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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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ARTIC. II. SECTIO XIV.
SECTIO XIV.
Als einem an statt seiner stelle eine Superinten-
denz
zugemuthet wurde.

AUff die anfrage/ ob derselbe lieber in seiner itzigen stelle zu A. bleiben/
oder die Suprintendenz zu B. annehmen solle/ kan ich keine rechte ant-
wort geben/ weil mir beyde stellen nicht genug bekant sind/ und also an
welchem ort vernünfftig mehrere frucht zu schaffen gehoffet werden könne.
Denn weil wir prediger gern erkennen werden/ daß die einige ursach/ wa-
rum wir in der welt und an diensten seynd/ seye/ daß wir vieles zu GOTTes
ehren dienlich möchten ausrichten/ so bleibet wol diese hoffnung oder versi-
cherung/ wo nicht die einige doch vornehmste ratio decidendi in erkäntnüß
göttlichen willens in der gleichen materie. So viel ich als ein fremder gleich-
wohl sagen kan/ sehe ich bey seiner jetzigen stelle nicht nur allein eine grosse lie-
be seiner gemeinde/ darauß ich schliesse/ daß nicht nur bey ihr bißher viel aus-
gerichtet werde seyn worden/ sondern daß sie ein acker seye/ auff dem sich noch
viele frucht hoffen lasse/ dazu noch die regierung seines hertzens/ so mit den-
selben verbunden ist/ kommet. Auf der andern seite aber/ ob mir wohl von
B. des orts und der gemeinde beschaffenheit/ nemlich/ ob sie in der mänge
und in der liebe zu GOttes wort der vorigen gleich/ so dann der Superinten-
denz
grösse/ nicht bekant/ scheinet doch insgemein eine solche stelle/ da man
neben der unmittelbahr anvertrauten heerde auch die inspection auff andre
amts-brüder hat/ daß der ordnung nach man sich dabey auch mehrer gelegen-
heit gutes zu thun versehen möchte. Wo aber einer aus völliger erkäntnüß der
particularien die beyde stellen genauer miteinander vergleichen könnte/ dörff-
te etwa göttlicher wille daraus versicherter zu schliessen seyn. Jn ermang-
lung aber derselben/ so erklähre gleichwohl mich dahin 1. die so bald gethane
abbitte solcher beförderung/ so zum grund hat/ die liebe der gemeinde/ und
wie wir ohne offenbahren göttlichen willen nach änderung nicht verlangen
sollen/ halte ich sehr Christlich und wohlgethan/ wird auch solche geliebten
bruder in seinem hertzen so vielmehr beruhigen/ auf welche seite auch das ge-
schäfft einen ausgang gewinnen mag/ hingegen kan der vorgesetzten niemand
solche antwort anders als Christlich ansehen. 2. Da geliebter bruder noch
gleichen trieb seines hertzens fühlet/ hat er nicht allein seiner gemeinde nicht
zu wehren/ daß sie vor ihn ferner solicitire/ mit versicherung seiner liebe gegen
sie/ sondern mag auch wohl noch einiges mal modeste das offerirte/ aus an-
sehung der genauen verbindung seiner seele mit seinen zuhörern/ zu decliniren
trachten. Jedoch 3. mit austrücklicher dieser bezeugung/ daß er des gros-

sen
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ARTIC. II. SECTIO XIV.
SECTIO XIV.
Als einem an ſtatt ſeiner ſtelle eine Superinten-
denz
zugemuthet wurde.

AUff die anfrage/ ob derſelbe lieber in ſeiner itzigen ſtelle zu A. bleiben/
oder die Suprintendenz zu B. annehmen ſolle/ kan ich keine rechte ant-
wort geben/ weil mir beyde ſtellen nicht genug bekant ſind/ und alſo an
welchem ort vernuͤnfftig mehrere frucht zu ſchaffen gehoffet werden koͤnne.
Denn weil wir prediger gern erkennen werden/ daß die einige urſach/ wa-
rum wir in der welt und an dienſten ſeynd/ ſeye/ daß wir vieles zu GOTTes
ehren dienlich moͤchten ausrichten/ ſo bleibet wol dieſe hoffnung oder verſi-
cherung/ wo nicht die einige doch vornehmſte ratio decidendi in erkaͤntnuͤß
goͤttlichen willens in der gleichen materie. So viel ich als ein fremder gleich-
wohl ſagen kan/ ſehe ich bey ſeiner jetzigen ſtelle nicht nur allein eine groſſe lie-
be ſeiner gemeinde/ darauß ich ſchlieſſe/ daß nicht nur bey ihr bißher viel aus-
gerichtet werde ſeyn worden/ ſondern daß ſie ein acker ſeye/ auff dem ſich noch
viele frucht hoffen laſſe/ dazu noch die regierung ſeines hertzens/ ſo mit den-
ſelben verbunden iſt/ kommet. Auf der andern ſeite aber/ ob mir wohl von
B. des orts und der gemeinde beſchaffenheit/ nemlich/ ob ſie in der maͤnge
und in der liebe zu GOttes wort der vorigen gleich/ ſo dann der Superinten-
denz
groͤſſe/ nicht bekant/ ſcheinet doch insgemein eine ſolche ſtelle/ da man
neben der unmittelbahr anvertrauten heerde auch die inſpection auff andre
amts-bruͤder hat/ daß der ordnung nach man ſich dabey auch mehrer gelegen-
heit gutes zu thun verſehen moͤchte. Wo aber einer aus voͤlliger erkaͤntnuͤß der
particularien die beyde ſtellen genauer miteinander vergleichen koͤnnte/ doͤrff-
te etwa goͤttlicher wille daraus verſicherter zu ſchlieſſen ſeyn. Jn ermang-
lung aber derſelben/ ſo erklaͤhre gleichwohl mich dahin 1. die ſo bald gethane
abbitte ſolcher befoͤrderung/ ſo zum grund hat/ die liebe der gemeinde/ und
wie wir ohne offenbahren goͤttlichen willen nach aͤnderung nicht verlangen
ſollen/ halte ich ſehr Chriſtlich und wohlgethan/ wird auch ſolche geliebten
bruder in ſeinem hertzen ſo vielmehr beruhigen/ auf welche ſeite auch das ge-
ſchaͤfft einen ausgang gewinnen mag/ hingegen kan der vorgeſetzten niemand
ſolche antwort anders als Chriſtlich anſehen. 2. Da geliebter bruder noch
gleichen trieb ſeines hertzens fuͤhlet/ hat er nicht allein ſeiner gemeinde nicht
zu wehren/ daß ſie vor ihn ferner ſolicitire/ mit verſicherung ſeiner liebe gegen
ſie/ ſondern mag auch wohl noch einiges mal modeſte das offerirte/ aus an-
ſehung der genauen verbindung ſeiner ſeele mit ſeinen zuhoͤrern/ zu decliniren
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[533/0549] ARTIC. II. SECTIO XIV. SECTIO XIV. Als einem an ſtatt ſeiner ſtelle eine Superinten- denz zugemuthet wurde. AUff die anfrage/ ob derſelbe lieber in ſeiner itzigen ſtelle zu A. bleiben/ oder die Suprintendenz zu B. annehmen ſolle/ kan ich keine rechte ant- wort geben/ weil mir beyde ſtellen nicht genug bekant ſind/ und alſo an welchem ort vernuͤnfftig mehrere frucht zu ſchaffen gehoffet werden koͤnne. Denn weil wir prediger gern erkennen werden/ daß die einige urſach/ wa- rum wir in der welt und an dienſten ſeynd/ ſeye/ daß wir vieles zu GOTTes ehren dienlich moͤchten ausrichten/ ſo bleibet wol dieſe hoffnung oder verſi- cherung/ wo nicht die einige doch vornehmſte ratio decidendi in erkaͤntnuͤß goͤttlichen willens in der gleichen materie. So viel ich als ein fremder gleich- wohl ſagen kan/ ſehe ich bey ſeiner jetzigen ſtelle nicht nur allein eine groſſe lie- be ſeiner gemeinde/ darauß ich ſchlieſſe/ daß nicht nur bey ihr bißher viel aus- gerichtet werde ſeyn worden/ ſondern daß ſie ein acker ſeye/ auff dem ſich noch viele frucht hoffen laſſe/ dazu noch die regierung ſeines hertzens/ ſo mit den- ſelben verbunden iſt/ kommet. Auf der andern ſeite aber/ ob mir wohl von B. des orts und der gemeinde beſchaffenheit/ nemlich/ ob ſie in der maͤnge und in der liebe zu GOttes wort der vorigen gleich/ ſo dann der Superinten- denz groͤſſe/ nicht bekant/ ſcheinet doch insgemein eine ſolche ſtelle/ da man neben der unmittelbahr anvertrauten heerde auch die inſpection auff andre amts-bruͤder hat/ daß der ordnung nach man ſich dabey auch mehrer gelegen- heit gutes zu thun verſehen moͤchte. Wo aber einer aus voͤlliger erkaͤntnuͤß der particularien die beyde ſtellen genauer miteinander vergleichen koͤnnte/ doͤrff- te etwa goͤttlicher wille daraus verſicherter zu ſchlieſſen ſeyn. Jn ermang- lung aber derſelben/ ſo erklaͤhre gleichwohl mich dahin 1. die ſo bald gethane abbitte ſolcher befoͤrderung/ ſo zum grund hat/ die liebe der gemeinde/ und wie wir ohne offenbahren goͤttlichen willen nach aͤnderung nicht verlangen ſollen/ halte ich ſehr Chriſtlich und wohlgethan/ wird auch ſolche geliebten bruder in ſeinem hertzen ſo vielmehr beruhigen/ auf welche ſeite auch das ge- ſchaͤfft einen ausgang gewinnen mag/ hingegen kan der vorgeſetzten niemand ſolche antwort anders als Chriſtlich anſehen. 2. Da geliebter bruder noch gleichen trieb ſeines hertzens fuͤhlet/ hat er nicht allein ſeiner gemeinde nicht zu wehren/ daß ſie vor ihn ferner ſolicitire/ mit verſicherung ſeiner liebe gegen ſie/ ſondern mag auch wohl noch einiges mal modeſte das offerirte/ aus an- ſehung der genauen verbindung ſeiner ſeele mit ſeinen zuhoͤrern/ zu decliniren trachten. Jedoch 3. mit austruͤcklicher dieſer bezeugung/ daß er des groſ- ſen X x x 3

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 533. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/549>, abgerufen am 28.03.2024.