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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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Das andere Capitel.
noch geringer zu trefflichem vortheil dienen/ da er eine wohlbereitete gemein-
de und weißlich gelegten grund vor sich fände/ und auch geliebter bruder ihm
bey solcher succession, es seye nun in dem itzigen eigentlichen amt/ oder an der
andern stelle/ da er gleichwohl eine weile auch gearbeitet/ mit so viel mehrern
recht/ wie er es jegliches orts zu halten/ und das wohl angefangene fortzuse-
tzen hätte/ treulich an die hand gebe: wäre auch zu hoffen/ daß er von einem
antecessore dergleichen so viel williger annehmen/ und sich darnach achten
würde. Wie nun dieses meine unvorgreiffliche meinung über die vorgeleg-
te fragen/ also überlasse sie nunmehr desselben fernern reifflicher erwegung in
der forcht des HErrn/ das jenige zu wehlen/ wohin dieser mit seiner gnade
selbs sein hertz lencken wird: die auch darum so dann geliebten bruder in sei-
nem amt stäts mit allem segen zu cröhnen hertzlich anruffe. etc. 1687.

SECTIO XXI.
Von einer interims-vocation in pest-zeiten/ auch
unterricht/ wie sich ein angehender prediger
zu halten.

WAß die interims-vocation anlangt/ sind mir nicht eben alle nöthige
umstände bekant/ die etwa zu dem judicio nöthig seyn möchten. So
viel ich aber die sache ansehe/ kommt sie mir also vor/ daß wo mein
werther bruder die offerten angenommen er nicht eben unrecht gethan/ noch
da er sich dazu resolviren/ und die entsetzung der natur überwinden können/
an der divinitate vocationis zu zweiffeln gehabt hätte. Dann daß 1. nicht von
der gnädigen herrschafft selbs sondern dero rath die stelle offeriret worden/ ist
kein solcher fehler/ der die vocation zu nicht machte/ weil sonderlich in derglei-
chen nothfällen die ordnung weichet/ und solche beamte mit recht alsdenn ei-
ne mehrere macht gebrauchen/ als zu andern zeiten ihnen zugestatten wäre/
ja es ist von der herrschafft zu praesumiren/ daß sie solche macht gern gebe/ die
denselben zu der kirchen besten/ um solche zeit nöthig ist. 2. Mag auch die-
ses die sache nicht so schwehr machen/ daß es ad interim seyn sollen/ und nach-
mahl keine versicherung gegeben worden/ allezeit in der statt zubleiben.
Dann es bliebe doch eine vocation zum dienst der Christlichen kirchen/ ob et-
wa schon die absonderliche stelle/ wo die predigten zu verrichten seyn/ nicht
so gewiß determiniret wäre/ oder doch wider geändert werden solte. Wie
bey uns alhier geschihet/ dann wer in das ministerium beruffen wird/
wird beruffen ohne gewisse assignation einer determinirten gemeinde/ son-
dern als ein prediger hiesiger stadt/ nachmahlen geschihet in unserm conven-
tu
bey jeglicher bestellung die austheilung der arbeiten/ was jedem vor pre-

dig-

Das andere Capitel.
noch geringer zu trefflichem vortheil dienen/ da er eine wohlbereitete gemein-
de und weißlich gelegten grund vor ſich faͤnde/ und auch geliebter bruder ihm
bey ſolcher ſucceſſion, es ſeye nun in dem itzigen eigentlichen amt/ oder an der
andern ſtelle/ da er gleichwohl eine weile auch gearbeitet/ mit ſo viel mehrern
recht/ wie er es jegliches orts zu halten/ und das wohl angefangene fortzuſe-
tzen haͤtte/ treulich an die hand gebe: waͤre auch zu hoffen/ daß er von einem
anteceſſore dergleichen ſo viel williger annehmen/ und ſich darnach achten
wuͤrde. Wie nun dieſes meine unvorgreiffliche meinung uͤber die vorgeleg-
te fragen/ alſo uͤberlaſſe ſie nunmehr deſſelben fernern reifflicher erwegung in
der forcht des HErrn/ das jenige zu wehlen/ wohin dieſer mit ſeiner gnade
ſelbs ſein hertz lencken wird: die auch darum ſo dann geliebten bruder in ſei-
nem amt ſtaͤts mit allem ſegen zu croͤhnen hertzlich anruffe. ꝛc. 1687.

SECTIO XXI.
Von einer interims-vocation in peſt-zeiten/ auch
unterricht/ wie ſich ein angehender prediger
zu halten.

WAß die interims-vocation anlangt/ ſind mir nicht eben alle noͤthige
umſtaͤnde bekant/ die etwa zu dem judicio noͤthig ſeyn moͤchten. So
viel ich aber die ſache anſehe/ kommt ſie mir alſo vor/ daß wo mein
werther bruder die offerten angenommen er nicht eben unrecht gethan/ noch
da er ſich dazu reſolviren/ und die entſetzung der natur uͤberwinden koͤnnen/
an der divinitate vocationis zu zweiffeln gehabt haͤtte. Dann daß 1. nicht von
der gnaͤdigen herrſchafft ſelbs ſondern dero rath die ſtelle offeriret worden/ iſt
kein ſolcher fehler/ der die vocation zu nicht machte/ weil ſonderlich in derglei-
chen nothfaͤllen die ordnung weichet/ und ſolche beamte mit recht alsdenn ei-
ne mehrere macht gebrauchen/ als zu andern zeiten ihnen zugeſtatten waͤre/
ja es iſt von der herrſchafft zu præſumiren/ daß ſie ſolche macht gern gebe/ die
denſelben zu der kirchen beſten/ um ſolche zeit noͤthig iſt. 2. Mag auch die-
ſes die ſache nicht ſo ſchwehr machen/ daß es ad interim ſeyn ſollen/ und nach-
mahl keine verſicherung gegeben worden/ allezeit in der ſtatt zubleiben.
Dann es bliebe doch eine vocation zum dienſt der Chriſtlichen kirchen/ ob et-
wa ſchon die abſonderliche ſtelle/ wo die predigten zu verrichten ſeyn/ nicht
ſo gewiß determiniret waͤre/ oder doch wider geaͤndert werden ſolte. Wie
bey uns alhier geſchihet/ dann wer in das miniſterium beruffen wird/
wird beruffen ohne gewiſſe aſſignation einer determinirten gemeinde/ ſon-
dern als ein prediger hieſiger ſtadt/ nachmahlen geſchihet in unſerm conven-
tu
bey jeglicher beſtellung die austheilung der arbeiten/ was jedem vor pre-

dig-
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[560/0576] Das andere Capitel. noch geringer zu trefflichem vortheil dienen/ da er eine wohlbereitete gemein- de und weißlich gelegten grund vor ſich faͤnde/ und auch geliebter bruder ihm bey ſolcher ſucceſſion, es ſeye nun in dem itzigen eigentlichen amt/ oder an der andern ſtelle/ da er gleichwohl eine weile auch gearbeitet/ mit ſo viel mehrern recht/ wie er es jegliches orts zu halten/ und das wohl angefangene fortzuſe- tzen haͤtte/ treulich an die hand gebe: waͤre auch zu hoffen/ daß er von einem anteceſſore dergleichen ſo viel williger annehmen/ und ſich darnach achten wuͤrde. Wie nun dieſes meine unvorgreiffliche meinung uͤber die vorgeleg- te fragen/ alſo uͤberlaſſe ſie nunmehr deſſelben fernern reifflicher erwegung in der forcht des HErrn/ das jenige zu wehlen/ wohin dieſer mit ſeiner gnade ſelbs ſein hertz lencken wird: die auch darum ſo dann geliebten bruder in ſei- nem amt ſtaͤts mit allem ſegen zu croͤhnen hertzlich anruffe. ꝛc. 1687. SECTIO XXI. Von einer interims-vocation in peſt-zeiten/ auch unterricht/ wie ſich ein angehender prediger zu halten. WAß die interims-vocation anlangt/ ſind mir nicht eben alle noͤthige umſtaͤnde bekant/ die etwa zu dem judicio noͤthig ſeyn moͤchten. So viel ich aber die ſache anſehe/ kommt ſie mir alſo vor/ daß wo mein werther bruder die offerten angenommen er nicht eben unrecht gethan/ noch da er ſich dazu reſolviren/ und die entſetzung der natur uͤberwinden koͤnnen/ an der divinitate vocationis zu zweiffeln gehabt haͤtte. Dann daß 1. nicht von der gnaͤdigen herrſchafft ſelbs ſondern dero rath die ſtelle offeriret worden/ iſt kein ſolcher fehler/ der die vocation zu nicht machte/ weil ſonderlich in derglei- chen nothfaͤllen die ordnung weichet/ und ſolche beamte mit recht alsdenn ei- ne mehrere macht gebrauchen/ als zu andern zeiten ihnen zugeſtatten waͤre/ ja es iſt von der herrſchafft zu præſumiren/ daß ſie ſolche macht gern gebe/ die denſelben zu der kirchen beſten/ um ſolche zeit noͤthig iſt. 2. Mag auch die- ſes die ſache nicht ſo ſchwehr machen/ daß es ad interim ſeyn ſollen/ und nach- mahl keine verſicherung gegeben worden/ allezeit in der ſtatt zubleiben. Dann es bliebe doch eine vocation zum dienſt der Chriſtlichen kirchen/ ob et- wa ſchon die abſonderliche ſtelle/ wo die predigten zu verrichten ſeyn/ nicht ſo gewiß determiniret waͤre/ oder doch wider geaͤndert werden ſolte. Wie bey uns alhier geſchihet/ dann wer in das miniſterium beruffen wird/ wird beruffen ohne gewiſſe aſſignation einer determinirten gemeinde/ ſon- dern als ein prediger hieſiger ſtadt/ nachmahlen geſchihet in unſerm conven- tu bey jeglicher beſtellung die austheilung der arbeiten/ was jedem vor pre- dig-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 560. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/576>, abgerufen am 24.04.2024.