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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700.

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ARTIC. III. SECTIO XX.
nur ihres bevorstehenden untergangs treulich erinnert/ sondern sie auch da-
bey liebreich gereitzet haben. Weswegen auch von ziemlicher zeit dieses
das jenige ist/ so ich fast in allen predigten treibe/ und mich vieler andern
sachen/ sonderlich der streit-fragen (ohne wo der text solches nothwendig
erfordert und eine verwahrung und verwarnung der zuhörer nöthig ist) so
viel ich kan entschlagen/ als der ich nöthig finde noch an dem grund zu legen/
ehe wir viel anders darauff bauen. (3) Das dritte mittel wäre endlich/ theils
zwahr die privat-erinnerung der vor andern boßhafftigen/ wovon ich mir
aber nicht viel hoffnung mache/ theils und vornehmlich die handlung mit de-
nen welche wir finden/ daß sie der vater ziehe/ um solchen so viel an uns ist/
ferner zu helffen/ daß sie zu CHristo und seiner wahrheit auch nachfolge/
kommen mögen. Welches das allermeiste ist/ auff welches ich meine
hoffnung setze. Wo wir dann in diesen dreyen stücken treulich das thun/
wozu uns göttliche gnade die krafft gibt/ so wird der liebe Vater in dem
himmel nicht nur unsere schwachheit/ sondern auch das elend der jetzigen zeit/
in welcher er uns hat kommen lassen/ ja die schwehrigkeit der hindernüssen/ die
uns aus seinem gerechten gericht in den weg zu legen/ ihm selbs gnugsam be-
kant sind/ mit gnädigsten augen ansehen und damit gedult haben/ oder
wohl allgemach eine thür nach der andern uns öffnen/ daß wir immer freyer
und freudiger sein werck zu treiben gelegenheit bekommen: darzu wir dann
die hoffnung und das vertrauen nicht wollen sincken lassen/ indessen so viel
eifferiger zu dem HERRN tag und nacht ruffen/ daß er seine auser-
wehlten rette in einer kürtze. Lasset uns also einander helffen ringen und
kämpffen/ mit gebet und flehen/ daß der HERR in uns und allen die er da-
zu beruffen/ sein werck kräfftig treiben und seine ehre siegreich seyn lassen wol-
le. Wie dann hiemit solches von ihm und allen denen/ die bey ihnen
den HERRN hertzlich suchen/ vor mich und meine heerde bittende/ und
gleiches von mir versicherende/ sie alle dem wort seiner gnade und H. obhut
erlasse und verbleibe. etc. 1677.

P. S. Das Fürstliche Lignitz-Brigische aus schreiben (vor dessen Niederlän-
dische translation mich freundlich bedancke) hat mich von langem
her hoch contentiret/ und in nicht wenigem mir die augen geöff-
net. Jst aber zu erbarmen/ daß jemand der unserigen vor et-
lich und dreyßig jahren solches zu refutiren sich nicht entblödet. Ach
lasset uns seufftzen über unsere verderbnüß: der HERR bessere es.
Amen.
SECTIO.
T t t t 3

ARTIC. III. SECTIO XX.
nur ihres bevorſtehenden untergangs treulich erinnert/ ſondern ſie auch da-
bey liebreich gereitzet haben. Weswegen auch von ziemlicher zeit dieſes
das jenige iſt/ ſo ich faſt in allen predigten treibe/ und mich vieler andern
ſachen/ ſonderlich der ſtreit-fragen (ohne wo der text ſolches nothwendig
erfordert und eine verwahrung und verwarnung der zuhoͤrer noͤthig iſt) ſo
viel ich kan entſchlagen/ als der ich noͤthig finde noch an dem grund zu legen/
ehe wir viel anders darauff bauen. (3) Das dritte mittel waͤre endlich/ theils
zwahr die privat-erinnerung der vor andern boßhafftigen/ wovon ich mir
aber nicht viel hoffnung mache/ theils und vornehmlich die handlung mit de-
nen welche wir finden/ daß ſie der vater ziehe/ um ſolchen ſo viel an uns iſt/
ferner zu helffen/ daß ſie zu CHriſto und ſeiner wahrheit auch nachfolge/
kommen moͤgen. Welches das allermeiſte iſt/ auff welches ich meine
hoffnung ſetze. Wo wir dann in dieſen dreyen ſtuͤcken treulich das thun/
wozu uns goͤttliche gnade die krafft gibt/ ſo wird der liebe Vater in dem
himmel nicht nur unſere ſchwachheit/ ſondern auch das elend der jetzigen zeit/
in welcher er uns hat kommen laſſen/ ja die ſchwehrigkeit der hindernuͤſſen/ die
uns aus ſeinem gerechten gericht in den weg zu legen/ ihm ſelbs gnugſam be-
kant ſind/ mit gnaͤdigſten augen anſehen und damit gedult haben/ oder
wohl allgemach eine thuͤr nach der andern uns oͤffnen/ daß wir immer freyer
und freudiger ſein werck zu treiben gelegenheit bekommen: darzu wir dann
die hoffnung und das vertrauen nicht wollen ſincken laſſen/ indeſſen ſo viel
eifferiger zu dem HERRN tag und nacht ruffen/ daß er ſeine auser-
wehlten rette in einer kuͤrtze. Laſſet uns alſo einander helffen ringen und
kaͤmpffen/ mit gebet und flehen/ daß der HERR in uns und allen die er da-
zu beruffen/ ſein werck kraͤfftig treiben und ſeine ehre ſiegreich ſeyn laſſen wol-
le. Wie dann hiemit ſolches von ihm und allen denen/ die bey ihnen
den HERRN hertzlich ſuchen/ vor mich und meine heerde bittende/ und
gleiches von mir verſicherende/ ſie alle dem wort ſeiner gnade und H. obhut
erlaſſe und verbleibe. ꝛc. 1677.

P. S. Das Fuͤrſtliche Lignitz-Brigiſche aus ſchreiben (vor deſſen Niederlaͤn-
diſche translation mich freundlich bedancke) hat mich von langem
her hoch contentiret/ und in nicht wenigem mir die augen geoͤff-
net. Jſt aber zu erbarmen/ daß jemand der unſerigen vor et-
lich und dreyßig jahren ſolches zu refutiren ſich nicht entbloͤdet. Ach
laſſet uns ſeufftzen uͤber unſere verderbnuͤß: der HERR beſſere es.
Amen.
SECTIO.
T t t t 3
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[701/0717] ARTIC. III. SECTIO XX. nur ihres bevorſtehenden untergangs treulich erinnert/ ſondern ſie auch da- bey liebreich gereitzet haben. Weswegen auch von ziemlicher zeit dieſes das jenige iſt/ ſo ich faſt in allen predigten treibe/ und mich vieler andern ſachen/ ſonderlich der ſtreit-fragen (ohne wo der text ſolches nothwendig erfordert und eine verwahrung und verwarnung der zuhoͤrer noͤthig iſt) ſo viel ich kan entſchlagen/ als der ich noͤthig finde noch an dem grund zu legen/ ehe wir viel anders darauff bauen. (3) Das dritte mittel waͤre endlich/ theils zwahr die privat-erinnerung der vor andern boßhafftigen/ wovon ich mir aber nicht viel hoffnung mache/ theils und vornehmlich die handlung mit de- nen welche wir finden/ daß ſie der vater ziehe/ um ſolchen ſo viel an uns iſt/ ferner zu helffen/ daß ſie zu CHriſto und ſeiner wahrheit auch nachfolge/ kommen moͤgen. Welches das allermeiſte iſt/ auff welches ich meine hoffnung ſetze. Wo wir dann in dieſen dreyen ſtuͤcken treulich das thun/ wozu uns goͤttliche gnade die krafft gibt/ ſo wird der liebe Vater in dem himmel nicht nur unſere ſchwachheit/ ſondern auch das elend der jetzigen zeit/ in welcher er uns hat kommen laſſen/ ja die ſchwehrigkeit der hindernuͤſſen/ die uns aus ſeinem gerechten gericht in den weg zu legen/ ihm ſelbs gnugſam be- kant ſind/ mit gnaͤdigſten augen anſehen und damit gedult haben/ oder wohl allgemach eine thuͤr nach der andern uns oͤffnen/ daß wir immer freyer und freudiger ſein werck zu treiben gelegenheit bekommen: darzu wir dann die hoffnung und das vertrauen nicht wollen ſincken laſſen/ indeſſen ſo viel eifferiger zu dem HERRN tag und nacht ruffen/ daß er ſeine auser- wehlten rette in einer kuͤrtze. Laſſet uns alſo einander helffen ringen und kaͤmpffen/ mit gebet und flehen/ daß der HERR in uns und allen die er da- zu beruffen/ ſein werck kraͤfftig treiben und ſeine ehre ſiegreich ſeyn laſſen wol- le. Wie dann hiemit ſolches von ihm und allen denen/ die bey ihnen den HERRN hertzlich ſuchen/ vor mich und meine heerde bittende/ und gleiches von mir verſicherende/ ſie alle dem wort ſeiner gnade und H. obhut erlaſſe und verbleibe. ꝛc. 1677. P. S. Das Fuͤrſtliche Lignitz-Brigiſche aus ſchreiben (vor deſſen Niederlaͤn- diſche translation mich freundlich bedancke) hat mich von langem her hoch contentiret/ und in nicht wenigem mir die augen geoͤff- net. Jſt aber zu erbarmen/ daß jemand der unſerigen vor et- lich und dreyßig jahren ſolches zu refutiren ſich nicht entbloͤdet. Ach laſſet uns ſeufftzen uͤber unſere verderbnuͤß: der HERR beſſere es. Amen. SECTIO. T t t t 3

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 1. Halle (Saale), 1700, S. 701. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken01_1700/717>, abgerufen am 25.04.2024.