologicorum, maſſen auch in polemicis ſich alle macht
endlich auff die ſchrifft/ daraus alles zu erweiſen ſtehet/ ziehet. So hoffte
auch/ daß ſolches ſtaͤthe umgehen mit dem lebendigen kraͤfftigen wort GOt-
tes ſolte noch ferner viele herꝛliche wirckungen in den hertzen der ſtudioſorum
zeigen und alſo ſeine krafft in ihnen ereignen. Nun der HErr gebe uns in al-
len ſtaͤnden die jenige weißheit/ daß wir erkennen/ was das beſte zu ſeinen
ehren ſeye/ und die treue/ ſolches ohne abſichten auf andere menſchliche dinge/
allemahl redlich in das werck zu ſetzen. Sehr betruͤbt aber iſts wo man hoͤ-
ren muß/ wie derſelbe in ſeinem beruff klaget/ daß die gute und zur erbauung
gerichte intentiones offtmahl von den jenigen am meiſten hintertrieben wer-
den/ die ſie amts halben befoͤrdern ſolten. Laſſet uns daruͤber ſeufftzen/ ſe-
hen wie wir ſie mit liebe/ ſanfft- und demuth gewinnen/ und mit gedult auch
einigen widerſtand leiden. Jch habe ſelbs auch nicht nur einmahl gemerckt/
daß unter den ſo genannten politicis unterſchiedliche ſind/ bey welchen ſich
ein auffrichtigerer eiffer vor das gute findet/ als bey manchen Theologis: Ach
daß wir uns von den jenigen ſo von unſerm exempel billicher ſolten auffge-
muntert werden/ anreitzen laſſen/ ſo viel treulicher das werck des HERRN
zu treiben/ damit nicht aus den erſten allerdings die letzten werden moͤgen.
1685.

SECTIO V.
Was auff Univerſitaͤten ſonderlich zu tractiren.

Jſt es/ daß er bey der Univerſitaͤt bleibet/ ſo verſichere denſelben/ daß
von deſſen arbeit vermittelſt goͤttlichen ſegens ein groſſes mich verſehe.
Und ſind die beyde bedeutete fehler die jenige/ ſo das groͤſſeſte der frucht
der Univerſitaͤten verderben 1. wo die liebe Bibel nicht das erſte und haupt-
werck iſt in dem Studio Theologico, und alſo die Studioſi zu der Exegeſi ge-
fuͤhret werden/ iſts unmuͤglich/ daß dieſe auch nur in theoreticis zu der rechten
gruͤndlichen erkaͤntnuͤß gelangen. Jch ſehe leider die traurige fruͤchten die-

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[406/0422] Das andere Capitel. da ſie etwa auch ſtehen/ zu ſuchen/ und ihnen dann zeigte/ wie jeglicher ſolcher verſicul zu gebrauchen/ was vor eigentliche lehren des glaubens und wie ſie daraus flieſſen/ was vor lebens-regeln und dergleichen ſich daraus ziehen laſ- ſen: So dann ſie nachmahl auff die pruͤfung ihrer ſelbs nach denſelben leitete. Jch bin gewiß/ ein ſtudioſus, der ein oder ander buch oder epiſtel alſo erklaͤh- rengehoͤrt/ und fleiß angewendet/ weil es ihm zum modell dienete/ wie er auch mit allen andern orten der ſchrifft umzugehen haͤtte/ ſolte mehr nutzen davon haben/ als von vielen andern jetzo gewoͤhnlichen collegiis. Und ge- wiß/ welche in der ſchrifft maͤchtig ſind/ die haben den rechten grund aller uͤ- brigen ſtudiorum Theologicorum, maſſen auch in polemicis ſich alle macht endlich auff die ſchrifft/ daraus alles zu erweiſen ſtehet/ ziehet. So hoffte auch/ daß ſolches ſtaͤthe umgehen mit dem lebendigen kraͤfftigen wort GOt- tes ſolte noch ferner viele herꝛliche wirckungen in den hertzen der ſtudioſorum zeigen und alſo ſeine krafft in ihnen ereignen. Nun der HErr gebe uns in al- len ſtaͤnden die jenige weißheit/ daß wir erkennen/ was das beſte zu ſeinen ehren ſeye/ und die treue/ ſolches ohne abſichten auf andere menſchliche dinge/ allemahl redlich in das werck zu ſetzen. Sehr betruͤbt aber iſts wo man hoͤ- ren muß/ wie derſelbe in ſeinem beruff klaget/ daß die gute und zur erbauung gerichte intentiones offtmahl von den jenigen am meiſten hintertrieben wer- den/ die ſie amts halben befoͤrdern ſolten. Laſſet uns daruͤber ſeufftzen/ ſe- hen wie wir ſie mit liebe/ ſanfft- und demuth gewinnen/ und mit gedult auch einigen widerſtand leiden. Jch habe ſelbs auch nicht nur einmahl gemerckt/ daß unter den ſo genannten politicis unterſchiedliche ſind/ bey welchen ſich ein auffrichtigerer eiffer vor das gute findet/ als bey manchen Theologis: Ach daß wir uns von den jenigen ſo von unſerm exempel billicher ſolten auffge- muntert werden/ anreitzen laſſen/ ſo viel treulicher das werck des HERRN zu treiben/ damit nicht aus den erſten allerdings die letzten werden moͤgen. 1685. SECTIO V. Was auff Univerſitaͤten ſonderlich zu tractiren. Jſt es/ daß er bey der Univerſitaͤt bleibet/ ſo verſichere denſelben/ daß von deſſen arbeit vermittelſt goͤttlichen ſegens ein groſſes mich verſehe. Und ſind die beyde bedeutete fehler die jenige/ ſo das groͤſſeſte der frucht der Univerſitaͤten verderben 1. wo die liebe Bibel nicht das erſte und haupt- werck iſt in dem Studio Theologico, und alſo die Studioſi zu der Exegeſi ge- fuͤhret werden/ iſts unmuͤglich/ daß dieſe auch nur in theoreticis zu der rechten gruͤndlichen erkaͤntnuͤß gelangen. Jch ſehe leider die traurige fruͤchten die- ſes

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/422>, abgerufen am 28.03.2024.