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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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Das andere Capitel.
Jn der forcht des HErrn auf die überschickte fragen/ die wichtige angele-
genheit des beruffs unsers geliebten freundes und bruders Titii betref-
fende/ zu antworten/ erklähre ich mich also:
Die 1. Frag.
Ob die Fürstliche
vocation, so vor gäntzlicher und schließlicher
resolution des vorher in vorschlag gehabten Caji, an Titium
ergangen/ so richtig seye/ daß das gewissen keinen einigen scru-
pel in zeit der noth davon möchte empfinden?

DJese frage achte ich sich auf einen errorem in facto zu gründen. Jndeme
Caji vocation bereits durch festgestelte seines magistrats negativam, u.
zum andernmal gethane declination der gesuchten dimission desselben/
darauff er auch selbs acquiesciret und sich halten lassen/ exspiriret hatte/ ehe
Titius vocirt worden: ob wohl etwa nicht zu leugnen stehen mag/ daß mit
demselben/ ehe jenes geschehen/ vorher communication gepflogen worden/
und einiger antrag per tertium geschehen: nach dem D. bereits aus erstmali-
ger der stadt wiedriger antwort und andern umbständen mag besorgt haben/
daß es mit Cajo zurück gehen dörffte/ daß man sich der ungefehr auffgestosse-
nen gelegenheit der durchreise gebraucht/ Titium zu sondiren/ um zu wissen/
wessen man sich auff ihn/ dafern besorgter massen die sache jenes orths nicht
nach wunsch abgehen dörffte/ verlassen könte/ um alsdenn weder viel zeit zu
verspielen/ noch da jener abschlag kund würde/ in gefahr zu kommen/ daß an-
dre auch abgeschreckt würden. Jndessen ist die eigentliche vocation nicht e-
her erfolget/ als durch jene recusation die hände wiederum wahrhafftig frey
worden sind. Daher ich/ was an solchem umstand zu desideriren hätte/ nicht
finde/ noch verargen kan/ wo ein vocans auff jemand seine feste meinung se-
tzet/ in dessen gleichwol ehe noch jenes gantz sicher außgemachet ist/ seine ge-
dancken auff den fall/ daß das eine keinen fortgang hätte/ noch weiter richte-
te/ und einige unvorgreiffliche praeparatoria machete.

Die 2. Frage.
Wann die Fürstliche
vocation nach gäntzlichem Caji abschrei-
ben erst richtig worden/ ob ein Christlicher
Theologus jegli-
cher richtigen
vocation folgen müsse/ oder nur so fern/
wenn man darinnen mehr oder weniger göttliches wahr-
nimmet/ als in dem vorigen?

WO eine richtige vocation nach der schärffe des worts verstanden wür-
de/ wäre kein zweiffel/ daß derselben ohne weitere frage zu
folgen wäre/ und könte man hieran wenig so zweiffeln/ als

nie
Das andere Capitel.
Jn der forcht des HErrn auf die uͤberſchickte fragen/ die wichtige angele-
genheit des beruffs unſers geliebtẽ freundes und bruders Titii betref-
fende/ zu antworten/ erklaͤhre ich mich alſo:
Die 1. Frag.
Ob die Fuͤrſtliche
vocation, ſo vor gaͤntzlicher und ſchließlicher
reſolution des vorher in vorſchlag gehabten Caji, an Titium
ergangen/ ſo richtig ſeye/ daß das gewiſſen keinen einigen ſcru-
pel in zeit der noth davon moͤchte empfinden?

DJeſe frage achte ich ſich auf einen errorem in facto zu gruͤnden. Jndeme
Caji vocation bereits durch feſtgeſtelte ſeines magiſtrats negativam, u.
zum andernmal gethane declination der geſuchten dimiſſion deſſelben/
darauff er auch ſelbs acquieſciret und ſich halten laſſen/ exſpiriret hatte/ ehe
Titius vocirt worden: ob wohl etwa nicht zu leugnen ſtehen mag/ daß mit
demſelben/ ehe jenes geſchehen/ vorher communication gepflogen worden/
und einiger antrag per tertium geſchehen: nach dem D. bereits aus erſtmali-
ger der ſtadt wiedriger antwort und andern umbſtaͤnden mag beſorgt haben/
daß es mit Cajo zuruͤck gehen doͤrffte/ daß man ſich der ungefehr auffgeſtoſſe-
nen gelegenheit der durchreiſe gebraucht/ Titium zu ſondiren/ um zu wiſſen/
weſſen man ſich auff ihn/ dafern beſorgter maſſen die ſache jenes orths nicht
nach wunſch abgehen doͤrffte/ verlaſſen koͤnte/ um alsdenn weder viel zeit zu
verſpielen/ noch da jener abſchlag kund wuͤrde/ in gefahr zu kommen/ daß an-
dre auch abgeſchreckt wuͤrden. Jndeſſen iſt die eigentliche vocation nicht e-
her erfolget/ als durch jene recuſation die haͤnde wiederum wahrhafftig frey
worden ſind. Daher ich/ was an ſolchem umſtand zu deſideriren haͤtte/ nicht
finde/ noch verargen kan/ wo ein vocans auff jemand ſeine feſte meinung ſe-
tzet/ in deſſen gleichwol ehe noch jenes gantz ſicher außgemachet iſt/ ſeine ge-
dancken auff den fall/ daß das eine keinen fortgang haͤtte/ noch weiter richte-
te/ und einige unvorgreiffliche præparatoria machete.

Die 2. Frage.
Wann die Fuͤrſtliche
vocation nach gaͤntzlichem Caji abſchrei-
ben erſt richtig worden/ ob ein Chriſtlicher
Theologus jegli-
cher richtigen
vocation folgen muͤſſe/ oder nur ſo fern/
wenn man darinnen mehr oder weniger goͤttliches wahr-
nimmet/ als in dem vorigen?

WO eine richtige vocation nach der ſchaͤrffe des worts verſtanden wuͤr-
de/ waͤre kein zweiffel/ daß derſelben ohne weitere frage zu
folgen waͤre/ und koͤnte man hieran wenig ſo zweiffeln/ als

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[494/0510] Das andere Capitel. Jn der forcht des HErrn auf die uͤberſchickte fragen/ die wichtige angele- genheit des beruffs unſers geliebtẽ freundes und bruders Titii betref- fende/ zu antworten/ erklaͤhre ich mich alſo: Die 1. Frag. Ob die Fuͤrſtliche vocation, ſo vor gaͤntzlicher und ſchließlicher reſolution des vorher in vorſchlag gehabten Caji, an Titium ergangen/ ſo richtig ſeye/ daß das gewiſſen keinen einigen ſcru- pel in zeit der noth davon moͤchte empfinden? DJeſe frage achte ich ſich auf einen errorem in facto zu gruͤnden. Jndeme Caji vocation bereits durch feſtgeſtelte ſeines magiſtrats negativam, u. zum andernmal gethane declination der geſuchten dimiſſion deſſelben/ darauff er auch ſelbs acquieſciret und ſich halten laſſen/ exſpiriret hatte/ ehe Titius vocirt worden: ob wohl etwa nicht zu leugnen ſtehen mag/ daß mit demſelben/ ehe jenes geſchehen/ vorher communication gepflogen worden/ und einiger antrag per tertium geſchehen: nach dem D. bereits aus erſtmali- ger der ſtadt wiedriger antwort und andern umbſtaͤnden mag beſorgt haben/ daß es mit Cajo zuruͤck gehen doͤrffte/ daß man ſich der ungefehr auffgeſtoſſe- nen gelegenheit der durchreiſe gebraucht/ Titium zu ſondiren/ um zu wiſſen/ weſſen man ſich auff ihn/ dafern beſorgter maſſen die ſache jenes orths nicht nach wunſch abgehen doͤrffte/ verlaſſen koͤnte/ um alsdenn weder viel zeit zu verſpielen/ noch da jener abſchlag kund wuͤrde/ in gefahr zu kommen/ daß an- dre auch abgeſchreckt wuͤrden. Jndeſſen iſt die eigentliche vocation nicht e- her erfolget/ als durch jene recuſation die haͤnde wiederum wahrhafftig frey worden ſind. Daher ich/ was an ſolchem umſtand zu deſideriren haͤtte/ nicht finde/ noch verargen kan/ wo ein vocans auff jemand ſeine feſte meinung ſe- tzet/ in deſſen gleichwol ehe noch jenes gantz ſicher außgemachet iſt/ ſeine ge- dancken auff den fall/ daß das eine keinen fortgang haͤtte/ noch weiter richte- te/ und einige unvorgreiffliche præparatoria machete. Die 2. Frage. Wann die Fuͤrſtliche vocation nach gaͤntzlichem Caji abſchrei- ben erſt richtig worden/ ob ein Chriſtlicher Theologus jegli- cher richtigen vocation folgen muͤſſe/ oder nur ſo fern/ wenn man darinnen mehr oder weniger goͤttliches wahr- nimmet/ als in dem vorigen? WO eine richtige vocation nach der ſchaͤrffe des worts verſtanden wuͤr- de/ waͤre kein zweiffel/ daß derſelben ohne weitere frage zu folgen waͤre/ und koͤnte man hieran wenig ſo zweiffeln/ als nie

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 494. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/510>, abgerufen am 19.04.2024.