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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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ARTIC. III. SECTIO III.
der unterschrifft quatenus sich vergnügen lasse: weil ja ohne das nach un-
sern allgemeinen principiis, die formul werde ausgetruckt oder nicht/ die re-
gel bleibet/ daß nichts durch und durch anders/ als nach der regel der schrifft/
und zwahr in ihrem eigenen verstand/ angenommen werden dörffte. Hingegen
wäre es ungerecht/ daß leuten/ die unserer Evangelischen lehr von hertzen zu-
gethan sind/ dieser scrupel ihres gewissens am gebrauch der von GOTT em-
pfangenen gaben solte hinderlich seyn/ und sie deswegen als verdächtig aus-
geschlossen werden. So vielmehr 8. nach dem in dem Braunschweigischen/
als viel mir wissend ist/ die unterschrifft mit quatenus insgemein recipirt/ von
welchen kirchen wir uns nicht so fern zutrennen haben/ daß wir etwas dessen
was bey ihnen insgemein üblich/ vor gnugsam achten solten/ einen von un-
srer kirchen dienst abzuhalten. 1699.

SECTIO III.
Verbindung derer/ die in der Marck zu kirchen-
diensten kommen.

WAs den scrupel anlangt/ ob man wegen subscription der Chur-fürstl.
edicten mit gutem gewißen in der Marck einen kirchen-dienst anneh-
men und verwalten könne/ hoffe ich/ wer der sache bewandnüß weiß/
und in allem nicht nach dem schein/ sondern nach der wahrheit/ zu urtheilen
gelernet hat/ werde leicht allen zweiffel fallen lassen. Jch will nicht darvon
sagen/ daß niemand einigen edictis unterschreiben dörffe/ sondern sich die can-
didati
allein an das jenige/ was in denselben befohlen ist denselben zugehor-
samen sich verbinden müßen: unter welchen beyden gleichwohl ein unter-
scheid ist/ in dem jenes eine völlige approbation der gantzen edicten/ darinnen
enthaltener rationen, expressionen, u. s. f. in sich faßte/ da dieses hingegeu
allein erfordert/ sich einigen ordnungen zubeqvemen: wie dann was in vori-
gen zeiten unruhe alhier veranlasset hat/ nicht so wol in diesem bestanden ist/
als vielmehr die absicht auff jene gehabt/ daher auch die unterschrifft bald
auffgehoben: Sondern das hauptwerck bestehet darinne/ daß die dinge/ de-
nen man sich conformiren solle/ das gewißen nicht verletzen/ sondern eine bil-
lichkeit in sich haben. Wie sie dann hauptsächlich allein darinn bestehen/ daß
man die Reformirten nicht Zwinglianer/ Calvinisten, Majestät feinde/ Sa-
cramentirer/ Sacrament-schänder/ Manicheer/ oder mit andern dergleichen
nahmen belegen sollte/ wie hingegen ihnen gleicher maßen verboten wird/ uns/
die wir uns selbs Lutherisch nennten/ Ubiquitisten, Flacianer, Marcioniter,
Pelagianer, Eutychianer
und dergleichen zuschelten. Ferner daß man den
Reformirten vor ihre dogmata und glauben aus consequenzien dergleichen
lehren nicht zumeßen solte/ welche sie selbs verwerffen/ da hingegen gleiches

gebot

ARTIC. III. SECTIO III.
der unterſchrifft quatenus ſich vergnuͤgen laſſe: weil ja ohne das nach un-
ſern allgemeinen principiis, die formul werde ausgetruckt oder nicht/ die re-
gel bleibet/ daß nichts durch und durch anders/ als nach der regel der ſchrifft/
und zwahr in ihꝛem eigenen verſtand/ angenommen werden doͤrffte. Hingegen
waͤre es ungerecht/ daß leuten/ die unſerer Evangeliſchen lehr von hertzen zu-
gethan ſind/ dieſer ſcrupel ihres gewiſſens am gebrauch der von GOTT em-
pfangenen gaben ſolte hinderlich ſeyn/ und ſie deswegen als verdaͤchtig aus-
geſchloſſen werden. So vielmehr 8. nach dem in dem Braunſchweigiſchen/
als viel mir wiſſend iſt/ die unterſchrifft mit quatenus insgemein recipirt/ von
welchen kirchen wir uns nicht ſo fern zutrennen haben/ daß wir etwas deſſen
was bey ihnen insgemein uͤblich/ vor gnugſam achten ſolten/ einen von un-
ſrer kirchen dienſt abzuhalten. 1699.

SECTIO III.
Verbindung derer/ die in der Marck zu kirchen-
dienſten kommen.

WAs den ſcrupel anlangt/ ob man wegen ſubſcription der Chur-fuͤrſtl.
edicten mit gutem gewißen in der Marck einen kirchen-dienſt anneh-
men und verwalten koͤnne/ hoffe ich/ wer der ſache bewandnuͤß weiß/
und in allem nicht nach dem ſchein/ ſondern nach der wahrheit/ zu urtheilen
gelernet hat/ werde leicht allen zweiffel fallen laſſen. Jch will nicht darvon
ſagen/ daß niemand einigen edictis unterſchreiben doͤrffe/ ſondern ſich die can-
didati
allein an das jenige/ was in denſelben befohlen iſt denſelben zugehor-
ſamen ſich verbinden muͤßen: unter welchen beyden gleichwohl ein unter-
ſcheid iſt/ in dem jenes eine voͤllige approbation der gantzen edicten/ darinnen
enthaltener rationen, expreſſionen, u. ſ. f. in ſich faßte/ da dieſes hingegeu
allein erfordert/ ſich einigen ordnungen zubeqvemen: wie dann was in vori-
gen zeiten unruhe alhier veranlaſſet hat/ nicht ſo wol in dieſem beſtanden iſt/
als vielmehr die abſicht auff jene gehabt/ daher auch die unterſchrifft bald
auffgehoben: Sondern das hauptwerck beſtehet darinne/ daß die dinge/ de-
nen man ſich conformiren ſolle/ das gewißen nicht verletzen/ ſondern eine bil-
lichkeit in ſich haben. Wie ſie dann hauptſaͤchlich allein darinn beſtehen/ daß
man die Reformirten nicht Zwinglianer/ Calviniſten, Majeſtaͤt feinde/ Sa-
cramentirer/ Sacrament-ſchaͤnder/ Manicheer/ oder mit andern dergleichen
nahmen belegen ſollte/ wie hingegen ihnẽ gleicher maßen verboten wird/ uns/
die wir uns ſelbs Lutheriſch nennten/ Ubiquitiſten, Flacianer, Marcioniter,
Pelagianer, Eutychianer
und dergleichen zuſchelten. Ferner daß man den
Reformirten vor ihre dogmata und glauben aus conſequenzien dergleichen
lehren nicht zumeßen ſolte/ welche ſie ſelbs verwerffen/ da hingegen gleiches

gebot
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[599/0615] ARTIC. III. SECTIO III. der unterſchrifft quatenus ſich vergnuͤgen laſſe: weil ja ohne das nach un- ſern allgemeinen principiis, die formul werde ausgetruckt oder nicht/ die re- gel bleibet/ daß nichts durch und durch anders/ als nach der regel der ſchrifft/ und zwahr in ihꝛem eigenen verſtand/ angenommen werden doͤrffte. Hingegen waͤre es ungerecht/ daß leuten/ die unſerer Evangeliſchen lehr von hertzen zu- gethan ſind/ dieſer ſcrupel ihres gewiſſens am gebrauch der von GOTT em- pfangenen gaben ſolte hinderlich ſeyn/ und ſie deswegen als verdaͤchtig aus- geſchloſſen werden. So vielmehr 8. nach dem in dem Braunſchweigiſchen/ als viel mir wiſſend iſt/ die unterſchrifft mit quatenus insgemein recipirt/ von welchen kirchen wir uns nicht ſo fern zutrennen haben/ daß wir etwas deſſen was bey ihnen insgemein uͤblich/ vor gnugſam achten ſolten/ einen von un- ſrer kirchen dienſt abzuhalten. 1699. SECTIO III. Verbindung derer/ die in der Marck zu kirchen- dienſten kommen. WAs den ſcrupel anlangt/ ob man wegen ſubſcription der Chur-fuͤrſtl. edicten mit gutem gewißen in der Marck einen kirchen-dienſt anneh- men und verwalten koͤnne/ hoffe ich/ wer der ſache bewandnuͤß weiß/ und in allem nicht nach dem ſchein/ ſondern nach der wahrheit/ zu urtheilen gelernet hat/ werde leicht allen zweiffel fallen laſſen. Jch will nicht darvon ſagen/ daß niemand einigen edictis unterſchreiben doͤrffe/ ſondern ſich die can- didati allein an das jenige/ was in denſelben befohlen iſt denſelben zugehor- ſamen ſich verbinden muͤßen: unter welchen beyden gleichwohl ein unter- ſcheid iſt/ in dem jenes eine voͤllige approbation der gantzen edicten/ darinnen enthaltener rationen, expreſſionen, u. ſ. f. in ſich faßte/ da dieſes hingegeu allein erfordert/ ſich einigen ordnungen zubeqvemen: wie dann was in vori- gen zeiten unruhe alhier veranlaſſet hat/ nicht ſo wol in dieſem beſtanden iſt/ als vielmehr die abſicht auff jene gehabt/ daher auch die unterſchrifft bald auffgehoben: Sondern das hauptwerck beſtehet darinne/ daß die dinge/ de- nen man ſich conformiren ſolle/ das gewißen nicht verletzen/ ſondern eine bil- lichkeit in ſich haben. Wie ſie dann hauptſaͤchlich allein darinn beſtehen/ daß man die Reformirten nicht Zwinglianer/ Calviniſten, Majeſtaͤt feinde/ Sa- cramentirer/ Sacrament-ſchaͤnder/ Manicheer/ oder mit andern dergleichen nahmen belegen ſollte/ wie hingegen ihnẽ gleicher maßen verboten wird/ uns/ die wir uns ſelbs Lutheriſch nennten/ Ubiquitiſten, Flacianer, Marcioniter, Pelagianer, Eutychianer und dergleichen zuſchelten. Ferner daß man den Reformirten vor ihre dogmata und glauben aus conſequenzien dergleichen lehren nicht zumeßen ſolte/ welche ſie ſelbs verwerffen/ da hingegen gleiches gebot

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 599. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/615>, abgerufen am 23.04.2024.